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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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die Zeit überdauern mußte, bis sich erweisen sollte, ob ihre Mühe von Erfolg gezeitigt war, wollte sie sich eine neue Strategie überlegen.
    In der dritten Nacht, als sie wach und von ihren stetig kreisenden Gedanken gemartert auf ihrer Pritsche lag, hörte sie ein leises Kratzen an dem Fenster auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Ein leises Flüstern erklang neben den Schnarchtönen ihrer Magd, die in tiefem Schlaf lag.
    »Euer Hoheit?«
    Leise erhob sie sich, und ihr offenes Haar fiel wie seidiges Garn über ihre nackten Schultern, während sie durch die Kammer schlich, um die Fensterläden zu öffnen. Wie Dharkarons Ruf der Verdammnis knarrten die rohen Bohlen unter ihren Füßen. Sie erstarrte voller Anspannung und lauschte dem leisen Rascheln der Decken und dem schläfrigen Stöhnen ihrer Dienerin.
    Gleich darauf herrschte wieder Stille.
    Die Unterlippe zwischen die Zähne geklemmt, tastete Talith sich erneut voran. Nur das Plätschern der Wellen drang in der kühlen Dunkelheit an ihre Ohren, und sie wußte nicht zu sagen, ob sie sich die geflüsterten Worte nur eingebildet hatte, sie tatsächlich nichts anderes als das wunschgetragene Echo ihrer Verzweiflung waren.
    Nichtsdestotrotz löste sie die Lederschlinge an dem Haken der Fensterläden. Bleich hing die Sichel des Mondes über dem Landungssteg, und die hohen Klippen von Vastmark hoben sich wie geborstene Kohle vor den sommerlichen Sternenkonstellationen am Himmel ab, die seit drei Zeitaltern die späten Nachtstunden des Frühlings mit ihrem Juwelenglanz schmückten.
    Vielleicht betrachtete auch Lysaer irgendwo an der Südküste des Kontinents diese Sterne und empfand den gleichen Verlust, der so schwer auf ihrem Herzen lastete.
    »Gnädige Frau Talith«, erklang ein verstohlenes Flüstern aus dem Schatten unter dem Fenstersims.
    Vor hoffnungsvoller Erregung unfähig zu atmen, starrte die Prinzessin aus dem Fenster. Dort, in der Dunkelheit, erkannte sie eine zusammengekauerte Gestalt, einen Schopf grauer Haare und schließlich das nach oben gewandte, dreieckige Gesicht von Ivel, dem Seiler, dessen blinde Augen wie grauer Marmor über dem ausgezehrten Rund seiner Wangen glänzten. »Gnädige Frau, es gibt vier Männer, die vorhaben, die Cascaininseln zu verlassen. Sie haben beschlossen, sich mit Euch zusammenzuschließen. In einer verborgenen Bucht haben sie ein altes Fischerboot versteckt. Gerade jetzt, während wir miteinander sprechen, sind sie dabei, es wieder flott zu machen. Bei Neumond werden sie in See stechen. Der lahme Schreiner wird Euch abholen. Ihr müßt Eure Juwelen bereithalten. Und wenn Eure Dienerin nicht still ist, so dürft Ihr nicht erschrecken, wenn einer der Männer sie fesseln wird. Wir alle riskieren unser Leben. Was Arithon tun würde, sollte er uns bei der Flucht erwischen, kann sich kein Mann vorstellen, ohne vor Angst wahnsinnig zu werden.«
    Talith dachte an ihren jungen Gardisten, dessen Kehle von einem Armbrustpfeil durchschlagen worden war.
    Während der nervenzerfetzenden Wartezeit bis zum Ende der Reparaturarbeiten an der Fischerschmacke, tat sie, was in ihrer Macht stand, um ihre Fluchtpläne noch zu verbessern. Ihre Magd würde bleiben und behaupten, ihrer Herrin sei nicht wohl. Sodann würde sie vorgeben, sich allein um die Kranke kümmern zu wollen.
    »Ich werde mein Haar abschneiden und an ein Kissen knüpfen«, verriet die Prinzessin Ivel während ihres üblichen morgendlichen Spaziergangs. »Das sollte Verfolger für ein paar Tage in die Irre führen. Auch ich halte die Flucht für gewagt, aber meine Dienerin hat versprochen, uns zu unterstützen.«
    Viel schneller, als sie zu hoffen gewagt hatte, entwickelten verstohlene Worte sich zu Taten. Die exzellente Disziplin, die der Herr der Schatten heraufbeschworen hatte, wurde nun zu einer scharfen Waffe gegen ihn selbst. Mehr und mehr wurde die kleine Kammer in der Hütte zu einem Gefängnis, beengt wie ein Vogelkäfig, während Talith und ihre Magd unter dem Anschein harmloser Unterhaltung damit beschäftigt waren, die Juwelen mit Hilfe eines Messer aus den Kleidern und Schuhen in ihrer Truhe zu entfernen.
    Als sie mit dieser Arbeit fertig waren, blieb Talith weiter nichts zu tun, als ruhelos auf und ab zu gehen und die Stunden zu zählen, während der Mond immer weiter abnahm.
    Als schließlich, in einer schlaflosen Nacht, der von Ivel angekündigte Mann kam, um sie zu holen, zeigte sie ihm ihren Schatz, den sie wie gehorteter Plunder in einem verknoteten,

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