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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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lüpfte Cato seine Kopfbedeckung. »Und ausgerechnet jetzt weilt der Pontifex maximus nicht in der Stadt!
    Er ist der einzige, der in einer solchen Sache über die nötige Autorität verfügt.«
    Cicero kam auf uns zu. »Zumindest hätte Caesar die Leute im Griff«, sagte er. »Im Moment sind sie wie eine benommene Herde, aber es wird nicht lange dauern, und wir werden einen nie dagewesenen Tumult erleben! Sie sind völlig panisch!«
    »Es gibt nur einen Menschen, auf den sie hören werden«, sagte ich. »Wartet hier.«
    Ich ging zu der Gruppe der Vestalinnen. Die Virgo maxima war eine betagte Tante von mir und die am meisten verehrte Person in Rom. Priester und Auguren waren in der Hauptsache Politiker und wurden, wenn sie nicht gerade Rituale zelebrierten, auch als solche betrachtet, doch die Vestalinnen waren die Verkörperung Roms an sich.
    »Tantchen«, sagte ich, »du solltest besser ein paar Worte an die Menge richten, bevor sie die Stadt auseinander nehmen.
    Versichere ihnen, daß dieser Fluch sie nicht treffen wird.«
    »Ich kann ihnen nichts dergleichen versichern«, sagte sie.
    »Aber ich werde tun, was ich kann.«
    Sie schritt in die Mitte des Platzes, ehrfurchtgebietend in ihrer strahlend weißen Robe, doch von fast heiterer Gelassenheit. Ein Raunen ging durch die Menge, das aber sofort verstummte, als sie neben die Konsuln trat.
    »Römer!« rief sie. »Unsere uralte und heilige Stadt ist unrein.
    Ich verbiete alle Arbeit, alle Feiern und alle Aktivitäten, die für den unmittelbaren Lebenserhalt nicht unbedingt notwendig sind.
    Alle Opfer, Bestattungen, Freilassungen von Sklaven, Gerichtsverhandlungen und offiziellen Geschäfte jedweder Art sind bis auf weiteres unterbunden.« Sie wandte sich an Crassus.
    »Marcus Licinius Crassus, verlasse die Stadt Rom unverzüglich und trage den Fluch mit dir. Ziehe hinfort, trete das Imperium über deine Provinz an, verfolge alle unsinnigen Ziele, die du möglicherweise im Herzen trägst, aber geh!«
    Crassus war ein Bild der Angst, gemischt mit Wut und Entsetzen. Seine Zähne knirschten vernehmlich. »Dieser Tribun hat mich beraubt!« brachte er schließlich würgend hervor.
    »Heute sollte ein ruhmreicher Tag sein!«
    »Geh!« wiederholte sie kalt. »Das kümmert mich nicht!« rief er der Menge zu. »Er hat mir meine Abreise vergällt, aber ich werde glorreich heimkehren und ihn und alle seine Freunde töten!« Er drehte sich um und ging durch das Tor, wo er von einer kleinen Gruppe Reiter erwartet wurde. Ein großer kollektiver Seufzer entfuhr der Menge.
    »Konsul«, sagte die Virgo maxima zu Pompeius, so laut, daß jeder es hören konnte, »ich weise dich an, eine Plenarsitzung des Senats samt aller priesterlichen Kollegien einzuberufen. Wir müssen einen Weg finden, den Zorn der Götter abzuwenden.«
    »Ihr habt die erhabene Dame gehört«, rief Pompeius. »Alle Senatoren und Priester sofort in die Kurie! Alle anderen Bürger, Ausländer und Sklaven, geht nach Hause, und überlaßt die Angelegenheit den rechtmäßig eingesetzten Instanzen. Hiermit entlasse ich euch!«
    Langsam und ängstlich, aber einigermaßen beruhigt, begann sich die Menge aufzulösen. Die Situation war gerettet. Die Menschen glaubten Pompeius, und jeder verehrte die Vestalinnen.
    Wir gingen den Weg zurück, den wir gekommen waren; ich blickte mich noch einmal um und sah, eingerahmt von der Porta Capena, die kleiner werdende Gestalt Crassus' inmitten seiner berittenen Eskorte. Es war das letzte, was ich von ihm sah.
    Binnen achtzehn Monaten sollte er zusammen mit dem Großteil seiner Armee in einer der größten militärischen Katastrophen der römischen Geschichte den Tod finden. Es war wirklich ein mächtiger Fluch gewesen.
    Die Curia war gerammelt voll, weil viel mehr Senatoren als üblich anwesend waren. Außerdem war es laut. Wenn das gemeine Volk zusah, befleißigten wir uns für gewöhnlich eines ernsten und würdigen Tons, doch wenn wir an einem anderen Versammlungsort zusammenkamen, führten wir uns auf wie die Anhänger gegnerischer Fraktionen im Zirkus. Die Virgo maxima, ein seltener Gast in der Curia, saß, von einem einzelnen Liktor begleitet, neben Pompeius.
    Pompeius erhob sich von seinem kurulischen Stuhl, und der Raum verfiel in Schweigen. Nun ja, zumindest beinahe. Es war schließlich immer noch der Senat.
    »Senatoren«, begann er, »heute hat Rom ein noch nie dagewesenes Unglück erlebt. Ein Mann, dem keine gesetzliche Instanz etwas anhaben kann, hat innerhalb des

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