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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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kahlen Fels, der einen blaugrünen Schatten über die sanfte Kuppe warf, auf der Caolle stand. Um ihn herum, den leeren Blick zum Landesinneren gewandt, waren leere Eisenhelme auf Pfosten aufgebaut, um als Köder für Lysaers Hauptstreitmacht zu dienen. In ihrer Mitte flatterte träge eine Standarte, deren Seidenstoff gegen die lederumhüllte Schulter des Kriegerhauptmannes schlug. Clanbräuche hatten das Motiv diktiert: ganz oben das purpurgoldene Muster Shands; dann ein schwarzer Wyvern auf grauem Grund, Wappen des Herzogtums Vastmark; und schließlich, ganz unten, der schwarz-grün-silberne Leopard der Monarchie Rathains, symbolisch dem hochherrschaftlichen Siegel des südlichen Landes untergeordnet.
    Der lästige Regen hatte endlich nachgelassen, und die Luft an diesem Morgen war frisch und so voller Spannung wie ein tiefer Atemzug. Jenseits des Bergsattels auf der anderen Seite des Tales brodelte die Angriffsmacht verbündeter Truppen, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, den Herrn der Schatten zu töten. Bunt wie die Stoffe eines Schneiders glitzerte das Metall der Helme und Klingen im Licht der Morgensonne. Auf dem weiten Land bildeten die Männer einen künstlichen, lebendigen Teppich von eineinhalb Wegestunden Breite.
    »So ein Aufwand um eines Mannes Leben willen«, murmelte Caolle. »Das ist wirklich nicht nett.« Die nervenzehrende Gewißheit, daß er von vielen Tausend Feinden umgeben war, stach wie mit Nadeln in seine Haut. Endlich räusperte er sich und erteilte dem Kundschafter, der neben ihm seine Befehle erwartete, letzte Anweisungen.
    Gleich darauf war der Clankrieger auf und davon. Die Kuppe lag noch immer in bitterer Stille, und der Nebel flog in weißen Wogen über sie hinweg. Die Luftfeuchtigkeit und die zerklüfteten Gipfel verzerrten sämtliche Geräusche nach sonderbaren Mustern. Der Hornstoß eines Reiters mochte trügerisch nah erscheinen. Der ferne Tadel eines Offiziers gegenüber einem faulen Untergebenen, konnte so nah klingen, als müßte man nur die Hand ausstrecken, um den Mann zu berühren. Zu anderen Zeiten dämpfte die Brise jedes Geräusch, als wäre diese Gegend seit den paravianischen Zeiten nichts als eine steinige, vollends verlassene Einöde.
    Dann löste der Nebel sich erneut und gab den Blick auf das Heer frei, das sich wieder um eine beunruhigende Achtelmeile genähert hatte. Die Front der Streitkräfte war nah genug, die einzelnen Einheiten zu erkennen, die nach Stadtgarnisonen unterschieden geordnete Karrees bildeten. In Reih und Glied kämpften sich die Pikeniere wie Ameisen an den Felsbrocken vorbei, die von einem früheren Steinschlag zurückgeblieben waren. Bunte Streifenbanner, das Schnauben ausgeruhter Pferde, heisere Stimmen, die ein Lied sangen, um das Tempo aufrechtzuerhalten, während Helme auf und nieder hüpften, dann und wann verschwanden, um bald darauf die Gestade eines trockenen Bachlaufes zu erklimmen, all das umrahmte den unerbittlichen Marsch grauen Stahls über unebenmäßiges Terrain.
    Es war leichter, sie als eine bleierne Woge anzusehen, befand Caolle, als eine geistlose Flut scharfer Waffen. Das Heer hingegen als näherkommende Männer, lebendige Menschen mit all ihren Ängsten wahrzunehmen stach schmerzhaft in sein Herz.
    Caolle schloß die Augen, gepeinigt von dem, was nun folgen sollte. Denn nun gab es kein Zurück mehr. Jede Seite würde zur Verteidigung ihres Prinzen töten; die Lebenden würden schließlich wehklagen, die Toten aber blieben tot. Wie Arithon so grausam prophezeit hatte, schien das jüngste Blutvergießen in Haven in diesem schweren Augenblick kaum mehr von Bedeutung zu sein. Und so konnte ein Mann nun auf einem Gipfel von Dier Kenton stehen, dem Gipfel, von dem aus die Falle zuschnappen sollte, und sich fragen, ob fünfhundert kaltblütig geplante Opfer nicht genug gewesen waren; ob mehr als ein Überfall und tausend weitere Tote diese Flut der Zehntausende hätten aufhalten können. Und wenn nicht tausend, wie viele dann? Wie viele Leben wären nötig gewesen, bis all der Ansporn sich ins Gegenteil hätte verkehren können, bis sie sich von ihrem üblen Pfad abgewandt und ihr Heil in der Flucht gesucht hätten.
    Zum ersten Mal seit seiner Kindheit fühlte sich Caolle von seinen Gespenstern verfolgt: von einem paar Dutzend Wagenlenker und Kuriere in den Diensten Jaelots, die mit aufgeschlitzten Kehlen gestorben waren über die von Wyverns zerfetzten Leiber an der Küste bis hin zu jenem Heer, das noch lebendig war und im

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