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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Mähnenhüter Lithe um, die verblüfft mitten in der Höhle stand. »Mähnenhüter«, sagte er sanftmütig, »du hast deine Sache ausgezeichnet gemacht. Dein Gefühl ist dir getreu – darauf besinne dich nun. Verwirf jeglichen Zweifel. Wir fürchten uns nicht, dir dorthin zu folgen, wohin dein Herz uns führt.«
    Covenant war aufgefallen, daß auch sie die Erheiterung des Aufgebots nicht geteilt hatte. Ihre Augen zeugten von Mißmut; er vermutete, daß ihr schnelles Blut Mhorams vorhin gezeigte Schärfe als Kränkung empfand. Aber sie nickte dem Lord würdevoll zu. »Das ist wohlgesprochen. Mein Verstand rät mir, meinem Herzen zu mißtrauen.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Mein Verstand sagt mir, daß wir in der bisherigen Richtung weiterziehen müssen. Aber mein Herz wünscht dorthin zu gehen.« Sie wies auf eine Tunnelöffnung, die beinahe zurück in die Richtung führte, woher sie kamen. »Ich weiß nicht, wohin«, bekannte sie schlicht. »Das ist neu für mich.«
    Aber Mhorams Erwiderung kannte kein Zögern. »Du bist Mähnenhüter Lithe von den Ramen. Du hast den Ranyhyn gedient. Du kennst Gras und Himmel. Vertrau deinem Herzen.« Nach einem Moment des Nachdenkens nahm Lithe seine Empfehlung an. Zwei Bluthüter halfen Prothall auf die Beine. Indem sie ihn stützten, gesellten sie sich mit ihm wieder zur Truppe; alle folgten Lithe im Vertrauen auf ihren Instinkt in jenen Tunnel. Er war geringfügig abschüssig, so daß sie gut vorankamen. Die Hoffnung beflügelte ihren Schritt, daß ihre Verfolger nicht herausfanden, wohin sie sich gewandt hatten, so daß sie ihnen weder auf direktem Wege nacheilen noch ihnen den Weg verlegen konnten. Aber in der Finsternis und Stille, die alles beherrschten und ausfüllten, ermangelte es ihnen an der kleinsten Ermunterung. Der Tunnel wies keine Abzweigung auf, verlief jedoch so unregelmäßig, als sei er eine Arterie des Berges. Endlich mündete er in eine weite Wahrnehmung leeren Raumes und einen Pfad mit einigen Zickzack-Wendungen, der an einer steilen, gezackten Felswand emporführte. Nun mußte das Aufgebot sich aufwärtsschleppen. Die schwierigen Verhältnisse der Steigung verlangsamten es nicht weniger als die Notwendigkeit des Steigens. Je höher es gelangte, um so merklicher kühlte sich die Luft ab, und um so kräftiger wehte anscheinend ein Wind durch den finsteren Abgrund neben dem Pfad. Aber Kälte und Wind schienen bloß als Gegensatz zu dienen, um das Schweißtriefen und die mühevoll keuchende Atmung zu unterstreichen. Nur die Bluthüter wirkten nicht durch die Strapazen der vielen Tage ausgelaugt, die das Unternehmen nun schon beansprucht hatte; sie klommen beharrlich hinauf, als wäre dieser Aufwärtsweg lediglich eine Variante ihrer eigenen unerschöpflichen Ergebenheit. Ihre Begleiter jedoch waren gegenüber solchen Belastungen anfälliger. Die Krieger und Covenant begannen unterwegs zu humpeln wie Krüppel. Schließlich ordnete Mhoram einen Halt an. Covenant sackte zusammen und setzte sich rücklings an den Fels, der von Schwärze durchwehten, unermeßlichen Höhle zugewandt. Der Schweiß schien ihm auf dem Gesicht zu gefrieren. Man reichte die letzten Nahrungs- und Getränkevorräte herum, aber an diesem vergrabenen Ort schienen beide ihre Eigenschaft verloren zu haben, zu stärken und zu erfrischen – als ob die Dunkelheit der Katakomben letztendlich auch Nährkraft verschlänge. Covenant aß und trank lustlos. Dann schloß er die Lider, um sich die leere Schwärze für ein Weilchen festzuhalten. Aber er sah sie, ob seine Augen nun offen waren oder nicht. Einige Zeit später – Covenant maß nicht länger in Begriffen wie Dauer – vernahm man von Lord Mhoram ein eindringliches Flüstern: »Ich höre sie.«
    Koriks Antwort klang so hohl wie ein Seufzer aus einem Grab. »Ja. Sie folgen uns. Es sind sehr viele.«
    Die Angehörigen des Aufgebots setzten den Aufstieg fort, schlurften dahin wie Gramgebeugte, schleppten sich über die Grenzen ihrer Kraft hinaus aufwärts. Sie fühlten sich schwach aus Unzulänglichkeit, als bewegten sie sich nur noch, weil Mhorams blaue Flamme sie mitriß, sie mitzwang, beschwor, drängte, anfeuerte, ihnen gut zuredete, von ihnen alles anzunehmen sich weigerte außer Duldung und nochmals Duldung. Indem sie jedes Bedürfnis außer der Anforderung des Entkommens mißachteten, stiegen sie weiter. Dann begann der Wind sie selbst zu umheulen, und der Pfad unterzog sich einer Veränderung. Unvermittelt verengte sich der Abgrund; sie

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