Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark
»Die Handelsflotte lag vor Werende, um Euer Heer zu verschiffen. Nur ein Narr kann dies eine unschuldige Absicht nennen. Euer s’Ffalenn-Feind hat bewiesen, daß er nicht dumm ist, das ist alles.«
Parrien bedachte seinen Bruder, der ihm so sehr glich, als wären sie Zwillinge, mit einem erbosten Blick. »Du schnatterst wie ein Weib über dem Waschtrog.«
Keldmar konterte mit einem bösartigen Lächeln, bei dem er genüßlich seine Zähne freilegte.
»Wiederhole das, wenn ich mein Schwert gezogen habe. Worte sind die Waffe der Narren. Laß uns mit kaltem Stahl herausfinden, wer von uns das Waschweib ist.«
Herzog Bransian führte sein Pferd zwischen die Brüder und erstickte so ihre neuerliche Rivalität im Keim. Zu dem Prinzen, der durch die familientypische Zankerei unterbrochen worden war, sagte er: »Unsere Schiffe liegen geschützt in den Docks, und unsere Söldner sind freigestellt, so wie es sich gehört. Winter ist nicht die richtige Jahreszeit, einen Krieg zu führen. Die Männer werden krank und sterben an allerlei Seuchen, oder sie desertieren aus Faulheit und Furcht. Auch ich hasse diesen Herrn der Schatten aus tiefstem Herzen. Nur auf Euren Rat hin haben wir ihn im vergangenen Sommer nicht angegriffen, und nun seid ihr ausgezogen und habt die ganze Sache versaut. Ich soll verdammt sein, wenn ich mich dazu hinreißen lasse, bei schlechtem Wetter einen Feldzug zu wagen, nur um den Schaden zu richten, der durch Euer Versagen entstanden ist. Auch werde ich nicht zu den Waffen rufen, wenn der Anlaß nicht wenigstens geeignet ist, Dharkarons Wagen aus Athlieria herauszulocken.«
»Das ist längst eingetreten«, konterte Lysaer mit ernster Miene. »Seit Werende arbeitet die Zeit gegen uns. Der Herr der Schatten wird sich aus Merior zurückziehen. Er weiß, daß uns seine Absichten bekannt sind. Der beste Zeitpunkt, ihn anzugreifen, ist genau jetzt, bevor er seine Werft abbauen kann.«
Selbstsicher und schweigend betrachtete Bransian den blonden Prinzen, der so aufrecht und kraftvoll schien wie das erfahrene Schlachtroß unter ihm, das in gespannter Ruhe auf sein Kommando wartete.
Lysaer hielt dem Blick, so stechend wie die stählerne Klinge eines Dolches, stand. »Ihr seid rasch geneigt, Inkompetenz zu unterstellen. So sagt mir und seid ehrlich, daß Ihr Euch an jenem Tag, an dem Eure Waffenkammer durch die Tat Arithon s’Ffalenns in Schutt und Asche gelegt worden ist, nicht für eine Sekunde hinters Licht geführt gefühlt habt, als wäret Ihr nur ein unwissender Narr?«
Das graue Schlachtroß des Herzogs schleuderte den Kopf in den Nacken, als die Faust seines Herrn heftig an den Zügeln zerrte. Von Staatsgästen, die Alestron gleich im Anschluß an die sinnlose Vergeudung gewährter Gunst mit neuerlichen Aufdringlichkeiten aufsuchten, wurde im allgemeinen ein schmeichlerisches Benehmen erwartet. Diese ungeschminkte Wahrheit jedoch war unerhört, und sie traf so bitter wie eine offene Kränkung oder gar eine Drohung. Zwischen zusammengebissenen Zähnen sog Mearn zischend die Luft ein, während Parrien und Keldmar den Prinzen des Westens mit einhellig bewundernder Miene fixierten.
Im Heulen des eisigen, winterlichen Windes, stieg zornige Röte in Bransians Antlitz. Im fernen Flußbett jaulte ein Hund.
Die Peitsche des Jägers antwortete ihm sogleich mit lautem Knall. Oben, auf der Hügelkuppe, rief die weit gefährlichere Herausforderung schweigsame Stille hervor, bis des Herzogs Schlachtroß zu tänzeln begann und die Stimmung seines Herrn mit peitschendem Schweif unterstrich.
Dann warf Bransian den haubenbewehrten Kopf in den Nacken und ließ ein tiefes, kehliges Lachen vernehmen. »Ihr seid ein Mann, Prinz, ohne Zweifel. Ja, ich habe mich gefühlt, wie der größte Narr auf Erden. Wenn Ihr zu Werende inkompetent wart, so war ich es an jenem Tag, an dem meine Waffenkammer zerstört wurde. Der Punkt geht an Euch. Dieser Schattengebieter ist weit zu gerissen, zuzulassen, daß er lebt und seiner Wege geht, wie immer es ihm beliebt. Aber auch wenn ich Alestrons Truppen Aufstellung nehmen lasse, bin ich doch nicht bereit, diesen Stunden jeglichen Komfort zu opfern. Wir sollten unsere Pläne im Trockenen unter einem Dach bei einem Wein und einem Teller heißen Essens besprechen.«
Wegesmuster
Zu Weißenhalt brütet die Oberste Korianizauberin über zwei Sphären, deren Szenerie Anlaß zu allerlei Spekulation liefert: eine zeigt das Flackern gewaltiger Schutzbanne, die irgendein bedeutsames
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