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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Mir wäre es recht, wenn Ihr Euch setzen würdet. Ist dieses Umherschleichen eine alte Gewohnheit oder ein Überbleibsel unredlicher Piraterie, oder hat Halliron Euch ständig wie einen Geist umherwandern lassen?«
    Neben einem dünnen Bogen Pergament, auf dem Blumen zum Trocknen ausgebreitet waren, die zu zart waren, aufgehängt zu werden, wirbelte Arithon mit einem Ausdruck der Überraschung herum. »Wäre es Euch denn lieber, einen unwissenden und uninteressierten Stümper zu unterrichten?«
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete Elaira durchaus wahrheitsgemäß. Im Gegensatz zu Jinesse wohlwissend, daß er über die Fähigkeit verfügte, das Wesen eines anderen wahrzunehmen, selbst jedoch beständig mißverstanden wurde, fügte sie hinzu: »Man könnte sagen, ich habe gerade damit angefangen, das herauszufinden.«
    Diese unerwartet spöttische Bemerkung quittierte er mit einem Lachen. »Ath, Ihr seid wahrhaft geradeheraus. Nach zwei Wochen zäher Verhandlungen mit öligen Sägewerksmeistern ist mir das eine willkommene Erleichterung.«
    »Leider kann das nicht vorhalten«, bedauerte sie ebenfalls grinsend. »Die Menschen mögen es nicht, wenn man ihnen allzu nahe kommt. Zumindest hat das der Dieb gesagt, der mich aufgezogen hat, und er war immerhin klug genug, nicht auf dem Schafott zu enden.« Sie hob das Leinentuch über den Topf und ließ die zerdrückten Kräuter in die Flüssigkeit gleiten. »Ich hatte vor, heute nachmittag Kräuter zu sammeln. Wenn Ihr es nicht vorzieht, zuzusehen, wie der Brei kocht, so könntet Ihr mich begleiten. Kein Studium der Kräuterkunde kann an einem anderen Ort als in der freien Natur bei den lebendigen Pflanzen beginnen.«
    »Gnädige Frau, Ihr dürft mich als entzückt erachten, Euer Angebot anzunehmen.« Er schenkte ihr ein freimütiges Lächeln, verbeugte sich und verließ dann geräuschlos ihr Haus.
    So begann eine Zeit sonderbarer Losgelöstheit, ein Bruch in der Verbindungslinie von Vergangenheit und Zukunft, gleich einem Juwel, unbelastet von jeglicher Fassung. Flüchtig wie die Reflexionen auf einer Glasscheibe trieb der Frühling über die Landspitze von Scimlade. Viel zarter erschienen die Zyklen der Bäume, des Mondes und der Flut in tropischer Breite. Nur ein scharfblickender Beobachter war hier imstande, die Veränderungen zu erkennen, als sich das Pflanzenleben erneuerte und die Seevögel von der lebendigen Vegetation herbeigelockt wurden. Der Magier, der Arithon großgezogen hatte, hatte ihn gut ausgebildet. Geschickt bewegte er sich auf bloßen Füßen durch ihren von der Natur geschaffenen Kräutergarten und grub mit hölzernem Werkzeug Wurzeln aus. Er hatte ein scharfes Auge, dem kein Detail entging. Tagsüber durchquerten sie die Marschlandschaft, in der die Blaureiher auf Fischjagd gingen, er mit bis über die Knie hochgerollten Matrosenhosen und einem Sammelbeutel über der Schulter, Elaira mit hochgebundenen Röcken.
    Die Eigenschaften von Portulak, Eibisch und mancher Gräser waren ihm zumindest teilweise vertraut. Er war fähig, seine Hände auf die Stämme der Ahorngewächse und Weiden zu legen und mit einer sonderbaren, lauschenden Stille den vitalen Fluß der Lebenssäfte des Frühjahres zu fühlen. Er benötigte kaum ihre Anleitung, zu wissen, welche Rinde geerntet und wieviel von einem Baum entnommen werden sollte. Die zierlichen Kräuter und Moose, die nur auf Athera oder gar nur im Süden des Kontinents heimisch waren, zeigte Elaira ihm, und während sie prüfenden Blickes auf der Suche nach allerlei Wildblumen, Kräutern und Wurzeln die sonnengefluteten Hänge und die mit Strauchwerk bewachsenen Sandflächen durchwanderten, erklärte sie ihm ihre Wirkungsweise. Selbst den tiefen Schatten der Eichenhaine suchten sie auf, Galle zu ernten. Erfreut stellte sie fest, daß er nicht einfach auswendig lernte, was sie ihm beibrachte, sondern auf die Knie fiel, um die Nuance jeder einzelnen Pflanze in sich aufzunehmen, die verborgenen Geheimnisse zu erfassen, die sich in Blättern, Blüten und Wurzeln versteckten.
    Als er sich auf die reine Erde niederkniete, die Hände um den Blütenkelch eines Nachtschattengewächses gewölbt, nutzte Elaira den Augenblick der Ruhe, den oberflächlichen Eindruck mit dem Muster der Aura zu vergleichen, die die Erste Zauberin ihr offenbart hatte. Zutiefst berührt erkannte sie die Besonderheit. Eine sonderbare Scheu ergriff von ihm Besitz, wie er so dasaß und die Pflanze auf kuriose Weise mit geradezu krampfhafter Intensität

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