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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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einen neuen Festungsturm, und Keldmars bester Steinmetz ist fest davon überzeugt, daß sie den Granit gegen die Maserung schneiden werden, wenn niemand ihre Arbeit beaufsichtigt.«
    Da ein jeder Trinkspruch derer zu s’Brydion stets einen Wettbewerb einleitete, der dazu diente, herauszufinden, wer zuerst betrunken unter dem Tisch lag, verbrachte Lysaer noch viele Stunden im Studierzimmer des Statthalters.
    Als er sich schließlich seinen Rückzug erkämpfte, stand Herzog Bransian am Fenster und grölte aus vollem Hals Tavernengesänge in die Nacht hinaus, begleitet von einem heulenden Rudel Spürhunde.
    Einige Dutzend Fenster waren aufgerissen worden, als brave Bürger aufgebracht gegen die Ruhestörung zu später Stunde protestierten, doch Bransian ignorierte sie einfach. Des Statthalters Hausdiener hingegen erstarrte beim Anblick des großen, streitsüchtigen Mannes vor Furcht und zog es vor, sich nicht einzumischen.
    Lysaer bedachte den verschüchterten Mann mit einem mitfühlenden Achselzucken, ehe er sich in aller Stille in seine Gemächer zurückzog.
    Dort entließ er mit Worten, die seine Erleichterung kaum verbergen konnten, seinen letzten, wartenden Diener zur Nachtruhe. Allein, hinter verschlossenen Türen, ließ er die Zügel schleifen. Hohlwangig und müde ging er endlose Stunden auf dem dicken Teppich auf und ab.
    Niemand, nicht einmal sein persönlicher Kammerdiener, durfte von seiner inneren Unruhe erfahren, die ihn seit der Entführung seiner Gemahlin nicht aus ihren Klauen lassen wollte.
    Selbst, wenn er zu müde war, sich auf den Beinen zu halten, konnte er doch nicht schlafen, so saß er viele Stunden auf einem Stuhl, versuchte seine zerfaserten Nerven zu sammeln und litt Höllenqualen.
    Wie viele andere vorher, wich auch diese Nacht allmählich kaltem Dämmerschein. Ein neuer, silbriger Schimmer kündete, begleitet von den süßen Klängen der Vogelstimmen, den Anbruch eines neuen Morgens an. Lysaer aber baute seine Maske der Beherrschtheit wieder auf und betete, daß er diese Fassade würde aufrechterhalten können, bis es ihm gestattet war, sich erneut in die Einsamkeit seiner Räume zurückzuziehen.
    Nie verließ ihn die Furcht, daß seine Selbstkontrolle ihn im Stich lassen könnte. Ein unglücklich gewähltes Wort, ein unbedachtes Mienenspiel, ein falscher Ton und seine tiefempfundene Qual würde offenbar. Der Gedanke aber, irgend jemand könnte herausfinden, wie intensiv seine Liebe zu Talith war, schien unvorstellbar gefährlich.
    Ihr Entführer war ein s’Ffalenn und berechnend wie ein Dämon.
    Sollte Arithon erfahren, welche Macht ihm dieses Verbrechen eingebracht hatte, sollte ein clanblütiger Feind oder auch nur ein ängstlicher Statthalter herausfinden, welch tiefe Gram die Gefühle für seine Gemahlin über ihn gebracht hatten, wie groß war dann die Gefahr, daß er alles verlöre.
    Die tapferen Worte, die er an seinen Lordkommandanten gerichtet hatte, waren nichts weiter als eine Täuschung, seine herausfordernde Haltung gegenüber Bransian nur die Maske eines erfahrenen Spielers. Lysaer wußte sehr wohl, was nun auf dem Spiel stand.
    Prinz, der er war, war er doch auch ein Mensch. Die Bande seiner hochherrschaftlichen Vertrauenswürdigkeit waren nicht unangreifbar. Verzweifelt achtete er darauf, daß all die Menschen, die auf seine unerschütterliche Integrität angewiesen waren, niemals auch nur ahnten, wie leicht auch er gebrochen werden konnte; wie die Sorge um das Leben und die Sicherheit einer einzigen Frau ihn in Versuchung führen konnte, seine Schutzbefohlenen um ihretwillen im Stich zu lassen.
    Im eisigen Licht des jungen Tages beobachtete Lysaer die Mauerschwalben, die um ihre Nester herumschwirrten. Die hohe Kunst der Politik war kein Spiel für Weichlinge, das war ihm bitter bewußt. Und dennoch machte ihm auch dieses Wissen das Warten nicht leichter, mußte er doch sich bis zur Übergabe zur Sommersonnenwende in Geduld üben und seinen leidenschaftlichen Drang, dieses Vergehen zu sühnen, unterdrücken.
    Der Angriff in der Minderlbucht war ihm eine Lehre gewesen: gedankenlose Gegenmaßnahmen gegen die Provokationen des Feindes waren lediglich ein Anzeichen der Schwäche. Der Herr der Schatten wußte nur allzu gut, ihn über die Grenzen des Erträglichen hinaus zu peinigen, um dann aus seinen Fehlern Kapital zu schlagen.
    Das Bett unberührt, doch sämtliche Stuhlpolster zerdrückt, erhob sich der Prinz des Westens schließlich, um seinen Kammerdiener zu rufen, auf

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