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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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hindurchströmten.
    Noch immer gefangen in den verblassenden Eindrücken des vergangenen Einklangs, konnte Dakar den Kummer kaum ertragen. Er verfügte weder über die Mittel, sich der eigenen Verantwortung zu stellen, noch die Bürde zu erleichtern, die er auf des Barden Schultern geladen hatte. Und schlimmer als alles andere schien, daß Arithon in seinem grenzenlosen Verständnis nicht ein böses Wort der Vergeltung verlor.
    »Du hast alles gegeben, was du zu geben hattest«, sagte der Prinz von Rathain schließlich. Nie war er mehr der Nachkomme Torbrands, als in diesem Augenblick, während er, zu erschöpft, sich um seine Herzensblöße zu sorgen, in die schattige Tiefe des Teichs starrte. »Ich hege keinen Zweifel daran, daß du dein Bestes getan hast. Das Mädchen hat ihre Freiheit genutzt und eine Entscheidung getroffen.«
    Doch den Zauberbanner konnte auch diese Freisprechung nicht trösten. Er hatte gegeben, was ihm fünf Jahrhunderte der Völlerei gelassen hatten. All die Jahre, die er sinnlos vergeudet hatte, schmerzten ihn nun in schrecklichem Bedauern angesichts des Preises, den Jilieth für sein Versagen hatte bezahlen müssen.
    »Was können wir nun noch tun?« fragte Dakar, dessen frühere Gehässigkeit gänzlich der Reue gewichen war.
    »Nun, ich denke, wir sollten die Kinder zu ihren Angehörigen zurückbringen. Wo sollen wir sie suchen?« Arithon legte die Lyranthe auf den ausgebreiteten Wollstoff ihrer Hülle und stemmte sich mühsam und erschöpft auf die Beine. Dann holte er Ghedairs Umhang, der neben dem Feuer gelegen hatte, und nahm Dakar den auskühlenden Leib des Mädchens ab.
    »Es müßte irgendwo ein Schäferlager geben.« Dakar mußte seinen matten Geist zwingen, die Arbeit aufzunehmen. »Die Herden werden zum Winter hin in die Ebenen hinabgetrieben. Diese Gruppe muß irgendwie aufgehalten worden sein, sonst hätten sie ihre Kinder nicht unbeaufsichtigt gelassen.«
    »Das kann auch daran liegen, daß den Kindern ein Elternteil geraubt wurde.« Als das kleine Mädchen sicher in das Kleidungsstück ihres Bruders eingewickelt war, verpackte Arithon seine Lyranthe.
    Irgendwann gelang es Dakar, seine Willenskraft einzusetzen, um sich zu bewegen. Er ergriff den Beutel und mühte sich, die unwillkommenen Hinterlassenschaften des Bodens abzuschütteln. Wie feine Spinnweben überlagerte ein Nachhall von Arithons Bewußtsein seine Gedanken, und Dakar zog schaudernd den Kopf ein, halsstarrig besorgt um einen anderen Prinzen: den blonden s’Ilessid, den Halbbruder Arithons, den er als seinen engsten Freund betrachtete.
    Unbehagen zermürbte ihn. Er wagte es nicht, die Stunde der Rache Desh-Thieres in sein Gedächtnis zurückzurufen, scheute er doch vor der unglaublichen Wahrheit zurück, daß die Vergangenheit seine Ansichten von nun an nicht mehr zu stützen vermochte. Schleichend begegnete ein Gedanke seinem Kummer, der Gedanke, daß es vor neun Jahren, in jener kritischen Zeit, dem Prinzen Lysaer gepaßt haben mochte, sich nicht gegen den Geist zu wehren, dem es gelungen war, seine Saat ewiglicher Feindschaft auszulegen.
    Spätere Ereignisse lieferten andere Hinweise. Niemals würde sich ein Bruderschaftszauberer menschlichen Bedürfnissen grundlos verschließen. Es mußte einen zwingenden Grund dafür geben, daß nur ein Prinz um den Blutschwur zu Athir gebeten worden war.
    In dem feigen Bedürfnis, all diesen scheußlichen Zweifeln zu entgehen, nahm Dakar das Gespräch wieder auf. »Wenn wir uns weiter ins Tal durchschlagen, sollten wir die Schafe finden.« Er sah zu, wie Arithon seinen Anteil ihrer Habe schulterte und sich den bewußtlosen Knaben auf den Rücken lud. Der Barde sah aus wie immer: hager und sich seiner selbst nur zu bewußt.
    Mit der Kraft eines gestohlenen Wissens erkannte Dakar, daß er imstande war, diese künstliche Maske unerschütterlicher Selbstsicherheit zu durchbrechen. Er hatte von jeher zu Lysaer gehört, und Arithon wußte das nur allzu gut. Was sich ihm in der Verbindung dieser Nacht offenbart hatte, war gewiß nicht einfach durchschaubar, noch wurde ihm dieser Einblick freiwillig gewährt. Und kein Gesetz besagte, daß die Bitte, ein Kind zu schonen, nicht lediglich ein Vorwand war, eine jener Listen zu verbergen, die so typisch für den Herrn der Schatten waren.
    Dakar ergriff den Beutel und den Leichnam des kleinen Mädchens, als ein Gedanke mit feuriger Intensität von ihm Besitz ergriff. Nur auf eine Art konnte sein erschüttertes Vertrauen in die

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