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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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schließen, dass sie im sechsten oder siebten Monat schwanger war. Sie hatte schmale, helle Augen und hohe Wangenknochen.
    »Danke, Irina.«
    »Sind Sie verheiratet, Dottore?«
    »Witwer. Meine Frau ist vor drei Jahren von mir gegangen, nach fast vierzig Jahren Ehe.«
    Nelly wusste nicht warum, doch das Privatleben des Arztes interessierte sie brennend. Sie heuchelte Anteilnahme.
    »Das tut mir aber leid. Hatten Sie Kinder?«
    Der Arzt verzog keine Miene. Er schien alles daranzusetzen, sich kollaborativ und gewissenhaft zu zeigen.
    »Einen Sohn. Er ist sechsundzwanzig, Severo, er hat gerade seinen Abschluss in Informatik gemacht. Wir haben ihn spät bekommen, aber das Glück ist uns hold gewesen. Er ist ein großartiger Junge.« Verstohlen schielte er über den Tassenrand zu Nelly hinüber.
    »Sie als Freund, haben Sie bemerkt, dass Giacomo Pisu vor seinem tödlichen Unfall nervös war? Besorgt?«
    Sanmarco dachte über die Frage nach, die ihn allerdings nicht überrascht zu haben schien. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Giacomo war keiner, der sich etwas anmerken ließ, selbst wenn er besorgt gewesen wäre ... Er war hart im Nehmen. Ein Kämpfer.«
    Nelly versuchte eine andere Taktik.
    »Soweit ich weiß, kennen Sie Maria Grazia Pisu von Kindesbeinen an. Ohne Ihrer Schweigepflicht zu nahe treten zu wollen, was halten Sie von ihr? Was für eine Frau ist sie? Als ich sie kennengelernt habe, schien sie sehr verklemmt und verschüchtert zu sein, inzwischen wirkt sie wie ausgewechselt. Nach den Tragödien ist sie wie verwandelt. Wie befreit von einer Last.«
    Attilio Sanmarco ließ sich von den offenkundigen Anspielungen nicht aus der Ruhe bringen. Er machte ein konzentriertes Gesicht wie ein braver Schüler bei einer Prüfung.
    »Magraja hatte einige Probleme. In der Familie war sie nie besonders gut gelitten, dabei ist sie eine sensible, intelligente Frau. Der Einzige, der sie ernst nahm, war der Vater. Ich glaube nicht, dass sie bewusst erfreut über das Ende der Brüder oder das Verschwinden der Schwester ist, sie ist ein zu anständiger Mensch und hätte große Gewissensbisse. Aber natürlich ist der Druck weg, den die Verwandten ständig auf sie ausgeübt haben, und vielleicht ist ihr das gar nicht so klar, wer weiß. Familien sind Welten voller Geheimnisse ...«
    »Da hast du allerdings vollkommen recht, Papa.«
    Dottor Sanmarco fuhr zusammen. Nelly und Gerolamo sahen einen großen, dunkelhaarigen Mann eintreten, der ein mehr als spöttisches Gesicht machte.
    »Darf ich Ihnen meinen Sohn Severo vorstellen? Severo, das sind Commissario Nelly Rosso und ihr Assistent Privitera von der Genueser Polizei. Sie sind hier, um im Fall der Pisus zu ermitteln.«
    Er warf dem Neuankömmling einen nervösen Blick zu und schien nicht sonderlich erfreut zu sein, ihn ausgerechnet jetzt zu sehen. Mit dem Eintreten des jungen Mannes hatte sich eine Spannung eingestellt, als stünde ein Gewitter bevor. Nelly war beeindruckt von dem jungen Sanmarco. Mann, sieht der geil aus, würde Monica sagen. Der ist ja noch mindestens zehn Zentimeter größer als sein schon recht stattlicher Vater, und dazu noch sportlich, muskulös und extrem attraktiv. Severo Sanmarco trat auf sie zu und gab ihr die Hand. Er hatte hellbraune Augen und lange, gebogene Wimpern, die einer Frau alle Ehre gemacht hätten. Er strahlte Kraft und Entschiedenheit aus.
    »Tatsächlich? Ich dachte, Sie sind hier, um ein bisschen über die Geschehnisse in der Bolzaneto-Kaserne und der Diaz-Schule während des G8-Gipfels zu plaudern. Der Prozess steht nämlich kurz vor dem Abschluss. Übrigens, waren Sie da? Wie, glauben Sie, wird diese Geschichte enden, Commissario?« Er bleckte die schönen weißen Zähne zu einem Lächeln, das aussah, als wollte er gleich zubeißen.
    Gerolamo richtete sich in seinem Sessel auf, Nelly war von der unvorhergesehenen Attacke einen Moment lang aus dem Konzept gebracht worden. Die Anspielungen auf die Geschehnisse in Genua 2001 waren für einen Polizisten ein wunder Punkt. Sie wollte gerade antworten, doch Attilio Sanmarco war schneller. Seine Stimme und sein Blick waren um ein paar Grade kälter geworden.
    »Diese Unhöflichkeit gegen unsere Gäste erscheint mir mehr als unangebracht, Severo.« Er wandte sich wieder an Nelly, der es inzwischen gelungen war, ihre Hand dem Griff des jungen Mannes zu entwinden.
    »Bitte verzeihen Sie, Dottoressa. Er war bei einer friedlichen Demonstration dabei, und Freunde von ihm, darunter auch ein

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