Der Fluch des Volkstribuns
euch einen guten Abend. Noch einmal, gut gemacht. Das war ein hartes Stück Arbeit. Wir hätten es wahrscheinlich nicht geschafft, wenn nicht vier der von mir in die Kommission berufenen Männer die Opfersänfte die vollen drei Runden getragen hätten.
Das wirkt noch immer besänftigend. Aber die Sache ist noch lange nicht gelaufen.«
Clodius wandte sich einigen seiner Männer zu. »Ihr da, schleppt dieses Aas zum Tempel. Aber anständig.«
Ich richtete das Wort an die übrigen Umstehenden. »Weiß einer von euch, wo er gefunden wurde?«
Vetilius kam auf mich zu. »Ich habe gehört, daß ein paar Fischer ihn kurz vor Einbruch der Dunkelheit am Ufer des Flusses gefunden haben. Leichen im Tiber sind zwar keine Seltenheit, doch nach dem Fluch kannte jeder in Rom diese Robe. Sie haben die Torwache alarmiert, und bald hatte sich die Nachricht in der ganzen Stadt verbreitet.«
»Weißt du, an welchem Ufer sie ihn gefunden haben?« wollte ich wissen.
Er zuckte mit den Schultern. »Das habe ich nicht mitbekommen, aber es waren die Fischer, die man abends immer mit Netzen und Fackeln zwischen der sublicischen und der aemilischen Brücke sieht.«
»Dann weiß ich, wen ich fragen muß. Danke.« Ich wandte mich an Hermes. »Komm mit.«
»Wohin gehen wir?«
»Ich gehe nach Hause ins Bett«, erklärte ich ihm. »Und du gehst zu Aurelias Sommerhaus und berichtest Julia, daß es mir gut geht.«
»Allein komme ich nicht durchs Stadttor«, bemerkte er.
»Aber mach dir keine Sorgen. Sie wird Cypria auf dem Dach postiert haben, um nach Feuern in der Stadt Ausschau zu halten.
Solange keine Gebäude brennen, wird sie wissen, daß alles ruhig ist.« Der Junge war ein absolutes Genie, wenn es um die Vermeidung von Anstrengungen ging.
»Vermutlich hast du recht«, stimmte ich ihm zu. »Wenn du morgen früh zur Ludus gehst, bitte Asklepiodes, mich schnellst möglich im Tempel der Venus Victrix zu treffen.«
»In Ordnung.« Er gähnte, als wir nach Hause trotteten. »Das hier ist viel aufregender als Gallien.«
»Keine Ruhepause für einen Diener des Senates und des Volkes«, sagte ich.
Jetzt hatte ich gleich zwei heikle Ermittlungen zu führen.
Doch ich wußte, mit der Lösung des einen Falles würde ich auch den anderen aufgeklärt haben.
IX
Der Abschnitt des Tibers zwischen der aemilischen und der sublicischen Brücke ist reich an Geschichte, denn er war häufig Schauplatz legendärer Schlachten. Die Gegend ist auch reich an Gestank, denn zusammen mit einigen kleineren Kanälen mündet an dieser Stelle der große Abwasserkanal, die Cloaca maxima, in den Fluß. Auch der angrenzende Viehmarkt und der Circus Maximus mit all seinen Stallungen mußten täglich gereinigt werden, und wenn man die Restprodukte nicht als Dünger an Bauern verkaufen konnte, wurden sie in das schlammige Wasser zwischen den beiden Brücken gekippt.
All diese Anreicherungen des ansonsten nährstoffarmen Wassers führten zu reichhaltigen Fischschwärmen, die diesen Flußabschnitt zwischen den beiden Brücken zum besten Angelplatz der Stadt machten. Die Fischerei wurde von einigen wenigen Familien beherrscht, die ihr Territorium über Generationen gegen Eindringlinge verteidigt hatten. Sie hatten ihre eigenen Bräuche, opferten ihren eigenen Göttern und natürlich Tiberinus, dem personifizierten Fluß. Sie sprachen sogar einen eigenen Dialekt.
Es gab, grob gesagt, drei Gruppen von Familien: diejenigen, die mit Ruten an den Brücken und Ufern angelten, diejenigen, die tagsüber mit Booten und Netzen fischten, und diejenigen, die das nachts im Schein der Fackeln taten.
Ich saß in der Morgendämmerung nach dem Beinaheaufstand wartend am Ufer, dankbar, daß die Kälte des Winters den Gestank in Grenzen hielt. Die Tagesfischer machten gerade ihre Boote zum Ausfahren fertig, als die Nachtfischer anlegten. Als sie ihren Fang ausluden, sprach ich einen älteren Mann an, der für mehrere der Boote verantwortlich zu sein schien. »Ich bin Decius Metellus, eingesetzter Judex zur Untersuchung des Mordes an dem Tribun Ateius. Ich muß den Menschen sprechen, der die Leiche gefunden hat.«
Der grauhaarige Fischer sprach langsam, und ich will gar nicht erst versuchen, seinen Flußfischer-Dialekt wiederzugeben.
»Der junge Sextus, den wir die Grille nennen, hat die Leiche entdeckt, und dann sind wir alle an die Stelle gerudert, um nach zu sehen. Wir hätten sie bis zum Morgen liegenlassen und dann Meldung erstattet, doch der andere Sextus, den wir den Flicker
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