Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark
Pfützen und abgerissenem Astwerk zu der windgepeitschten Landspitze bahnte, begegneten ihm auf der Werft keine Arbeiter, und er erfuhr, daß alle drei Schichten in die Stadt geschickt worden waren, um sich an den Reparaturarbeiten zu beteiligen.
Arithon selbst war schweißgebadet damit beschäftigt, das Feuer unter dem Dampfkessel wieder anzufachen.
Zögerlich wagte Tharrick, frisch gekämmt und rasiert, zum ersten Mal, seit er sich auf der Werft nützlich gemacht hatte, einen Kommentar abzugeben. »Eure Großzügigkeit hat wahrscheinlich Euer letztes Schiff dem Untergang geweiht.«
Arithon stopfte einen weiteren Holzscheit in das Feuer und zog hastig die Hand zurück, als Funken seine Haut verbrannten. »Wenn das der Fall sein sollte, so war es doch allein meine Entscheidung.«
»Ich bin kein grüner Junge.« Beinahe neidisch verfolgte Tharrick die enorme, gewandte Schnelligkeit, mit der jeder einzelne Holzsplitter in dem Bett aus glutheißer Asche landete. »Auch ich habe Männer angeführt, doch Euer Beispiel treibt sie dazu, zu arbeiten, bis ihre Herzen versagen, nur weil sie Euren gewaltigen Ansprüchen gerecht werden wollen.«
Ein hartes Lachen entglitt der Kehle des Herrn der Schatten, als er donnernd die Ofentür zuschlug. »Ihr irrt.« Er erhob sich, nurmehr ein Bild schmaler Konturen umrahmt von dem silbrigen Glitzern feuchter Haut. Spott schimmerte in seinen müden Augen, als er den ehemaligen Gardehauptmann betrachtete, der sich bemühte, ihm seinen Respekt zu erweisen. »Ich habe nun einmal jeden Schreiner und jeden Tischler im Umkreis von dreißig Wegestunden in meinen Diensten. Hätte ich die Arbeiter nicht in die Stadt geschickt, so wären sämtliche Fischweiber samt ihrer Männer spätestens zur Mittagsstunde hier erschienen und hätten uns das Leben schwer gemacht. Und falls Ihr es nicht bemerkt haben solltet, der Rahmen ist bereits fertig, nur auf die Kalfaterer kann ich nicht verzichten.«
Ungeduldig und übellaunig trat Arithon einen Schritt zur Seite und glitt sodann an seinem Besucher vorbei. Allein in der aufgewirbelten Luft zurückgelassen, schluckte Tharrick eine zornige Entgegnung. Die Witwe hatte ganz recht: Wenn auch die Großzügigkeit des Herrn der Schatten keinerlei Vergeltung erlaubte, war es gewiß kein Fehler, seine Freundschaft zu suchen.
Der Tag ging in grauem Nieselregen und mörderisch harter Arbeit dahin. Abgehacktes Donnern begleitete die Arbeit der Kalfaterer, die unter Zuhilfenahme von Holzhämmern die Ritzen zwischen den Planken des Zweimasters abdichteten. Der Gestank flüssigen Teers stieg von dem heißen Werg auf und vermischte sich in der Luft mit dem Geruch von Strandgut und Wrackteilen. Auch als es Abend wurde, ließ die hektische Betriebsamkeit auf der Werft nicht nach. Planken wurden aus der Dampfhütte gezerrt und mit Gewalt am Gerüst des Schiffes befestigt. Noch immer heiß, wurden sie unterhalb der Wasserlinie mit Robinienholznägeln angebracht, darüber mit Eichennägeln. Fackeln verbreiteten ihr höllisches, flackerndes Licht über den nackten Schultern der Arbeiter, deren Haut dort, wo Schweiß und Regen den Schmutz abgespült hatten, unter der Staubschicht hervorlugte.
Grummelnd, in kleinen Gruppen, kehrten die Schreiner zurück. Ihr Meister suchte Arithon, um allein mit ihm zu sprechen. Widerwillig, stur und überdies erschöpft fügte sich der Geselle, der mit Meßarbeiten beschäftigt war, den Notwendigkeiten und ergriff das Ende der Planke, das der Herr der Schatten bis dahin getragen hatte.
»Es ist nur ein Schiff«, mahnte der Schreinermeister, an die schmale, erschöpfte Gestalt vor seinen Augen gewandt. »Bedeutet es Euch denn wirklich so viel, daß Ihr Euch dafür ruinieren und all die Männer bis an die Grenze ihrer Kräfte treiben müßt?«
Mit vernichtendem Zorn entgegnete Arithon: »Ihr habt mich von der Arbeit geholt, nur um mir das zu sagen?«
»Nein.« Aufrecht und standhaft begegnete der Schreinermeister dem durchdringenden Blick der grünen Augen. »Ihr verliert Euren Sinn für Angemessenheit. Heute morgen hat Tharrick Eure Führungsqualitäten bewundert, und Ihr habt ihn einfach stehenlassen.«
Sogleich spielte ein geringschätziger Zug um Arithons Lippen. »Nur für den Fall, daß es Euch entgangen ist: Tharrick ist hurtig dabei, das Leben in Schwarz und Weiß aufzuteilen. Ich komme sehr gut ohne seine kriecherische Bewunderung aus. Vermutlich sucht er lediglich eine Zuflucht, weil er befürchtet, durch die Hand seines
Weitere Kostenlose Bücher