Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
üblen Spielarten der Intrige waren ihr keineswegs fremd. Des erdane’schen Statthalters leichtsinnige Töchter spielten gewiß nicht auf ihrem Niveau, entlarvten ihre nervösen, hin und her wandernden Blicke sie doch als vollends gefangen von dieser abenteuerlichen Eskapade.
Wenn Pesquil auch die moralischen Normen verabscheute, die den Frauen in den Städten des Westens auferlegt wurden, so bedeutete des Statthalters Gastfreundschaft doch auch, daß er ihm ein Vertrauen entgegenbrachte, welches er nun nur ungern enttäuschen mochte.
Im mißleidigen Bewußtsein der Faszination, die die Haarlocken, welche sich über die Mitte seines Brustkorbes zogen, auf das jüngere der Mädchen ausübten, zwang sich Pesquil, seine verhärteten Glieder zu entspannen. Unter der Wasseroberfläche aber verweigerte ein Teil seines Leibes sich mit rebellischem Drängen vergnügt seiner Selbstkontrolle.
Er war nun einmal ein Mann, und in seinen Adern floß Blut.
Ein absurdes Bedürfnis zu lachen zerrte an Pesquils Mundwinkeln. Wenn er nun einfach aufsprang, Ströme seines Badewassers über den Fliesen verteilte, um seine unpassenden Gesellschafterinnen hinauszuwerfen, so würde Talith sich vermutlich vor Lachen nicht mehr halten können, und die Neugier der Töchter des Statthalters würde wohl verhindern, daß sie einem Ohnmachtsanfall erlägen.
Die Situation wäre zum Brüllen komisch gewesen, wäre nicht gerade er so hilflos eingekreist.
Er räusperte sich, zerrte eine schmierige Lederschnur aus seinem Kriegerzopf und schüttelte sein Haar, das an rostige Eisenspäne erinnerte. »Ihr wollt doch etwas von mir, also könntet Ihr mir wenigstens die Seife reichen.«
In einer Schale, die auf dem übergeschwappten Wasser beinahe bis zu ihren Füßen geglitten war, entdeckte Talith ein Stück Seife. Mit raschelnden Gewändern bückte sie sich, wobei sie eine Wolke edler Düfte freisetzte, um ihm den sonderbaren Einfall zu vergelten.
Die Seife flog quer durch den Raum.
»Holla!« Pesquils Reflexe erinnerten an eine zupackende Schlange. Das Seifenwasser über seinen Lenden geriet kaum in Bewegung, als er sich ausstreckte, den Wurf zu parieren. »Ich nehme an, Ihr mögt Erdane nicht?«
»Ist das Badewasser zu heiß?« Taliths lange Wimpern senkten sich und verdeckten einen Teil der temperamentvollen Glut ihrer Augen. »Sollten die Diener nicht anständig gearbeitet haben, so seid Ihr wohl in der besten Position, das zu beurteilen.«
Sich der eigenen Röte und des Schweißes, der über seine pockennarbige Stirn rann, nur allzu deutlich bewußt, begann Pesquil, seine Brust einzuseifen. Das Geschnatter hochwohlgeborener Kehlen vermochte ihn nicht zu bewegen, sich auf geistlose Spielchen einzulassen. Stille war seiner Überzeugung nach weit wirkungsvoller, und trotz seines rasenden Pulses und der verunsichernden Lage gelang es ihm, seine Zunge im Zaum zu halten.
Sollten die Damen doch verdammt nochmal warten, bis er auch die letzte, verschrumpelte Narbe an seinem Leib gewaschen hatte. Sie würden schnell genug merken, daß er zwar nur ein gemeiner Soldat war, doch durchaus imstande, ihr kleines Spielchen für sich zu entscheiden. Sollte er aus Erdane gejagt werden, so würden des Statthalters Mädchen für ihre Dummheit bestraft werden, und die wichtigen Neuigkeiten, die er Lysaer zu überbringen hatte, würden den Prinzen noch ein bißchen früher als vorgesehen erreichen.
Mochten auch die beiden Töchter, die an der Tür standen und Wache hielten, sich angesichts seiner spröden, rauhen Natur unbehaglich fühlen, Talith steigerte sich nur noch weiter, kaum, daß sie sich herausgefordert fühlte. »Ich bin kein Schmuckstück, das man einfach im Schrank zurückläßt.« Sie erhob sich, riß einen Kleiderschrank auf und zog ein frisches Hemd hervor, das selbst während der langen Reise in den Satteltaschen kaum verknittert war. »Ihr bringt Neuigkeiten über Arithon s’Ffalenn, und das bedeutet Krieg. Ich habe nicht die Absicht, hier herumzusitzen, während Ihr meinen Verlobten antreibt, Armeen aufzustellen und den Kontinent zu durchqueren, seinen Feind zu bekämpfen.« Mit einem Schritt zurück hatte sie das Fenster erreicht. Sie legte den Riegel zurück, öffnete die Flügel und warf das Hemd hinaus auf die schneebedeckte Dachschräge.
Kaum wahrnehmbar ertönte der Pfiff eines Wachsoldaten, der in der eisigen Luft auf der Mauer seine Pflicht erfüllte.
»Ihr seid ein blutrünstiges, kleines Biest!« Mit seifigen Fingern griff
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