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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Etarraner?«
    Ebenso leise erhielt er die Bestätigung in der Dunkelheit.
    »Wir wurden alle unter dem Kommando Pesquils ausgebildet, möge er in Frieden ruhen. Ist Diskretion vonnöten?«
    Unhörbar atmete Diegan erleichtert auf. »So könnte man es nennen.« Seine Kundschafter verfügten alle über umfassende Erfahrung. Sie hatten längst begriffen, welche Probleme durch die Überlebenden auf sie zukommen mochten. Sollten Maßnahmen ergriffen werden müssen, so würde er diesen Männern keine umständlichen Erklärungen liefern müssen, damit sie seinen Befehl ausführten. »Ich werde ihnen Diener aus meiner persönlichen Dienerschaft schicken. Sie werden zwei Zelte aufbauen und den Männern eine kalte Mahlzeit servieren. Wenn sie gegessen haben, dann bringst du jeden einzelnen von ihnen in eines der Zelte, allerdings wird er dort eine andere Aussage unterschreiben, als er denkt.«
    Das Zaumzeug klirrte, als das Pferd ihm die feuchten Nüstern an die Brust stieß. Von dem freundlichen Schubs einen halben Schritt zurückgestoßen, gab er dem Tier einen Klaps auf das kühle, vom Regen vollends durchnäßte Fell.
    »Deine Männer werden die Flüchtlinge fesseln und knebeln und hier festhalten«, fügte er hinzu. »Kein Aufsehen, kein Theater. Niemand spricht mit ihnen. Die Nachricht von dem Gemetzel in Haven darf diese Anhöhe niemals verlassen. Bald wird eine Gruppe Kopfjäger heraufkommen und euch von eurer Pflicht befreien, dann sammelst du deine Leute und kehrst ins Lager zurück. Wer Fragen stellt, ist des Todes. Diese Angelegenheit wird so behandelt, wie ich es will. Weder deine Meinung noch die deiner Männer tut etwas zur Sache.«
    »Wünscht Ihr eine Eskorte für den Rückweg?« fragte der Kundschafter, dem als gebürtigem Etarraner die verstohlenen Intrigen wohlbekannt waren, die die Mächtigen zu spinnen pflegten, wann immer sie es für erforderlich hielten.
    Lord Diegan schob einen Fuß in den Steigbügel und schwang sich, begleitet von dem derben Klirren des Metalls, in den Sattel. »Ich muß nachdenken und will allein sein.«
    Er ließ das erschöpfte Pferd kehrtmachen und trieb es zu einem flotten Trab in der Finsternis an, während der Ruf des Reihers wie das Wehklagen eines verlorenen Geistes über den Morast hallte und der Regen kalte Tränen auf seinem Gesicht hinterließ. Ehe nicht Arithon s’Ffalenn tot war, würden sich die Schrecken vom Tal Quorin, von der Minderlbucht und von Haven stetig wiederholen.
    Beladen mit der Bürde, eine so gewaltige Belastung abzuwenden wie jene, unter der Lysaer in Werende beinahe zusammengebrochen war, wog Lord Diegan allein in dieser Nacht seine Möglichkeiten ab. Die Taktiken, hinter denen der Herr der Schatten sich zu verschanzen pflegte, hießen Täuschung und List. Zweifellos hatte er das Blutbad in Haven angerichtet, um das Heer wie mit einer scharfen Waffe mitten ins Herz zu treffen. Schlimmer noch zielte die Belastung, die durch diese entsetzliche Niederlage entstanden war, allein darauf, Lysaers moralisches Gewissen zu beeinträchtigen.
    Wohlwissend, daß seine Hoheit noch immer unter der Reue und den Alpträumen angesichts der niedergebrannten Flotte in der Minderlbucht leiden mußte, was dem Gemetzel in Haven zusätzlich Gewicht verleihen würde, überdachte Lord Diegan seine Alternativen.
    Als er schließlich sein Pferd über den aufgeweichten Pfad zwischen den Feuern des Kriegerlagers hindurchführte, hatte er entschieden, daß die Neuigkeiten dieser Nacht über das unfaßbare Blutvergießen eine Provokation darstellten, vor der der Prinz bewahrt werden mußte. Lysaer bezwang sich schon seit dem Bruch mit Talith zu Ostermere, hielt seine Nerven im Zaum und lebte nurmehr durch seinen starken Willen. Doch seine Stimmung war unstet, und während der Nächte fand er kaum Schlaf. Er durfte das Risiko nicht eingehen, daß der kaltblütige Mord an fünfhundert Soldaten schließlich als Ausrede dienen würde, das Heer von seinem Ziel in Shand abzuziehen.
    Um den grausamen Mißbrauch zu rächen, den seine Schwester erlitten hatte, um vielleicht sogar ihre Ehe zu retten, beschloß Diegan, das Schicksal in seine eigenen Hände zu nehmen. Er würde dafür sorgen, daß der Feldzug fortgeführt wurde, bis die Beute gestellt war. Denn die Vorgänge in Haven waren nichts anderes als eine großangelegte Täuschung. Kein Mann, auch nicht ein Gebieter grausiger Schatten, mit einer kunterbunten Armee von Schäfern, vermochte ein vierzigtausend Soldaten zählendes Heer zu

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