Der Fluch des Verächters - Covenant 01
sie die Lebensweise der Ranyhyn und das Wissen der Mähnenhüter lernen, schützen sie die Ebenen vor gefährlichem Getier. Ich habe mit ihnen schon viel Zeit verbracht. Sie können sich um eure Pferde kümmern.« Die Seilträger nickten dem Aufgebot höflich zu und begaben sich dann geradewegs zu den Pferden, um deren Verfassung zu untersuchen. »Nun muß ich vorerst Abschied von euch nehmen«, sagte Lithe. »Die Kunde von eurem Kommen muß die Ebenen durchqueren. Die Heimständigen müssen darauf vorbereitet werden. Richtet euch nach Rustah. Er ist seiner Mähnenweihe am nächsten. Heil, Lords! Am Abend des morgigen Tages werden wir miteinander speisen.«
Ohne eine Entgegnung abzuwarten, wandte sich die Mähnenhüterin nach Süden und entfernte sich in schnellem Lauf. Sie bewegte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit; binnen weniger Augenblicke hatte sie einen Hügel überquert und war außer Sicht.
»Es heißt«, bemerkte Mhoram, der ihr nachschaute, zu Covenant, »daß ein Mähnenhüter an der Ranyhyn Seite mitlaufen kann – für kurze Zeit.«
»So heißt es«, sagte hinter ihnen Seilträger Hurn leise. »Und es ist wahr.« Mhoram drehte sich zum Seilträger um. Hurn stand da, als warte er auf eine Gelegenheit zum Sprechen. Er ähnelte in seiner ganzen Erscheinung stark Lithe, bloß hatte sein Haar nicht so lange wachsen dürfen, und seine Gesichtszüge verrieten eine Neigung zur Griesgrämigkeit. »Es gibt ein Kraut, das kann euren Pferden helfen«, sagte er, sobald ihm Mhorams Aufmerksamkeit gehörte. »Ich muß euch jedoch verlassen, um es zu beschaffen.«
»Das Wissen ist dein«, antwortete der Lord leutselig. »Verrichte, was du für am besten erachtest.«
Hurns Augen weiteten sich, als habe er Leuten, die Pferde mißhandelten, soviel Umgänglichkeit nicht zugetraut. Dann grüßte er Mhoram unbeholfen nach Art der Lords. Mhoram vollführte eine Verbeugung nach Ramen-Art. Hurn grinste und wollte soeben davoneilen, als unwillkürlich eine Frage von Covenants Lippen kam. »Warum reitest du nicht? Ihr habt doch die ganzen Ranyhyn.«
Hastig winkte Mhoram, um Covenant zur Zurückhaltung zu mahnen. Aber das Unheil war schon passiert. Hurn starrte ihn an, als habe er eine Gotteslästerung mitanhören müssen, und seine starken Finger rissen das Seil von seinen Hüften; er hielt es zwischen seinen Fäusten, als beabsichtige er Covenant zu erdrosseln. »Wir reiten nicht!«
»Übe Nachsicht, Hurn«, sagte Seilträger Rustah gedämpft. »Der Mähnenhüter hat ihn willkommen geheißen.« Hurn musterte seinen Kameraden, dann knotete er das Seil schroff wieder um seinen Leib. Er machte auf dem Absatz kehrt und war gleich darauf so völlig verschwunden, wie er erschienen war, als habe ihn der Erdboden verschluckt.
Mhoram ergriff Covenants Arm. »Die Ramen dienen den Ranyhyn«, sagte er in ernstem Tonfall. »Das ist der Grund ihres Daseins. Verärgere sie nicht, Zweifler. Sie erzürnen sich rasch – und sind die gefährlichsten Jäger im Lande. Hundert könnten sich hier in Rufweite befinden, ohne daß wir sie bemerken. Wenn sie jemanden zu töten beschließen, stirbt derjenige, ehe er sich's versieht.«
Covenant spürte die Eindringlichkeit der Warnung. Ihr Klang schien das Gras der Umgebung mit unheilvollen Späheraugen zu durchsetzen. Er empfand Argwohn, als wäre sein mit Grün beflecktes Gewand ein Wegweiser für im Untergrund verborgene mörderische Absichten. Er zitterte wieder einmal. Während Hurns Abwesenheit nahmen sich die übrigen Seilträger der Pferde an; sie streichelten sie, ermunterten sie zum Verzehr von Nahrung sowie zum Saufen. Unter ihren Händen kräftigten sich die Tiere zusehends. Offensichtlich davon überzeugt, daß ihre Reittiere sich in guter Obhut befanden, begannen die Lords eine Besprechung mit Quaan und Tuvor; unterdessen machten sich die Krieger an die Zubereitung einer Mahlzeit. Covenant verfluchte den Essensgeruch. Er lag im harschen Gras und versuchte das Nagen der Leere in seinem Innern zu besänftigen, indem er an den Himmel emporstarrte. Seine Müdigkeit holte ihn ein, und er versank in ein kurzes Nickerchen. Bald weckte ihn ein neuer Geruch, der den Hunger in seinen Eingeweiden in Glut zu verwandeln schien. Er stammte von Bündeln saftiger, farniger Blütengewächse, die die Pferde nun hinabschlangen – den heilkräftigen Kräutern, die Seilträger Hurn ihnen gebracht hatte. Sämtliche Pferde standen inzwischen wieder auf den Beinen, und beim Mampfen schienen sie geradezu
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