Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Rezepte, die Ihr mich lehren könnt, gewiß von besserer Qualität sein als die, die ich von irgendeiner drittklassigen Hexe bekäme«, schloß er.
Für einen Augenblick herrschte Stille, während Elaira sich durch das innere Durcheinander der eigenen Unentschlossenheit kämpfte.
Arithon konnte nicht wissen, was er ihr aufbürdete: diese eine Gelegenheit, der ihr Herz nicht widerstehen konnte, ging Hand in Hand mit der Möglichkeit, den Wunsch ihrer Oberin Morriel, ihn an sich zu binden, zu erfüllen. Seine feingemeißelten, zarten Finger schienen so verletzbar wie friedlich zu sein, während er sie aus Augen von einem scheinbar so vergänglichen Grün wie das des Wassers in den Sielen bei Eintritt der Ebbe betrachtete. Dann, als der Moment zu lange dauerte, kam es zu einer scharfen, verderblichen Veränderung, die seinen inneren Schrecken enthüllte. »Ath in seiner unermeßlichen Gnade, nicht auch Ihr. Ihr könnt nicht ebenfalls Angst vor mir empfinden.«
Von diesem Ausbruch der Aufrichtigkeit gewaltsam aus ihren unsicheren Gedanken gerissen, winkte Elaira ihm zu, einzutreten. »Herrje, so Ihr dermaßen besorgt seid, so tretet ein und ängstigt mich ein wenig mehr. Die Störung ist mir wahrlich willkommen.« Die Sorgenfalte zwischen ihren Augenbrauen wich einer vergnügten Miene. »Wird das Graben nach Wurzeln denn nicht Eure Hände ruinieren?«
»Ich gebe mich zumindest der Hoffnung hin, daß es mir Freude machen wird, das herauszufinden.« Unaufhaltsam überquerte er nun ihre Schwelle, und in jenem einen, entscheidenden Augenblick, den sie hätte nutzen können, seine Gefühle zu lesen, machte ihr das Licht, das seine Gestalt von hinten vernebelte, einen Strich durch die Rechnung.
Ihre Hütte war klein, zwei mickrige Räume, verbunden durch eine einzige Tür. Elaira fühlte jeden einzelnen seiner leichtfüßigen, doch ruhelosen Schritte, während sein geschäftiger Geist sich einen Überblick über ihre Behausung verschaffte. Sie fragte sich, was er wohl sehen mochte, hatte sie doch peinlichst genau darauf geachtet, neugierigen Augen so wenig wie nur möglich von ihrem Wesen darzubieten.
Die Deckenbalken stützten einen Dachbogen, der als Lagerraum diente und über eine schmale Leiter zugänglich war. Fest zusammengeschnürt hingen die Kräuter, die sie während des Winters gesammelt hatte, an den Haken, die in den Balken steckten. Das Licht, das durch das salzverkrustete Dachfenster hereinfiel, offenbarte die eingekerbten Talismane zur Abwehr von Moder und herumstreunenden Iyats. Hinter dem schlichten Brettertisch hing ihr Umhang an einem Gerüst nicht zusammenpassender, abgeworfener Geweihsprossen. Da beinahe sämtliche geraden Bretter in Merior dem Bootsbau anheimfielen, befanden sich auch an ihren Wände keine Regale. Statt dessen hatte sie Weidenkörbe aufgehängt, in denen allerlei Gefäße mit vorbereiteten Arzneien lagerten, fein säuberlich etikettiert und geordnet, überdies geschützt durch Runen, gezeichnet mit mineralischer Tinte. Auf dem Herd stapelten sich neben einem kleinen, irdenen Brenner die spiralförmigen Glasröhren eines Destillierkolbens, während auf dem Sims unzählige Gläser, Töpfe, Holzlöffel und nicht zusammenpassende Küchengefäße ruhten.
So wenig persönlich wie der Raum waren auch die Kleider, die Elaira trug, nichts weiter als schlichter, grauer Köperstoff und Batist mit maulbeergefärbten Flachsbändern.
Sie verschmähte Ohrringe; von einem geflochtenen Silberarmreif abgesehen, dessen Glanz ihrer Nachlässigkeit und dem steten Gebrauch zum Opfer gefallen war, trug sie keinen Schmuck, diente doch der Kristall, der an einer Kette von ihrem Hals herabbaumelte, nicht zur Zierde sondern als Kennzeichen ihres Ordens. Ihre bloßen Hände und Füße waren braungebrannt, ihre Handgelenke wie die Fußknöchel übersät von kleinen Kratzern und weiß schimmernden Narben, die sie sich bei der Kräutersuche in den Dornengestrüppen zugezogen hatte.
Wie das Spiel des Windes auf bloßer Haut empfand sie den auf ihr ruhenden Blick Arithon s’Ffalenns, als sie ihrer Mixtur Schwarzwurz und Thymian hinzufügte. Um ihr Unbehagen zu zerstreuen, sprach sie, während er erneut ihren Raum durchquerte. Wie ein eingesperrter Panther schlich er zu gewandt umher, wirklich Unruhe zu verursachen, und seine gefalteten Hände berührten nichts. »Wißt Ihr, wie man Eichenholz segnet und zuschneidet? Solltet Ihr dessen kundig sein, so könntet Ihr damit beginnen, Euch einen Stuhl anzufertigen.
Weitere Kostenlose Bücher