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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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das Tano ausgesucht hat, befindet sich im ersten Stock eines alten Granithauses direkt hinter der Piazza. Da Basile nicht vorgesehen war und Tano nicht für ihn reserviert hat, bringt ihn die Wirtin, eine attraktive, freundliche Frau um die fünfzig, im Haus von Freunden unter, die gelegentlich ihre Zimmer vermieten. Die drei stellen das wenige Gepäck in den Zimmern ab und treffen sich kurz darauf auf der Piazza. Was jetzt? Vielleicht die wenig erbauliche Begegnung mit Commissario Musso wiederholen und sich auf die örtliche Carabinieriwache begeben, um etwas über die Familie Pisu zu erfahren? Ein solches Treffen am Tag reicht, findet Nelly. Sie beschließen, sich ein wenig umzusehen und den Besuch bei den Ordnungshütern auf den nächsten Tag zu verschieben. Dann geht jeder seiner Wege.
    Luras ist ein großes, wohlhabendes, von Ackerland umgebenes Dorf. Vielleicht war es früher noch größer, es gibt sogar eine Mittelschule und ein Institut für Korkverarbeitung. Viele der alten Häuser sind restauriert, andere werden gerade saniert, wieder andere sind verrammelt und möglicherweise nur im Sommer bewohnt. Vor der offenbar beliebtesten Bar hat sich eine Gruppe Jugendlicher versammelt, einige hocken auf ihren Mopeds und starren Nelly an wie eine Erscheinung. Nelly schlendert durch die engen, steilen Gassen und erreicht einen zweiten Platz im oberen Teil des Dorfes. Staunend blickt sie sich um. Ein bezaubernder Ort. Die wuchtige romanische Kirche aus Granit, links davon das Baptisterium im gleichen Stil. Beides ist geschlossen. Es ist ziemlich warm, eine angenehme Wärme, die die Erinnerung an den grauen ligurischen Frühling vergessen lässt. Sämtliche Straßen münden auf den Kirchplatz. Hinter der Kirche gelangt man zu einem Aussichtspunkt, von dem aus der Blick über das Tal und die Felder geht. Dahinter die Berge. Eine leichte Brise bringt einen intensiven Duft mit sich, den Nelly nicht benennen kann. Manche Häuser sind zwei- oder dreigeschossig und sehen herrschaftlich aus, andere sind schlicht und einstöckig. Ein alter Mann geht an ihr vorbei und grüßt höflich. Kurz darauf hört sie ihn mit einem jungen Mädchen scherzen, das ihm entgegenkommt. Im Sonnenlicht wirkt Luras belebt und gesellig.
    Nelly wirft einen Blick in die Ortsbeschreibung, die sie sich aus dem Netz geholt hat. In den einstöckigen Häusern wohnte das Volk und in den zwei- und mehrstöckigen Grundbesitzer und Bürgertum. Unweit des Dorfes befinden sich Dolmen, ein Gigantengrab und einer jener tausendjährigen Oleasterbäume, von denen Basile gesprochen hat. Sie holt die kleine Panasonic aus der Tasche und macht ein paar Fotos, um die Atmosphäre festzuhalten und sich dann noch einmal in Ruhe im Dorfkern umzusehen. Wer weiß, welches Haus den Pisus gehörte. Und die Apotheke von Sandras Großvater Rodolfo und ihrem Urgroßvater Anselmo? Die muss auch irgendwo sein. Die Seccis hatten sie übernommen ...
     
    Da ist sie. Nelly ist den Wegbeschreibungen einer Passantin gefolgt und steht nun vor der Apotheke. Sie liegt am Anfang einer Seitenstraße, die von der ersten Piazza abgeht. Das Gebäude ist zweigeschossig und uralt, die Apotheke hingegen supermodern, allein die geschnitzten hölzernen Fenster- und Türrahmen sind darin noch original. Eine kleine Koketterie. Ansonsten könnte sie genauso gut in Mailand oder jeder anderen Stadt stehen. Kundenorientierte Einrichtung, Tiermedizin, Kinderheilkunde, Schönheitspflege, Alternativmedizin, Homöopathie und so weiter. Während Nelly sich neugierig umschaut, reißt eine Stimme sie aus ihren Gedanken.
    »Kann ich Ihnen helfen, Signora?«
    Hinter dem Tresen steht eine schlanke, blonde junge Frau in weißem Kittel und sieht sie aufmerksam an. Während Nelly noch fieberhaft überlegt, was sie kaufen könnte, um mit der jungen Apothekerin ins Gespräch zu kommen, betritt eine alte Frau mit einem Stapel Rezepte den Laden, und Nelly lässt sie vor. Avocadocreme, Aloe-Vera-Creme, Honigcreme ... Unwillkürlich fährt sich Nelly mit der Hand übers Gesicht und entscheidet sich für die Honigcreme, die wahre Wunder für trockene Haut verspricht, und für eine Jojobacreme, die den Körper jugendlich hält. Sie geht zum Tresen und wartet. Die Alte wirft ihr einen neugierigen Blick zu. Dann greift sie nach der vor Medikamenten berstenden Einkaufstüte, verabschiedet sich – »Ciao, Monica, grüß mir Antonio«, »Auf Wiedersehen, Signora Amalia«, und geht zögernd hinaus. Vielleicht hätte sie gern

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