Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
blickten höflich interessiert in Erwartung seines Beliebens.
Arithon wandte den Blick ab und tippte mit einem Finger, weit zu zart für einen Arbeiter, auf seinen Ellbogen. Dann gab er lächelnd jenen Vorteil auf, den er sich durch das Überraschungsmoment gestohlen hatte. »Der Zimmermeister hat inzwischen begriffen, wie ich die Dinge erledigt haben möchte. Da ich die Arbeiter an diesem Vormittag sich selbst überlassen kann, dachte ich, könnte einmal vorbeischauen.«
Die Flüssigkeit in dem Topf über der Kohlenpfanne begann zu brodeln. Elaira gab vor, beschäftigt zu sein, indem sie sich bückte, um die Kette zu verkürzen, an der der Kessel hing. Dann griff sie nach der Minze und dem Messer mit der Steinklinge, das sie zum Zwecke des Kräuterschneidens einer Stahlklinge vorzog. Umsichtig und maßvoll schnitt sie die Kräuter auf einem sauberen Leintuch, ehe sie sie zerdrückte. »Ihr leidet nicht zufällig an Quetschwunden oder Koliken? Nein? Dann habt Ihr einen schlechten Zeitpunkt gewählt.«
Sie fühlte seine Aufmerksamkeit, den scharfen Blick, mit dem er sie musterte. Ehe es ihm gelingen konnte, ihre wahren Gefühle zu lesen, erschütterte sie erneut seine Fassung. »Kommt herein, oder geht, oder sagt ganz einfach was Ihr wollt. Ich werde gewiß nicht wie ein Vögelchen zum Fenster hinausfliegen.«
Er lachte, trat jedoch nicht näher. »Ihr kennt die Kräuter und Heilmittel. Ich hatte vor, Euch zu bitten, mich Euer Wissen zu lehren.«
Verblüfft angesichts dieser unerwarteten Anfrage, löste sich Elairas Griff und das Messer fiel scheppernd zu Boden, wobei seine Klinge an einen irdenen Krug schlug und ein Stück der Emaille heraussprengte. »Warum?« fragte sie und bereute sogleich, als sie die schmerzlich offenkundige Antwort in seinem unwillkürlichen Erschrecken erahnte.
Arithon s’Ffalenn war ein Gelehrter der magischen Künste. Die Beschränkungen seiner Disziplin erforderten Ausgewogenheit und Fairneß: jede Magie erforderte einen Ausgleich; jede Anwendung der Macht, wie geringfügig sie auch sein mochte, verlangte einen entsprechenden Preis. Nun aber, bedrängt durch einen Fluch, der auf einem Feld ungehemmter Grausamkeiten Blut fordern mochte, zwangen ihn allein seine aufrechten Grundsätze, die Heilkunde zu erlernen, um Wunden zu verbinden, Knochenbrüche zu richten und zu heilen.
»Ath, es tut mir leid«, brach es aus Elaira hervor. »Seid mir nicht gram. Meine Zunge eilt meiner Vernunft stets voraus; das ist ein wahrhaft kolossaler Fehler aus Kindheitstagen.«
Alles andere als entwaffnet, erwiderte Arithon ihren Blick mit mildem Amüsement. »Das glaube ich nicht.«
Elaira grinste. »Nun, es ist wahr. Ratet nur, wie viele Birkenruten meine Ältesten bei dem Versuch zerbrochen haben, meine Verhaltensweisen zu korrigieren. Sie sagen, ich sei vollends stur und verdorben.«
»Muß ich Eure Worte als Zurückweisung verstehen?« In seiner Stimme schwang etwas mit, das zu bestimmen Elaira ihren Kristall verkauft hätte.
Doch der Tumult in ihrer Gefühlswelt war entschieden zu drängend, ihr Raum für ihre Intuition zu lassen. Elaira wischte sich den Staub der zerdrückten Kräuter von den Händen, während neben ihr der Brei für den Umschlag dampfend und spritzend in seinem Topf vor sich hin kochte. Geistig voll und ganz darauf abgestimmt, wer dieser Mann war und was er für sie werden konnte, versuchte Elaira, einen Ausgleich zwischen ihrer eigenen Verzweiflung und dem gesponnenen Faden seiner Selbstkontrolle zu finden. Wenn sie auch gewiß war, daß er ohne Protest wieder gehen würde, sollte sie ihn darum bitten, so hatte doch Morriel verfügt, daß sie seinen Wünschen nachzukommen hatte, ganz gleich zu welchem Preis.
»Ich könnte Euch die Kräuter und ihre physische Anwendung lehren«, sagte Elaira endlich zögernd.
Er eilte ihr sogleich zu Hilfe. »Mir ist selbstverständlich bewußt, daß wir Beschränkungen unterworfen sind.« Wie sonst sollte sie auch die mysteriösen Geheimnisse bewahren, die niemals aus ihrem Orden zu tragen sie geschworen hatte? Doch mit ganz natürlicher Zurückhaltung gesegnet, wie es nur ein Mann sein konnte, der ebenfalls mit den Feinheiten der Macht vertraut war, ließ er diese Tatsache unausgesprochen; wahrscheinlich würde ihm sein Wissen um diese Dinge überdies das Verständnis für die Kräuterkunde erleichtern, dienten doch viele der heilkräftigen Kräuter auch magischen Zwecken.
»Selbst ohne die Kenntnis der zugehörigen Rituale, werden die
Weitere Kostenlose Bücher