Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
Schiffszimmermeister und siebzehn Handwerksgesellen nach Merior.
Am Strand des Ortes entstand gewissermaßen über Nacht eine Anlage samt geübter Arbeiterschaft, welche die Aufgabe hatte, die Kiele schwerer Schiffe zu erbauen. Ebenso schnell, wie sie gekommen war, lichtete die ganze Flotte wieder die Anker. Begleitet vom Trommelschlag und dem Plätschern der Ruder auf den Galeeren, dem Knarren der Segel, die sich im Wind blähten, nahmen die Schiffe Fahrt auf und kehrten zu ihren gewohnten Routen zurück. Der Nordwind wehte den Geruch frischen Nutzholzes herbei und trug das Geräusch unzähliger Hämmer, Sägen und Meißel nach Merior, als grobgezimmerte Baracken aufgerichtet wurden, den Arbeitern im Dienst des Fremden ein Dach über dem Kopf zu bieten.
Meriors zähe Bewohnerschaft traf sich zum Bier in überfüllten Stuben, um ganze Stürme aufgeregt besorgten Geschnatters zu entfachen.
Mit offenen Worten erzählte jedoch Arithon jedem, der ihn fragte, von seinen Plänen. Er wollte zehn Zweimaster bauen, seine Werft wieder abbauen und Merior ohne zurückbleibende Spuren seiner Anwesenheit wieder verlassen.
Gewiß bestärkte der Ort, den er zum Bau der Schiffe gewählt hatte, seine Worte. »Nur keine Sorge«, sagte der gichtige alte Fischer, der sich mit Freunden an der Treppe des Gasthauses zum Würfelspiel getroffen hatte. »Warum sonst sollte dieser Fremde sein Lager ausgerechnet auf diesem Sandflecken Scimlade aufschlagen? Die ersten schweren Stürme aus dem Osten, und Aths großes Meer würden seine ganze Arbeit hinfortspülen. Aber er ist keine dumme Landratte. Das ist ganz einfach seine Garantie für uns, daß er nicht vorhat zu bleiben.«
»Gegenüber Jinesse hat er sich als gerechter Mann gezeigt«, mischte sich die Frau ein, die Lagerbier ausschenkte. »Niemand wurde geschädigt. Und er hat gesagt, daß er zur Entschädigung für den Lärm und die Umstände sämtliche zerrissenen Takelagen der Leute hier flicken will, ohne einen Obolus dafür zu verlangen, wie es ein Nachbar tun würde.«
Doch als die ersten Stämme in den Boden eingelassen worden waren, mußten die Männer des Ortes, die Väter hübscher junger Mädchen waren, feststellen, daß ihre Sorgen sich nicht so einfach besänftigen ließen. Die Handwerker, die in den Baracken kampierten, erhielten ihren Lohn und fanden nichts, wofür sie ihn ausgeben konnten. In Merior gab es keine Tavernen, keine Freudenhäuser. Dakar hatte sich beim Versuch, das herauszufinden, heftige Schläge eingefangen. In der saphirblauen Dämmerung näherte sich daher Arithon einigen Fischern, die von ihren Loggern zurückkehrten, hörte sich ihre Klagen an und schritt sogleich zur Tat.
Es war schon dunkel, als er seine Warnung aussprach, der zufolge ein jeder Arbeiter, der Schwierigkeiten verursachte, gefeuert würde, ohne auch nur angehört zu werden; damit war das Problem für einige Zeit abgewendet, und als es schließlich wieder auflebte, wurde ein Boot geheuert, das die Arbeiter abwechselnd zu ihrem Vergnügen nach Shaddorn beförderte.
Während all den Tagen wilder Spekulationen unter den Dorfbewohnern, den Tagen der Unruhe und der geschickten Besänftigung allgegenwärtiger Sorgen, blieb Elaira in ihrem kleinen Laden. Sie führte keine Seherprozedur aus, um sich über die Taten jenes Prinzen zu informieren, den sie unbedingt an sich binden wollte – das war ihre Absicht. Arithons Arbeiter errichteten auf Pfählen stehende Gebäude für die Tischlerwerkstatt, die Lagerstätten und die Dampfkessel. Sommerliche Winde wehten von der See herüber und trieben dichte Kumuluswolken durch die Sickelbucht, denen bald darauf heftige Gewitterstürme folgten; dagegen blieb das Wetter auf der Landspitze gemäßigt und trocken. Die Schindeln für die Wandverkleidungen wurden abseits gestapelt, während in der drückenden Hitze der Nachmittage unter dem fernen Donnerhall der erste Kiel für einen achtzig Fuß messenden Zweimaster von vorn bis achtern aufgebaut wurde. Von Sonnenaufgang bis Einbruch der Dunkelheit von dem Lärm des fiebrigen Hämmerns verfolgt, während der Rahmen des Schiffes langsam Gestalt annahm, enthielt sich Elaira doch jeglicher weiblicher Schliche.
Mochten auch die Sitten des Ordens von Koriathain von ihr verlangen, sich selbst als Köder darzubringen, so war sie doch stolz und stur genug, nicht mehr zu tun, als pflichtgemäß ihr Lager im Ort beizubehalten. Dieser Ort war einfach zu klein, zu beengt. Wenn Arithon s’Ffalenn ihr während der
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