Der Fluch vom Valle della Luna
Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ein weiterer treuer Verehrer, der sich verabschiedet. Ein neuer Anfang ... Und wieso nicht? Du bist echt egoistisch, Nelly. Soll sich der arme Kerl etwa ein Leben lang nach dir verzehren?
»Das freut mich wirklich sehr für dich. Ja, ich kenne Fiorenza De Mattei, aber nur sehr flüchtig. Sie scheint eine wirklich gute Anwältin zu sein. Sieht auch super aus.«
Ihre Stimme klang flach, trotz der Herzlichkeit, die sie hineinzulegen versuchte. Vor Nellys Augen erschien eine schlanke, rothaarige Frau, rothaarig, wie ich! , nicht wirklich hübsch, aber mit dem gewissen Etwas, das sie vom Gros ihrer Kolleginnen abhob. Schau an, der Luca. Und ich wollte seine Ehe retten.
»Ja, es ist großartig, wenn man wieder zu leben beginnt. Jahrelang«, vielsagender Blick, o nein! , »habe ich nicht richtig gelebt. Die Liebe ist für jeden wichtig, auch für reife, langweilige Richter wie mich.« Er lachte.
Nelly wurde die Engherzigkeit ihrer Reaktion bewusst. Jetzt griff sie nach seiner Hand. Ihre Stimme klang warm und aufrichtig.
»Ich freue mich wirklich sehr für dich.« Unwillkürlich entfuhr ihr ein Seufzer. »Es gibt nichts, was dem Leben mehr Sinn verleiht als die Liebe, auch wenn das verdammt nach Glückskeks-Zettelchen klingt.«
Später brachte Luca sie nach Hause. Langsam schlenderten sie nebeneinander her. Vor Nellys Haustür verabschiedeten sie sich mit einem Kuss auf die Wange. Ohne zu wissen, warum, kam es Nelly vor wie ein Lebewohl. »Die werden anfangen zu ermitteln ... Überall herumschnüffeln... glaubst du, dass ...« »Hör auf, dir Sorgen zu machen. Sollen sie doch ermitteln. Die werden sich die Zähne ausbeißen. Falschen Fährten folgen und nichts rauskriegen. Wie sollten sie auch?« »Stimmt, wie sollten sie auch.«
VII
Tano war nervös. Er blickte noch nicht einmal auf, als Nelly vor ihm stand und ihm einen Kaffee hinhielt, sondern riss ihr nur die Tasse aus der Hand und kippte den Inhalt in einem Schluck hinunter.
»Widerlich. Nach Neapel müsste man die schicken, damit sie lernen, anständigen Kaffee zu machen.«
Eine widerspenstige Strähne fiel ihm in die Stirn. Er trug ein hellblaues Button-down-Hemd, Tweedjackett und graue Hosen. Keinen Schlips. Mit einem Stich im Herzen stellte Nelly fest, dass er für sie der bestaussehende Mann der Welt war. Sie schluckte.
»Glaubst du wirklich, Volponi hat Rivelli und dich wegen dieser schwammigen Pisu-Geschichte einbestellt? Merkwürdig.«
»Was weiß denn ich, verdammt? Der nervt doch immer. Wenn er anruft, gibt’s Stress, und er hat die Affäre um die Global-Bank durchblicken lassen.«
Nur selten geriet Tano über den Polizeipräsidenten derart in Rage, irgendetwas lag ihm offenbar gehörig quer. Suchend blickte er sich nach einem Gegner um, den er in Stücke reißen konnte. Er war aufgestanden, tigerte in seinem Büro auf und ab und warf Nelly grimmige Blicke zu, die gerade den letzten Schluck ihres tatsächlich nicht sonderlich schmackhaften Kaffees hinunterkippte. Schließlich blieb Tano anklagend vor ihr stehen.
»Die Verabredung gestern Abend war also mit deinem netten Freund Luca. Ich wette, ihr habt über Avvocato Pisu geredet. Außerdem musste ich erfahren, dass du die Nase in die entsprechende Akte gesteckt und darüber mit Rivelli geredet hast. Kannst du mir verraten, warum du die Sache nicht mit mir besprochen hast, obwohl ich drei Türen weiter sitze? Na? Mit mir, deinem direkten Vorgesetzten, der dich zur Beisetzung mitgenommen hat ... und überhaupt?«
Paolo, du mieses Aas, musstest du das Tano stecken? Nelly fühlte sich dermaßen ertappt, dass ihre gewohnte Schlagfertigkeit sie im Stich ließ.
»Ich hab das nicht für wichtig gehalten. Meine Freundin Sandra ist die Cousine des Toten, und Rivelli hat dich bestimmt über alles informiert, Drohbriefe eingeschlossen. Sandra hat mich als Freundin angerufen, um meine Meinung zu diesen Briefen zu hören. Und was Luca betrifft, er kannte Anselmo Pisu gut, und ich wollte von ihm wissen, was für ein Typ der berühmte Anwalt war. Stattdessen kommt heraus, dass vielleicht der Skandal um die Global-Bank dahintersteckt. Was wusste ich denn schon von den Hintergründen, die angesichts der derzeitigen Sachlage wohl eher wilde Vermutungen sind? Ich hätte es dir heute Morgen eh gesagt, es gibt also keinen Grund, so sauer zu werden.«
Er warf einen nervösen Blick auf seine Armbanduhr, der Wanduhr traute er offenbar nicht, und das aus gutem Grund.
»Es ist so
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