Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark
wieder zusammenzufügen.
Tief in Trance, Arithon fest verbunden, fühlte der Zauberbanner die beißende Kälte nicht länger. Die Musik ließ ihn taub werden gegenüber den Jagdschreien der Wyverns und dem unsteten Plätschern der Quelle. Und mochte er sich auch darum bemühen, lösten sich doch all seine Vorbehalte. Der Zauber strahlender Harmonien verführte seinen Geist zu einem zarten Ringelreihen, lockte ihn in den Tanz der Mysterien, bis alle Bande der Abwehr und des Mißtrauens sich seinem erschlafften Zugriff entwanden.
Nun war der gefährlichste Augenblick der magischen Bindung Jilieths gekommen. Nur seine Kunst und der Lyranthe unverfälschtes Frohlocken drangen noch in sein Herz. Mit einem Lächeln auf den Lippen, bar jeglicher Schatten in seinem Geist, die ihn hätten hemmen können, begann Dakar den verschlungenen Zauber der Erneuerung und des Endens zu wirken, der die Resonanz der Magie mit der ursprünglichen Macht verknüpfen sollte.
Waren Dakar durch die Gebote seiner Ausbildung im Dienst der Gesetze des Großen Gleichgewichts die Hände gebunden, so durfte einzig das Kind, dem zu helfen er bemüht war, diesen ersten Schritt zu Ende bringen. Allein Jilieth vermochte den Kanal zu öffnen, der ihr die Macht geben würde, den Tod von sich zu weisen, doch dafür mußte sie sich den Veränderungen ergeben. Ihre ungestüme, jugendliche Natur und das Drängen unachtsamer Leidenschaft, das sie stets voranstürmen lassen wollte, mußten nun einer Weisheit den Vorrang lassen, die weder durch ihr Alter noch durch ihre Erfahrungen unterstützt werden konnte. Aus sich selbst heraus mußte sie das Vertrauen finden, sich den liebenden Banden zu unterwerfen, die Eltern über ihren Nachwuchs weben, solange er zu jung ist, für sich selbst zu sorgen.
Um sich zu erholen und gesund zu werden, mußte dieses sechsjährige Mädchen die Entscheidung, sich der Fürsorge ihres Bruders zu entziehen und davonzulaufen, um zwischen den Felsen zu spielen, zurücknehmen.
Jilieth vernahm die Frage, die an sie herangetragen wurde. Eingehüllt in all den Schutz, den die Musik eines Meisterbarden ihr vor den äußeren Qualen und dem Schmerz nur bieten konnte, schimmerte ihr Geist in spielerischer Rebellion. Sie wollte tanzen, wollte mit der Gefahr poussieren, so wie ihre verlorene Mutter, die sie in frühester Kindheit grausam verlassen hatte, die freiwillig auf unsicheren Boden getreten war, ein verirrtes Lamm zu retten, und im Donnern niedergehenden Steinschlages umgekommen war.
Arithon rief eine scharfe Warnung. »Dakar, laß sie! Folge ihr nicht. Sie muß frei entscheiden können, ob sie zurückkehren will.«
Doch der Zauberbanner hatte sich längst in seiner Enttäuschung verloren. Sein Ärger befleckte die Siegel, belegte sie mit dumpfem, rotem Schein, und die Musik, der nun der freie Strom verwehrt war, geriet kaum merklich aus dem Takt.
Der Wahnsinnige Prophet wollte verzweifeln wegen seiner Tölpelhaftigkeit. Er mühte sich, jene Duldsamkeit zurückzuholen, die zu kultivieren er niemals einen Anlaß gesehen hatte. Jilieth brauchte die sichere Führung eines Lehrers. Tadel und Hilfestellung, erteilt unter maßvoller Zurückhaltung, wie Dakar selbst sie wieder und wieder zurückgewiesen hatte, wann immer sein Meister aus der Bruderschaft sie ihm gewährt hatte.
Zum ersten Mal in seinem Leben durchdrang das eigene Versagen seinen dickhäutigen Eigensinn. Er wußte selbst die abgebrühteste Hure zu beglücken, fand stets einen Weg, sich den übelsten Untugenden hinzugeben.
Doch wie tragisch war die Erkenntnis, daß er nicht über die Mittel verfügte, das gleiche zerstörerische Streben in einem Kinde zu zügeln.
Arithon erkannte das Ausmaß des Dilemmas, das Dakar in Klauen hielt. Mit dem Einfühlungsvermögen eines Meisterbarden erkannte er das Wirrwarr in der Verbindung, die Jilieths Aufmerksamkeit an jenen Weg binden sollte, der ihr die Rückkehr in das Leben erlauben würde. Weiter noch dehnte er seine Gabe bis an ihre äußerste Grenze, um einen reinen Kanal in dem Tumult der Unentschlossenheit zu öffnen, in dem sich der Wahnsinnige Prophet verfangen hatte. Als ein hilfesuchender Schrei, entrungen den Saiten der Lyranthe, nicht hindurchdringen konnte, öffnete er den Mund und schrie vor Schmerz wegen der Hilflosigkeit gegenüber dieser schuldgetragenen Barriere, die sich blendend über seine magische Wahrnehmung gelegt hatte.
Arithon holte aus, versuchte mit aller Macht seines Willens, seine verlorene Kunst
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