Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
nach Ramen-Art seinen Respekt. »Wohlgetan«, sagte er. Zum Dank verbeugten sie sich ebenfalls. Als er das Feuer seines Stabes löschte, legte die rote Trübnis sich erneut auf die Hügelkuppe. Die Reiter kehrten zurück zu ihren Pferden. Bannor aber trat zum zuletzt getöteten Wolf und nahm ihm Graces Seil vom Hals. Er nahm es in kämpferischer Haltung zwischen seine Fäuste und straffte es.
    »Eine gute Waffe«, sagte er in seiner plumpen Unrührbarkeit. »Die Ramen taten damit machtvolle Werke in jenen Tagen, als Hoch-Lord Kevin mit der Verderbnis in offenem Kampfe stand.« Irgend etwas an seinem Tonfall erinnerte Covenant daran, daß die Bluthüter starke, gesunde Männer waren, die seit über tausend Jahren ohne Frauen herumliefen. Dann spannte Bannor aufgrund irgendeiner obskuren Anwandlung seine Muskeln, und das Seil riß. Er zuckte verhalten mit den Schultern und warf die Stücke auf den toten Kresch . Seine Geste besaß die Endgültigkeit einer Prophezeiung. Ohne Seilträger Grace eines Blickes zu würdigen, verließ er die Hügelkuppe, um sich auf den Ranyhyn zu schwingen, der ihn auserwählt hatte.

19
     

Ring-Thans Wahl
     
     
    Seilträger Rustah informierte Prothall, daß man nach Ramen-Brauch tote Reißer und Feinde der Ranyhyn den Aasvögeln überließ. Die Ramen verspürten keinerlei Lust, den Kresch auch bloß letzte Ehren zu erweisen oder sich an der Erde zu vergehen, indem man sie begrub, und Scheiterhaufen bedeuteten in den Ebenen Brandgefahr. Daher konnten die Reiter erst rasten, sobald sie weit genug entfernt waren vom Gestank des Todes. Der Seilträger führte das Aufgebot fast noch eine Länge weit südwärts, bis er davon überzeugt war, daß kein nächtliches Lüftchen den Pferden Beunruhigung zutragen könne. Dann lagerte sich das Aufgebot. Covenant schlief unstet, als läge er mit dem Bauch auf einem Keil; und als die Morgendämmerung heraufzog, fühlte er sich so kraftlos, als habe er die Nacht im Ringkampf mit seinem Hunger herumgebracht. Und als seine Nase von neuem den tangigen Geruch der giftigen Amanibavam wahrnahm, fingen seine Augen an zu tränen, als sei er ins Gesicht geschlagen worden. Er bezweifelte, daß er sich noch lange aufrecht zu halten vermochte. Aber ihm fehlte noch die Antwort, deren er so dringend bedurfte. Er hatte keine neuen Erkenntnisse erlangt, und die grüne Handarbeit von Morinmoss auf seinem Gewand blieb unleserlich. Ein sicherer Instinkt sagte ihm, daß er, was ihm fehlte, im Extremzustand des Hungers finden konnte. Als seine Begleiter gegessen hatten und fertig zum Weitermarsch waren, erklomm er stumpfsinnig Duras Rücken und ritt weiter mit. Von Zeit zu Zeit tränten ohne Sinn seine Augen, aber er weinte nicht. Er fühlte sich angefüllt mit gestauter Leidenschaft, doch er wußte kein Ventil für sie. Die Grämlichkeit seiner Leprose gestattete keine derartige Erleichterung. Im Gegensatz zur kalten Asche seiner Gemütsverfassung war der neue Tag heiter, erfüllt mit von Wolken ungetrübtem Sonnenschein und mit lauem südlichem Wind, weitem Himmel und flachen Hügeln. Bald war der Rest des Aufgebots dem Zauber der Ebenen völlig verfallen – einer Verzauberung unterworfen, die ausging vom stolzen Umherstreifen der Ranyhyn. Immer wieder trabten oder galoppierten große Pferde vorüber, betrachteten die Reiter mit Gelächter in den Augen und klaren, silbrigen Lauten in ihren Kehlen. Ihr Anblick beschleunigte den Schritt der Seilträger noch ein wenig, und im Laufe des Vormittags begannen Grace und Thew gemeinsam zu singen:
     
    »Lauft, Ranyhyn,
    galoppiert und tollt,
    futtert und trinkt, und Fellglanz leuchte.
    Ihr seid das Mark der Erde.
    Kein Zügel euch hemmt, kein Zaum euch zähmt,
    keine Klaue, kein Fang euch ungestraft reißt,
    kein Pferdeblut fließt ohne Heilkraut zur Hand.
    Wir sind die Ranyhyn, geboren zum Dienen:
    Mähnenhüter striegeln,
    Seilträger schützen,
    Heimständige warten Feuer und Lager –
    unsre Füße überflügeln nicht unsre Herzen.
    Im Gras gewachsene Hufe, Sternenstirnen,
    Fesseln und Widerriste wie Erd-Holz entsprossen:
    schöngeratene Ranyhyn, galoppiert und lauft –
    wir dienen dem Schweif des Himmels,
    der Mähne der Welt.«
     
    Während des Liedes umtänzelten Ranyhyn die Truppe, ehe sie davonsprengten, so geschmeidig-geschwind fortbrausten, als ob der Erdboden ihnen unter ihren Sprüngen entgegenfließe. In Schaumfolgers Armen rührte sich Pietten und schüttelte seinen ganztägigen Schlaf ab, um mit so etwas wie

Weitere Kostenlose Bücher