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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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schmerzlichen Ehrlichkeit Lysaers, erschien Arithon rückblickend so zwielichtig wie ein Dieb in dunkler Nacht. Naturgegebene Zurückhaltung wurde zu unehrenhafter Heimlichtuerei, bezähmte Gefühle zum Zeichen eines kalten, böse Pläne schmiedenden Geistes.
    »Dies ist ein Mann, dessen Freundlichkeit nur seiner scharfen Berechnung dient, dessen Worte und Taten allein bezwecken, seine wahren Absichten zu verbergen. Er kennt kein Erbarmen. Ganz und gar hat er sich der Heimtücke verschrieben. Die Menschen, die er sich zu Freunden macht, sind für ihn nicht mehr als Jagdwild, und wenn grausame Morde seinen Plänen dienen, so werden nicht einmal kleine Kinder verschont.«
    »Das ist eine Lüge!« widersprach die Wirtin des Gasthauses vehement. »Der Schiffsbauer, den wir kannten, empfand die gleiche Leidenschaft und Liebe gegenüber Kindern wie ein jeder Vater. Die Kinder haben ihn angebetet, Jinesse wird das guten Gewissens bestätigen können.«
    Lysaer blickte in die Richtung, in die die Wirtin deutete, und entdeckte eine Gestalt in dunklen Tüchern, die sichtlich den Kopf einzog, als sie ihren Namen hörte: eine Frau, ganz am Rande der Menschenmenge, gesichtslos in der Finsternis, von den weizenblonden Locken über ihren verborgenen Zügen abgesehen.
    »Gnädige Frau, kommt her zu mir«, kommandierte Lysaer. Er trat von dem Podest herunter. Seine instinktgeborene, hochherrschaftliche Anmut veranlaßte die Dorfbewohner, auszuweichen und ihn passieren zu lassen. Angesichts des unverkennbaren Widerstrebens der Frau, winkte er einem der Offiziere zu, auf daß dieser eine Fackel aus ihrem Halter zöge und zu ihm bringe. Gefangen inmitten des hellen Lichtscheins, blieb der Witwe keine andere Wahl, als sich dem fremden Prinzen zu stellen.
    Goldglänzend, majestätisch, enthielt sich der Prinz des Westens in Höhe der einfachen Bevölkerung jeden Wortes. Statt mit ihr zu sprechen, ergriff er ihre Hand, als wäre auch sie hochwohlgeboren und von Rang, und zog sie über die Planken zu dem Podest hinauf. Er ließ ihr keine Gelegenheit zu hinderlichen Klagen. Sein Blick aus Augen, so blau und makellos wie ein wolkenloser Himmel, war beständig auf ihr Gesicht gerichtet. »Ich bedaure zutiefst, daß ein Mann, der keinerlei Skrupel kennt, selbst eine so aufrechte gute Frau wie Euch in die Irre führen konnte.«
    Angespannt sog Jinesse die Luft tief in ihre Lungen, während ihre zitternden Finger sich langsam mit Schweiß überzogen. Forschend betrachtete sie die attraktiven, männlichen Züge unter dem Reif und dem Schopf blonden Haares. Sie fand weder einen Grund zur Beruhigung noch eine Spur der Lüge in den kraftvollen Linien seines Antlitzes, dem feingemeißelten Bogen seiner Wangen. Seine strahlenden Augen spiegelten Ruhe und Sorge, gepaart mit untadeliger Aufrichtigkeit.
    »Vergebt mir«, sagte der Prinz mit einer Freundlichkeit, die mit der feurigen, bissigen Ironie des Herrn der Schatten nicht das geringste gemein hatte. »Ich sehe, meine Worte haben Euch im Innersten verletzt. Es war nie meine Absicht, Euch Kummer zu bereiten.«
    Jinesse schob die Erinnerung an grüne Augen, zu sehr von Schatten verhüllt, ihre Geheimnisse zu ergründen, von sich. »Meister Arithon hat sich meinen Zwillingen gegenüber sehr freundlich gegeben. Ich kann nicht glauben, daß er ihnen ein Leid zufügen würde.«
    »Sind sie jung, Eure Kinder?« hakte Lysaer nach. »Gnädige Frau, hört meine Warnung: Arithons Vergangenheit ist eine Geschichte des Übels. In Eurer Gegenwart mag er tatsächlich nur die nobelsten Absichten zu erkennen gegeben haben, aber wo sind Eure Kinder jetzt?« Durch das leichte Zucken ihrer Finger, die er noch immer umfaßt hielt, ausreichend informiert, drückte er in einer Geste des Mitgefühls ihre Hand. »Es ist diesem Mann also gelungen, Eure eigenen Kinder aus Eurer Obhut fortzulocken, wie ich sehe. Ihr habt gewiß recht, wenn Ihr sagt, die Kinder lieben ihn. Sie sind formbar wie Ton in seinen Händen, und ich sehe wohl, daß ich mehr nicht mehr sagen muß.«
    Jinesse preßte die Lippen aufeinander, um deren heftiges Zittern unter Kontrolle zu bringen. Sie wagte nicht, auch nur ein Wort zu sagen.
    »Vielleicht ist es noch nicht zu spät«, beruhigte sie der Prinz mit erhobener Stimme, so daß ihn auch die Dorfbewohner verstehen konnten, die sich vor dem Podest versammelt hatten und ganz unwillkürlich nähergetreten waren, auf daß ihnen nur kein Wort entgehen sollte, was dort oben gesprochen wurde. »Ich habe ein

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