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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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aufgewühlten, schlammigen Boden eine Feldküche abgebaut. Ein Zelt bauschte sich auf und fiel zusammen, als die Leinen unter den Rufen der Soldaten gleichzeitig gelöst wurden, während Maultiergespanne die Ausrüstungswagen über den unebenen Grund zerrten, bis sie zum Beladen bereitstanden. Bogenschützen übten sich im Armbrustschießen, Stallburschen liefen mit Kübeln bewaffnet umher, sich um die dampfenden Rösser zu kümmern, während die Männer, die eben erst aus dem Sattel gestiegen waren, ihre leeren Köcher samt der kurzen Bogen ablegten, um sich mit Piken bewaffnet ihrem Drill als nicht minder disziplinierte Infanteriesoldaten zu widmen.
    Wenn Lysaers Armee gegen den Herrn der Schatten zu Felde ziehen würde, so würde jeder einzelne Soldat perfekt ausgebildet und geübt in diversen Arten der Kampfeskunst sein.
    »Ich habe Euch gewarnt, gnädige Frau.« Pesquil zügelte sein Pferd, das neben dem ihren in Schritt fiel, während sein Reiter die Szenerie mit dem geschulten Blick eines erfahrenen Soldaten überblickte. »Dieser Ort hat mehr Ähnlichkeit mit einem Feldlager als mit einer Stadt. Eure Bequemlichkeit habt Ihr in Erdane zurückgelassen.«
    Weder sagte Talith ein Wort, noch rührte sie sich. Nur die Ringe am Zaumzeug ihres Pferdes klirrten leise, als das Pferd den Kopf zurückwarf. Nun erst gab sie dem Tier die Sporen und ritt in gestrecktem Galopp den Hang hinunter.
    »Sie muß eine Krokodilshaut haben«, jammerte der Oberleutnant der Kopfjäger. »Das ist doch nicht normal, daß sie nach sechs schauderhaften Wochen im Sattel noch so energiegeladen ist.«
    Die Reise von Erdane nach Avenor war auch ohne die unerwünschte Gegenwart einer Frau unerträglich zermürbend gewesen. Von Schneestürmen gehetzt, beinahe auf den Tornirpässen verhungert und eingefroren, ganze vierzehn Tage aufgehalten durch die heftige Strömung des Melorflusses, den sicher zu überqueren ihnen unmöglich war, konnte sich die Kopfjägertruppe glücklich schätzen, ihr Ziel vor Anbruch der Tauwetterperiode erreicht zu haben.
    »Nun«, entgegnete Pesquil ausgesprochen trocken. »Wenn ihre Hoheit ihr Roß jetzt in einem Schlammloch zu Schanden reitet, ist das wenigstens nicht mehr unser Problem, sondern das unseres Prinzen.«
    »Seid gnädig mit ihr. Sie sorgt sich um ihren Lysaer«, grummelte der Leutnant. »Wenigstens hat sie nicht über die Mühen der Reise gejammert.« Vorsichtig führte er sein Pferd durch die Eispfützen in dem aufgewühlten Boden des Feldes, auf dem gerade noch berittene Bogenschützen auf Strohsäcke geschossen hatten. Gelbbraune Gestalten, Diener, liefen auf dem verschlammten Feld umher, sammelten die wenigen fehlgegangenen Pfeile ein und markierten die Treffer auf einem Kerbholz.
    Pesquil betrachtete die durchlöcherten Ziele und zog seine Augenbrauen hoch, die unter dem Pelz, der seinen konischen Helm säumte, wie gekräuselter Draht erschienen. Dann wandte er den Blick wieder nach vorn, schüttelte das erregende Gefühl der Anerkennung ab und griff den verlorenen Faden seines Gedankens wieder auf. »Du hast ihre Augen nicht gesehen, Mann. Dieses kleine Biest ist nicht besorgt, sondern wütend. Ich wette drei Royal gegen deine Silbersporen: Wenn die beiden zusammentreffen, dann gibt es ein gewaltiges Donnerwetter.«
     
    Nur Minuten später und ohne sich des Tumults bewußt zu sein, den ihr Ritt über den Exerzierplatz ausgelöst hatte, befreite sich die gnädige Frau aus der erdrückenden Umarmung, der ihr Bruder sie bei ihrem Anblick sogleich unterworfen hatte. »Talith! Talith!« Bestürzung klang in seinem Willkommensgruß an. »Was zu Sithaer tust du hier?«
    Ein wenig zerzaust und eingehüllt in den Schweißgeruch eines Schlachtrosses, reckte Talith ihr Kinn vor und betrachtete den Bruder, der sie ein Jahr zuvor zurückgelassen hatte.
    Diegan war härter geworden, sehniger. Seine eleganten Juwelen waren einer schweren Rüstung aus Eisen und Leder gewichen, welches der lange und heftige Gebrauch glatt poliert hatte. Seine düsteren, doch attraktiven Züge waren gespannt, und die Knochen in seinem Gesicht traten hervor. Furchen hatten sich in sein Antlitz gegraben, nun da das schlaffe Fleisch der Trägheit vergangener Zeiten aus ihm herausgebrannt war.
    »So wie du aussiehst, sollte ich wohl Kriegsführung studieren, ehe ich fähig bin, mich an einer Konversation beim Essen zu beteiligen«, sagte Talith trocken. »Du scheinst ein guter Anführer zu sein. Allerdings habe ich nicht viele Männer

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