Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark
viereckigen Tuch verbarg, das einst zu einem Unterrock gehört hatte. Die Belohnung wurde als akzeptabel anerkannt. Im Zielhafen sollte sie ausbezahlt werden. Nachdem auch dieses letzte Detail geklärt war, schüttelten Prinzessin und Verschwörer einander die Hände. Dann, mit einem sonderbar übermütigen Gefühl, wickelte sie sich in einen Mantel von unauffälliger Farbe und kletterte an Bord des wartenden Ruderbootes. Der schlaue Seemann mit dem Pferdeschwanz ruderte vom Landesteg fort, und das Boot gewann unter seinen schnellen, gleichmäßigen Schlägen rasch an Fahrt. Trotz all der Eile erfolgte ihre Flucht in totaler Stille. Feine Seide, viel zu edel, als Lumpen mißbraucht zu werden, dämpfte den Schlag in den Ruderdollen.
»Das feine Hemd unseres Herrn«, erklärte der Mann mit einem zähnefletschenden Grinsen. »Arithons standesgemäßer Beitrag, wie Ivel, dieser bösartige alte Mistkerl, sagte.«
Mühsam unterdrückte Talith einen lebhaften Heiterkeitsausbruch. Während die finstere Küstenlinie mit den Holzstapeln und Böcken allmählich ihrer Sicht entschwand, erfüllte eine wilde Erregung ihr etarranisches Herz. Diese Flucht, die sie so geschickt eingefädelt hatte, war in ihren Augen ein Akt der Gerechtigkeit. Nicht nur, daß Arithon vor König Eldir und der berühmten Bruderschaft gedemütigt würde, nein, der Verlust des Lösegeldes würde es ihm überdies unmöglich machen, seinen Söldnern ihren versprochenen Lohn zu zahlen. Lysaers Feldzug aber würde auch ohne Blutvergießen zu einem triumphalen Erfolg führen. Wie zur Krönung dieser Freude hatten die Männer des s’Ffalenn-Bastards ihm sein bestes Hemd gestohlen, um unbemerkt die Inseln verlassen zu können.
»In der Tat, ein standesgemäßer Beitrag«, hauchte sie still vergnügt.
Dann tauchte vor ihnen die Fischerschmacke auf, deren abgegriffene Reling sich gemeinsam mit den Spieren in geisterhaftem Grau von den vorspringenden, zerklüfteten Klippen abhob. Als das kleine Boot das Ruder passierte, entdeckte Talith eine Holztafel, die mit grob ausgestalteten Buchstaben beschriftet war.
Ihre Mitverschwörer hatten dieses furchterregende kleine Schiff tatsächlich Königliche Freiheit genannt.
»Ihr seid Narren!« platzte sie in einem durchaus nicht unerfreuten Flüstern heraus, als derbe Hände nach ihren Unterarmen griffen und sie an Bord hievten. »Das schreit danach, entdeckt zu werden!«
Doch die vier Männer, die sich gemeinsam gegen den Herrn der Schatten verschworen hatten, weigerten sich energisch, irgend etwas zu verändern.
»Es ist alles ganz standesgemäß«, erklärten sie mit verlegenem Lächeln, ehe sie die Prinzessin in eine winzige, vollgestopfte Kabine brachten, die so sehr nach Fisch stank, daß ihr beinahe der Atem stockte. Dort bat der Anführer der Männer sie im trüben Licht einer abgeschirmten Laterne, sich auf ein festgezurrtes Faß zu setzen, bevor er ihr die wesentlichen Punkte seines Planes erläuterte.
»Die Freiheit wird einen Hafen in König Eldirs Reich anlaufen und dort um Zuflucht für Euch bitten.« Der Bursche trug ein derbes Wams, dessen Verschnürung am Halsausschnitt halb offen war. Schweiß glänzte wie geschmolzenes Kupfer auf seiner Haut, als er mit dem Finger über die Seekarte strich. »Wir können es nicht wagen, über die Straße des Südens nordwärts nach Redburn zu fahren, obwohl das der nächstgelegene Hafen ist. Die Khetienn kreuzt in der Bucht, und sie ist flink wie der Streitwagen Dharkarons. Sollte Arithon Wind von unserer Flucht bekommen, werden wir bei lebendigem Leib in Stücke gerissen und zwar schneller, als wir es uns vorstellen können. Diese ganzen Meerengen sind gefährlich. Sie können zu leicht überwacht und abgesperrt werden.«
Soweit konnte Talith auch allein denken, dennoch gab sie sich geduldig und wartete darauf, daß der Mann endlich fertig werden würde.
»Wir sind alle der Meinung, daß es das Beste sein wird, wenn wir das Kap von Westshand umschiffen und dann nordwärts nach Los Mar segeln«, faßte er schließlich zusammen. »Wie Ihr seht, liegt Mornos zu nahe an der Grenze, und wir haben nicht genug Männer, Euch zu beschützen, sollte ein Feind in unserem Kielwasser schwimmen und die Gelegenheit wahrnehmen, Euch gefangenzunehmen.«
Talith prüfte die Karte. Sie war viel zu aufgeregt, sich die Stimmung trüben zu lassen, obwohl die Reise, die nun vor ihr lag, arg lang werden würde.
»Wird nicht gerade komfortabel werden, Hoheit«, entschuldigte sich der
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