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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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Um sich eine lange Quartiersuche und weitere fragwürdige Angebote zu ersparen, beschlossen Tom und Richard, direkt ins neu gegründete Jesuitenkloster zu gehen. Das Gebäude war nicht mehr als ein einfaches, schmuckloses Haus nach dem Muster spanischer Klöster, mit einem Kreuzgang und einem kleinen Kräutergarten. Das Oberhaupt der Brüder, Pater Ignazio, war ein rundlicher Mönch mit einer nicht mehr ganz frischen Tonsur und freundlichen dunklen Augen. Er hieß die drei Reisenden herzlich willkommen und bat sie sogleich in den Garten, wo er ihnen kühle Getränke servieren ließ. Er begnügte sich mit Janas spärlicher Erklärung, dass sie auf der Suche nach ihrem Onkel seien, der in der Nähe von Tunja eine Silbermine besaß. Pater Ignazio versicherte ihnen, dass er sich freue, sie einige Tage im Kloster zu beherbergen. Schließlich sei es seine Aufgabe, den Christen in diesem Land die Reise zu erleichtern, und er habe schon seit Monaten keine Gelegenheit gehabt, jemanden zu bewirten, womit sich die Frage, ob Conrad hier nach Unterkunft gefragt hatte, erübrigte. Jana tat es dennoch und verschaffte sich eine Enttäuschung.
    »Es tut mir leid. Bei uns hat niemand übernachtet, auf den Eure Beschreibung passt. Der letzte Reisende war ein Franziskanerpater, der auf dem Weg in den Norden gewesen war. Er wollte zu einer Siedlung in den Bergen, wo er einen anderen Franziskaner unterstützen sollte. Die Missionierung der Indios ist eine der wichtigsten und zugleich schwierigsten Arbeiten eines Priesters. Ich hoffe, der junge Mann macht seine Aufgabe gut.«
    Pater Ignazio selbst war beseelt vom Gedanken der Missionierung.
    »Der spanische König und die Kirche wollen, dass wir sämtliche Indios zum Christentum führen. Aber diese Aufgabe braucht keine Gewalt, sondern Geduld, Zeit und viel Liebe.«
    Jana setzte sich auf. Sie selbst war eine Christin, dennoch fragte sie sich, ob es wirklich notwendig war, dass alle Menschen den gleichen Glauben hatten.
    »Es ehrt Euch, dass Ihr die Menschen mit Liebe und nicht mit dem Schwert zum Glauben führen wollt«, sagte Tom. Der Ire war von dem Pater angetan und hing ihm an den Lippen.
    Ignazio lächelte dankbar. »Bis jetzt haben wir bloß genommen, jetzt ist es Zeit, den Menschen etwas zurückzugeben. Was eignet sich besser als der wahre Glaube?«
    Richard schnaufte verächtlich: »Der Glaube stillt keinen Hunger.«
    Sofort warf ihm Tom einen vernichtenden Blick zu. Doch der Pater stimmte Richard zu.
    »Ihr habt völlig recht«, sagte er und nickte bekräftigend. »Deshalb haben wir in diesem Kloster eine Armenküche errichtet. Jeden Abend versorgen wir die Ärmsten der Stadt mit einer warmen Mahlzeit. Jeder kann kommen. Vor Gott sind alle Menschen gleich, und genauso sollten wir es halten. Wir werden die Indios nicht zum Christentum führen, indem wir sie mit dem Schwert zwingen, sondern indem wir sie mit unseren guten Taten von der Richtigkeit der Worte Christi überzeugen.«
    Richard verdrehte die Augen, und Jana hoffte inständig, dass der nette Pater es nicht gesehen hatte. Sie wollte die Nacht in einer sauberen Gästekammer verbringen.
    »Ich würde mich gerne noch weiter mit Euch unterhalten, aber die Arbeit ruft«, entschuldigte sich der Pater, »ich muss noch Süßkartoffeln setzen! Bruder Diego wird Euch in unser Gästezimmer bringen.« Er stand auf und ging langsam in den hinteren Teil des Gartens, wo sich ein großes Gemüsebeet befand.
    Kaum, dass er außer Hörweite war, meinte Richard düster: »Zuerst nehmen sie den Menschen alles weg, was ihnen gehörte, und dann füttern sie sie mit Brotsuppe.«
    »Ignazio hat niemandem etwas weggenommen. Er will die Menschen bekehren, weil er seinen Glauben liebt«, widersprach ihm Tom. »Aber das könnt Ihr nicht verstehen, denn Ihr habt ja keinen.«
    »Das stimmt, ich pfeife auf das ganze Gefasel von Gott und Liebe und Gerechtigkeit.«
    Tom bekreuzigte sich, als wäre Richard der Leibhaftige in Person.
    »Ihr habt nicht nur Euren Verstand, sondern auch Euer Gewissen im Alkohol ertränkt. Man darf Gott nicht beschimpfen.«
    »Natürlich kann ich Gott beschimpfen«, sagte Richard. »Ich spucke auf ihn!« Er bekräftigte seine Worte, indem er tatsächlich ausspuckte.
    »Ihr seid betrunken!«, zischte Tom angewidert.
    »Mag sein, dass ich betrunken bin«, sagte Richard. »Aber einer alten englischen Weisheit zufolge sagen Kinder und Betrunkene stets die Wahrheit.«
    »Am Tag des Jüngsten Gerichts werdet Ihr in der Hölle

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