Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
blinden Glauben an seine gerechte Rolle in des Schicksals Fügung auf ihn zu marschierte.
    So fremd es ihm auch war, sich dergestalt unsicher zu fühlen, als wäre er noch ein junger, unerfahrener Krieger, blieb doch die Abscheu gegen den Gedanken, sein Schwert ziehen zu müssen. Auch schien ihm kein Grund unter dem Himmelsrund ausreichend, auch nur noch ein weiteres Leben zu fordern. Am falschen Ort und viele Jahre zu spät erkannte er, daß sein Stolz und seine kriegerische Kunst ihn nirgendwohin führen würden.
    »Ich kann diese Sache keinem anderen anvertrauen«, sagte eine leise Stimme nahe seinem Ellbogen.
    Aufgeschreckt wirbelte Caolle um die eigene Achse und blickte in ein Gesicht, das nicht minder gehetzt aussah als sein eigenes. Geräuschlos war sein Herrscher an seine Seite getreten. Die Veränderung, die er seit Haven durchmachte, hatten ihn zu einer wahren Verkörperung bitterster Trauer werden lassen.
    Zu dünn, zu blaß, zu erschöpft begegnete Arithon dem Spiegelbild seiner Qualen in des Hauptmanns düsterem Blick. Und wieder beantwortete er die unausgesprochene Frage, die Caolle im Hinblick auf die Veränderung seines Gebieters bewegte: »Es ist ebensosehr Desh-Thieres Fluch, der immer stärker an meinem Willen zerrt, je näher Lysaer kommt, wie auch jede einzelne Bürde der Vergangenheit.«
    Caolle verhakte hilflos die Fäuste an seinem Schwertgürtel. »Lysaer ist ein Mörder, wie es keinen zweiten gibt, daß er so viele Männer in die Irre führt, nur um ein Leben auszulöschen.« Mit einer ausholenden Bewegung seines Armes deutete er auf die näherkommenden Linien, die sich dunkel wie eine Pilzinfektion über die Landschaft auf der Westseite des Tales ausbreiteten. »Im Vergleich dazu war Eure Tat in Haven wahrlich unbedeutend.«
    »Nein.« Arithon blickte auf den gewaltigen Aufmarsch hinunter, unfähig, seine Empfindungen zu verbergen; vielleicht war seine Kraft schon zu sehr erschöpft. Während der Wind in seinem offenen schwarzen Haar spielte, schlug sich das Mitgefühl, das ihn innerlich zerfleischen wollte, schrill auf seine Stimme nieder. »Lysaer ist noch nicht blind gegenüber dem Erbarmen. Daran muß ich glauben. Unsere fünfundzwanzig Überlebenden sind niemals durchgekommen, oder es ist ihnen nicht gelungen, ihre Warnung zu überbringen.«
    Doch ihnen blieb keine Wahl: in den Wochen, seit dem Überfall in Haven, waren ihre Bogenschützen aus den Schäfersippen umzingelt worden. Es blieb ihnen nichts mehr, als sich der bitteren Realität zu stellen und auch den letzten Schritt zu tun.
    Nach einer bitteren Lektion in Merior stand Arithons Entscheidung unumstößlich fest. Er würde gewiß keinen Verbündeten dem fluchgesteuerten Einfluß seines Halbbruders ausliefern.
    Caolle betrachtete seinen Prinzen mit einer unbehaglichen Mischung aus Mitgefühl und wachsamer Aufmerksamkeit. »Ihr nennt einen Willen Euer eigen, dem sich entgegenzustellen selbst Dharkaron kaum wagen dürfte«, sagte er, ehe sein geschulter Reflex ihn antrieb, sich der Störung hinter seinem Rücken zuzuwenden.
    Keuchend wie ein undichter Blasebalg erklomm Dakar die Anhöhe. Unter seinem wirren Haar und dem drahtigen Durcheinander seines Bartes zeigte sein Gesicht die wächserne Blässe einer halb erstarrten Talgkerze.
    »Hier sollte sich kein Lebender aufhalten«, ächzte er, während er mit bedeutungsschwerem Blick die umliegenden Gipfel erfaßte, die in diesem Augenblick von Wolken verhüllt wurden. Als würden ihn wirre Gedanken plagen, bewegten sich die Brauen unter seinem fransigen Pony. »Bei allen Dämonen, Arithon. Das war es also, was du getan hast, als du in den Frühjahrsnächten wieder und wieder hierhergekommen bist.« Erstaunlicherweise wurde er um noch eine Schattierung blasser.
    »Ich habe dem Klang der Steine gelauscht«, gestand der Prinz von Rathain mit verblüffend ruhiger Stimme, während sein Äußeres die Vermutung nahelegte, daß ihn die kleinste Berührung zerschmettern würde.
    »Dharkaron!« schrie Dakar. Denn nun, da die herbstlichen Regenfälle die Höhenlagen freigespült hatten, konnte selbst er mit seiner mangelnden magischen Wahrnehmung erkennen, wie tückisch die Schieferschichten tatsächlich waren. »Daß mir jetzt nur niemand niest. Ich will weiter nichts als meine Arbeit beenden und mich irgendwo in sicherer Höhe verkriechen.«
    »Nun, seine Hoheit sagte, die Böschung würde brechen und die Pässe verschließen«, entgegnete Caolle, der sich von Theatralik noch nie hatte

Weitere Kostenlose Bücher