Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
solchen Sündenerlaß geben können.
Tatsächlich schien es keine sinnvollere Alternative zu geben, als die, die Arithon bereits gewählt hatte: Schiffe zu bauen und in ein weit entferntes Exil zu flüchten.
Elaira hatte nicht einmal gemerkt, daß sie weinte, bis die Tränen heiß auf ihre Hände tropften. Sie fühlte eine Bewegung, und dann stand Arithon bereits auf den Füßen, nurmehr eine windgepeitschte Silhouette vor den Ästen unter dem sternengesprenkelten Frühlingshimmel. Zwei Hände legten sich für einen Augenblick auf ihre Schultern.
»Es tut mir leid, meine spitzfindige junge Dame.« Er seufzte, und es hörte sich beinahe so harsch an wie Perlen, die mit rauhem Samt poliert wurden. »Ich habe Euch heute nacht keine Freude bereitet. Wenn es irgendeine kleine Angelegenheit in meinem Leben gibt, die mich bekümmern sollte, so ist es eben das.«
Dann schmolz seine Berührung dahin und ließ sie betrübt zurück.
Frierend und allein, zurückgeblieben in der Anonymität der Gesellschaft von Weinreben im Wald, ließ Elaira die Tränen durch ihre gespreizten Finger strömen. Die Zeit selbst verschwamm, bis die Emotion hinausgesprudelt und ausgetrocknet war.
Nun stellte sie sich einem letzten bitteren Gedanken.
Was der Herr der Schatten in Merior suchte, war die Freiheit, die sein vorgezeichnetes Schicksal nicht zulassen würde: Lysaers Armeen waren bereits unterwegs nach Westen, um, wie es der Fluch Desh-Thieres verlangte, die Tragödie vom Strakewald zu wiederholen und zum bitteren Ende zu treiben.
Sollten die hübschen Schiffe, die auf den Plänen in der Segelkammer abgebildet waren, bis zu dieser Stunde nicht fertig sein, so würde Arithon s’Ffalenn keine weitere Gelegenheit bekommen, sich von seinem eigenen Gewissen peinigen zu lassen. Statt dessen würde er in dieser Bucht grausam dem Leben entrissen, in die Ecke getrieben wie eine Ratte.
Warnsignale
Wie verschüttete Farbe umhüllte der sommerliche Sonnenuntergang die Spitze des Althainturmes mit seinem scharlachroten Schein. Unter dem Einfluß der gewaltigen Hitze hatten sich die Blätter der Weinranken, die sich über die vom Alter gezeichneten Steine spannten, zusammengerollt, als schließlich die Dämmerung hereinbrach. Wie eine Silhouette vor einem offenen Fenster und einem Himmel, so klar wie indigoblaues Glas, winzig neben seinen überquellenden Bücherregalen, lauschte Sethvir dem Quietschen eines unbefestigten Fensterladens, der sich in dem trockenen Wind bewegte, der leise flüsternd über die Wüste strich. Jenseits dieser Wahrnehmung fühlte er etwas anderes; wie einen einzelnen Silberfaden in gewöhnlichem Leinen empfand er das strahlende Spiel der Energien, die durch den Dritten Weg strömten. Jede einzelne Facette der großen Mysterien befand sich im Einklang mit dem Lauf der Sterne am Himmel.
Der Hüter des Althainturmes schrak auf. Als er bemerkte, daß ein Besucher herannahte, trocknete er seine Feder an seiner Ärmelstulpe.
Nun blieb ihm nur, wie ein Fischreiher durch seine Bibliothek zu staksen und die Papiere von seinem vollgepackten Tisch zu räumen, um dem Mangel an Gastlichkeit in diesem Studierzimmer abzuhelfen. Rasch stapelte er die Bücher, für die in den Regalen kein Platz mehr war, zu schiefen Turmbauten empor, schnappte sich die herumliegenden Schnüre und Wahrsagekarten, die er als Buchzeichen zu verwenden pflegte, ehe er schließlich aufgab und die restlichen Bücher offen in ihren Nischen und staubigen Ecken liegenließ.
Auch die Tintenfässer, denen es an Korken mangelte, blieben genau dort, wo sie waren, da jedes Regalbrett bereits mit allerlei Kuriositäten vollgestopft war.
Asandir traf bereits am unteren Tor ein, ehe der Hüter des Althainturmes auch nur daran gedacht hatte, einen Kamm zu suchen, um die monatealten Knoten aus seinem Bart zu lösen. Seine nachlässige Bartpflege war jedoch kaum von Bedeutung. Niemand außer Asandir würde dieses Mal zugegen sein. Traithe befand sich am Hofe König Eldirs in Ostermere, um einen Streit zwischen den Clans aus dem Elkwald und den Händlern aus Quaid zu schlichten; Luhaine hatte sich gemeinsam mit dem Zauberbanner, der die Insel bewachte, auf der Methinsel verschanzt, um ein Wiederaufleben der Kartheels zu verhindern.
Im Jahre 5645 des Dritten Zeitalters war die Versammlung der Bruderschaft anläßlich der Sonnenwendfeier zu einem Duett zusammengeschrumpft.
Von den übermäßig vielen Wegstunden im Sattel erschöpft, ließ sich Asandir müde auf
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