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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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benötigen«, fügte er in einem abrupten Themenwechsel hinzu. »Wäret Ihr einverstanden? Ich habe ihn gebeten, einige nautische Karten zu kopieren. Er wird nüchtern bleiben. Ich habe den Zwillingen drei Kupferstücke angeboten, wenn sie auf ihn aufpassen. Sie haben versprochen, mich sofort zu holen, falls er versucht, sich hinauszuschleichen, um Alkohol zu kaufen.«
    Jinesse ließ ein fröhliches Lachen erklingen, das sie allein für den Herrn der Schatten zu bewahren schien. »In diesem Fall werden sie wie kleine Dämonen sein. Habt Ihr denn gar kein Mitleid mit ihm?«
    »Mit Dakar?« Im Blickwinkel der offenstehenden Tür lehnte sich Arithon mit der Schulter an den Kaminsims. Sein Blick fixierte unentwegt das Wasser, als wollte er das Gerücht, ein Topf unter Beobachtung würde niemals kochen, widerlegen. »Der Mann war lange genug unnützer Ballast auf meinen Schultern. Wenn er sich allzu sehr beklagt oder sich schlecht benimmt, dann werde ich zwei meiner Kalfaterer schicken, damit sie ihn festhalten, während Ihr ihm den Mund zunäht.«
    »Ich bezweifle, daß ich sein Gejammer überhaupt wahrnehmen werde«, gestand Jinesse. »Dakars Murren kann sich mit dem Geschrei meiner Zwillinge kaum messen.«
    Der durchdringende Geruch aufgeweichter Heilkräuter wogte durch den Dampf, der aus der Küche herbeiwehte. Als Arithon sich bückte, konnte Tharrick von seinem Bett im Hinterzimmer aus den Rand des Topfes erkennen. Zauberer, der er war, wirkte er doch keine Magie über dem Gebräu. Zur Behandlung der Peitschenstriemen hatte sogar die ergraute alte Kräuterhexe zu Alestron selbiges getan, wenn sie ihre Pülverchen und Salben anrührte. Manchmal spielte der Herr der Schatten ein paar mitreißende Noten über dem Blubbern des heißen Wassers, doch war er von allem, was über eine schlichte Melodie hinausging, weit entfernt. Die Finger, die den Löffel umklammerten, um das Gebräu umzurühren, waren schmutzig und verschrammt, die eingerissenen Nägel zu sehr von der Arbeit gezeichnet, seine wunderbare Lyranthe angemessen zu spielen.
    »Wieder zuviel Teer an meinen Fingern«, murmelte er, und ein ärgerlicher Unterton klang in seiner melodischen Stimme an.
    »Macht Euch nichts daraus.« Die Witwe wühlte in ihrem Kleiderschrank, fand ein zerschlissenes Hemd ihres verstorbenen Gatten, und riß das saubere Leinen in gleichmäßige Streifen. »Ich habe die Verbände gestern gewechselt. Ich kann es auch wieder tun.« Sie strich sich mit dem Rücken ihrer spindeldürren Hand eine Haarsträhne von der Wange. »Wenn Ihr auf der Werft gebraucht werdet, so solltet Ihr gehen.«
    »Ich danke Euch, daß Ihr Euch um die Verbände gekümmert habt, aber ich werde nicht gehen, ehe ich nachgesehen habe, wie Tharricks Wunden heilen.« Arithon nahm den Topf vom Herd, erhob sich und nickte Jinesse mit seinem rabenschwarzen Schopf zu, voranzugehen.
    Gemeinsam betraten sie das Krankenzimmer. Röte überzog das Gesicht der Witwe über ihrer hochgeschlossenen Bluse, und ihre unbelasteten Hände waren frei, nervös mit ihren Kleidern zu spielen.
    Während der Tage der Rekonvaleszenz hatte ihre Anwesenheit Tharrick stets wohlgetan. Wann immer sie glaubte, nicht beobachtet zu werden, offenbarte sie unwissentlich eine ganz besondere scheue Anmut. Arithon aber brachte sie stets aus der Fassung. Seine schnellen, geschmeidigen Bewegungen und die gezügelte Selbstbeherrschung warfen sie aus der Bahn wie ein heller Lichtstrahl eine Motte ablenken mochte.
    Die Verbände boten ihr die passende Ausrede, sich wieder zu beruhigen. Trotz ihrer schüchternen Zurückgezogenheit handelte sie mit sicheren, entschlossenen Bewegungen, als sie die Bettwäsche anhob, um sich um ihren zerschundenen Fürsorgefall zu kümmern. Anzahl und Schwere der Verbrennungen und Schnittwunden ließen für Tharrick selbst die kleinste Bewegung zur Qual werden. Besänftigt durch ihre Berührung und dankbar für die Vorsicht, mit der sie unter Zuhilfenahme einer Kräuterlösung die Empfindlichkeit der Wunden milderte, ehe sie das verkrustete Leinen abzog, ertrug Tharrick die entwürdigenden Vorgänge schweißüberströmt, doch schweigend.
    Nicht allein Jinesse litt unter dem intensiven Blick Arithons an nervöser Unruhe. Neben der Witwe sah er furchtbar ausgezehrt aus, seine Wangen waren eingefallen und die Augen lagen wie glänzende Kugeln tief in den Höhlen. Seine Sprache war ein wenig undeutlich – Folge seiner Ungeduld oder der Erschöpfung –, als er sagte: »Haltet Euch mit

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