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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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die Menopause. Wen kratzt’s, solange man liebt und gesund ist?
    Unterdessen war sie beim Palazzo Ducale angekommen. Voller Bewunderung für dieses erstklassig restaurierte Bauwerk durchquerte sie die riesige Eingangshalle. Ein Architekturstudium hätte ihr auch gefallen. Sie erreichte den Aufzug und fuhr in den obersten Stock. Leider konnte man zu dieser Jahreszeit nicht draußen auf der herrlichen Terrasse im Schatten des Grimaldina-Turms essen. Doch auch innen war das Lokal für einen besonderen Abend gut (wenn man einen Abend mit Luca denn so bezeichnen mochte): gedämpftes Licht, schlichte, elegante Einrichtung. Während sie noch daran dachte, wie sehr ein solches Diner ihre prekären Finanzen in Gefahr brächte, entdeckte sie Luca. Ein Kellner kam ihr entgegen, sie deutete auf den Tisch, und der Mann führte sie beflissen an ihren Platz und zog ihr den Stuhl zurück, während Luca sich erhob, um sie zur Begrüßung auf die Wange zu küssen. Der Richter hatte einen guten Platz gewählt: direkt neben der breiten Fensterfront, weit ab vom Inneren des Lokals und der Tür. Auch von hier aus konnte man einen Ausschnitt des Panoramas erhaschen, das die Terrasse bot.
    Luca lächelte sie an, ein herzliches und ein wenig schüchternes Lächeln. Das nur ihr gehörte. Ansonsten war Richter Ferrari alles andere als schüchtern. Er galt als harter Knochen. Der Kellner hatte ihr den Mantel abgenommen, und so blieb Nelly nichts weiter übrig, als sich in dem kleinen Polstersessel bequem zurechtzusetzen und ebenfalls zu lächeln. Das Tête-à-Tête mit Luca machte sie leicht befangen, obgleich sie in all den Jahren kaum an ihre kurze Affäre gedacht hatte und sie beruflich recht häufig miteinander zu tun gehabt hatten. Er hatte sich stets tadellos benommen. Jetzt fragte sie sich, ob sich hinter seiner Gentlemanfassade doch mehr verbarg, als sie ahnte – Groll? Wehmut? –, oder wirklich nur die Gleichgültigkeit der Zeit, die sich über alles legt. Für einen Moment war sie drauf und dran, ihn zu fragen, doch sie fand nicht die richtigen Worte. Der Dialog zwischen ihnen war eingespielt, bewegte sich auf sicheren Bahnen, weitab von emotionalen Fallstricken. Unsere Vergangenheit sparen wir lieber aus.
    Die Unterhaltung plätscherte dahin, ohne dass Nelly den Zweck ihres Treffens für einen Moment aus den Augen gelassen hätte, derweil Luca sich gar nicht mehr daran zu erinnern schien. Dem Champagner folgte ein Antipasto von Jakobsmuscheln. Während sie sich an das Trüffel-Risotto machten, sprach Nelly das Thema an, das ihr am Herzen lag, und fragte Luca, was er von Avvocato Pisu hielt. Was für ein Mensch er gewesen sei. Das Schweigen, das ihrer Frage folgte, überraschte sie. Eifrig und konzentriert kaute der Richter auf seinem Risotto herum. Dann tupfte er sich den Mund mit der Serviette ab und blickte sie ohne eine Spur von Schüchternheit oder Herzlichkeit an.
    »Wieso interessierst du dich für Anselmo Pisu, Nelly?«
    Verblüfft über den eisigen, forschenden Ton flatterte Nelly mit den Lidern. Was steckte hinter dem Tod von Sandras Cousin? Sollte sie Luca alles sagen? Ohne auf ihre warnende innere Stimme zu hören, entschied sie sich dafür.
    »Erinnerst du dich an Sandra Dodero, meine Journalistenfreundin, die beim ›Secolo‹ arbeitet?«
    »Sandra Dodero? Aber natürlich erinnere ich mich an sie. Die beherrscht ihr Metier, auch wenn sie manchmal eine echte Nervensäge ist. Was hat die Dodero mit Anselmo Pisu zu tun?«
    »Er war ihr Cousin. Also kein berufliches Interesse ihrerseits. Aber das ist nicht alles.«
    Nelly legte fast alle Karten auf den Tisch. Sie erzählte von den Befürchtungen der Angehörigen, insbesondere von Marilena Pizzi, der Tod des Anwalts könnte kein Unfall gewesen sein. Allerdings erwähnte sie weder den Tod des Vaters noch den Drohbrief, den Marilena in der Schreibtischschublade gefunden haben wollte. Als sie zu Ende geredet hatte, saß Luca einen Moment lang schweigend da und sah sie über den Tisch hinweg an. Unterdessen hatte der Kellner die leeren Risotto-Teller abgeräumt und den Hummer alla Catalana gebracht. Nelly bedauerte, dass sie mit dem Thema nicht bis zum Ende des Essens gewartet hatte, aber nun war es zu spät. Sie widmete sich dem Hummer, damit Luca sich auf eine Antwort besinnen konnte. Doch er machte keinerlei Anstalten zu reagieren. Ungefähr eine Viertelstunde später – sie waren bereits beim Birnensorbet angelangt – kam schließlich ein Lebenszeichen.
    »Anselmo Pisu

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