Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Pomerium und vor dem versammelten Volk ungebeten eine schreckliche Zeremonie zelebriert. Die höchsten religiösen Instanzen müssen die möglichen Auswirkungen deuten und geeignete Gegenmittel aufzeigen, bevor wir uns auf konkrete Maßnahmen festlegen.
    Keiner der Anwesenden darf außerhalb dieser Kammer über unsere Überlegungen sprechen. Es wird nur ein einziger Bericht abgefaßt, der dem Pontifex maximus, Gaius Julius Caesar, versiegelt überbracht wird. In seiner Abwesenheit wird als erstes die nächsthöhere Autorität zu uns sprechen. Rex sacrorum, der Senat hört deine Worte!«
    Pompeius setzte sich wieder auf seinen Platz, und der König der Opfer erhob sich von seiner Bank in der ersten Reihe und wandte sich der Versammlung zu. Er war ein älterer Herr namens Lucius Claudius und bekleidete das Amt, seit er ein junger Mann war.
    »Senatoren«, sagte er, »ich war bei dieser Entweihung der Stadt nicht zugegen, doch der Fluch ist mir in allen Einzelheiten von Kollegen berichtet worden. Seid versichert, daß es sich um einen Fluch handelt, der mit Sicherheit auf denjenigen zurück fallen wird, der ihn ausgesprochen hat, und der darüber hinaus ausreicht, die Stadt Rom selbst zu zerstören. Unsere Stadt und unser Volk sind rituell entweiht worden und damit für die unsterblichen Götter verabscheuungswürdig!« Diese Erklärung war so schrecklich, daß der ganze Senat tatsächlich eine Weile verstummte. »Sag uns, was wir zu tun haben«, sagte Pompeius furchtsamer, als er es je in einer Schlacht gewesen war.
    »Zuallererst muß es sofort ein Lustrum geben. Censoren!«
    Servilius Vatia und Messala Niger erhoben sich. Vatia war sowohl Pontifex als auch Censor. »Habt ihr die Opfer für das Lustrum ausgewählt, wie euer Amt es verlangt?«
    Messala, der jüngere der beiden, antwortete: »Das Ritual wird immer im Mai zelebriert. Wir waren zu sehr mit dem Census beschäftigt, um nach Opfertieren Ausschau zu halten.«
    »Dann schickt unverzüglich eure Assistenten los. Das Ritual muß morgen vor Sonnenaufgang beginnen und bis Sonnenuntergang beendet sein!« Vatia sagte: »Das sollte mehr als genug Zeit...«
    »Du mißverstehst mich«, unterbrach der Rex sacrorum ihn.
    »Ich spreche nicht von einem konventionellen Lustrum. Die ganze Stadt muß gereinigt werden, bevor wir unsere Beziehungen zu den Göttern wieder aufnehmen können. Das heißt, die Opfertiere müssen nicht nur um die auf dem Marsfeld versammelten Bürger getragen werden, sondern um die ganze Servianische Mauer! Und zwar dreimal!«
    Ein großes kollektives Stöhnen war zu hören. Das war eine herkulische Aufgabe, doch niemand dachte daran zu widersprechen. Wenn ein derart mächtiger Fluch über uns lag, reichten bloße Formalitäten nicht aus, die Götter zu beeindrucken. Die Männer, die diese Aufgabe zu bewältigen hatten, taten mir jetzt schon leid. Pompeius muß meine Gedanken gelesen haben.
    »Das Volk muß sehen, wie ernst wir die Angelegenheit nehmen«, erklärte der Konsul. »Ich möchte, daß die Tiere von Senatoren getragen werden! Jedes Mitglied dieser Körperschaft, das jünger als vierzig Jahre ist, und vor allem diejenigen, die in jüngster Zeit vom Militärdienst heimgekommen sind, melden sich nach Beendigung dieser Debatte beim Rex sacrorum!« Ich schloß die Augen und vergrub mein Gesicht in den Händen. Ich hätte in Gallien bleiben sollen.
    Pompeius erteilte Cato das Wort. »Ich denke«, erklärte jener, »daß wir die Wiederbelebung der alten Sitte des Menschenopfers in Erwägung ziehen sollten. Das würde sowohl den Göttern als auch unseren Vorfahren gefallen.«
    »Typisch Cato«, murmelte ich, weil diese neueste Entwicklung mich vorübergehend von meiner bevorstehenden Tortur ablenkte.
    Cicero stand auf, und an seinem bösartigen Lächeln erkannte ich, daß er genau auf diesen Vorschlag Catos gewartet hatte.
    »Mein gelehrter Kollege, Marcus Porcius Cato, hat eine interessante Frage aufgeworfen. Obwohl Menschenopfer, wie wir alle wissen, vor vielen Jahren durch ein Senatsdekret verboten worden sind, sind sie doch in Zeiten ganz besonderer Gefahr für den Staat hin und wieder reaktiviert worden. Dieser spezielle Anlaß wirft jedoch gewisse Probleme bezüglich der Wahl eines geeigneten Opfers auf. Die früheren Opfer waren ausländische Gefangene oder verurteilte Straftäter. Dieser jüngste Frevel hat jedoch sämtliche obersten Gottheiten des Staates beleidigt, und sie würden ein solches Opfer mit Verachtung betrachten. Im

Weitere Kostenlose Bücher