Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
von deiner Familie. Ich kann’s verstehen.«
»Wirklich?« Sie betrachtete ihn nachdenklich.
»Doch, wirklich.« Er setzte sich auf, so daß ihm das Wasser von den Schultern und Armen herablief, und streckte die Hand nach den Handtüchern aus. Sie reichte ihm eins. »Ich kann auch verstehen, daß es nicht leicht für dich ist zu sehen, daß Lyn soviel Zeit mit den beiden Jungs verbringt, während du dich zum Schreiben ins Arbeitszimmer zurückziehen mußt.«
»Ich habe Angst, daß der Roman nicht gut wird.«
»Er ist gut. Schließlich haben die Leute schon einen Teil davon gesehen und wissen, was passieren wird. Das Buch wird großartig werden.«
»Glaubst du das wirklich?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich weiß es.« Er stand auf, wickelte sich in das Handtuch und legte den Arm um sie. Sie fühlte sich geborgen in der warmen, dampfenden, nach Seife duftenden Umarmung. »Vergiß die Gespenster, Liebes. Es gibt sie nicht. Nicht im wirklichen Leben. Sie sind ein großartiger Stoff für Schriftsteller und Historiker und alte Dorfweiber, und sogar für pensionierte Pfarrer, die nach einer Betätigung als Exorzist suchen, aber im wirklichen Leben tauchen sie nicht auf. Auf keinen Fall. O. k.?«
Sie lächelte gezwungen. »O. k.«
»Also, jetzt ziehe ich mich an, und dann gehen wir nach unten und stoßen an auf die Firma Belheddon und die Verwirrung der Gespenster aus alter Zeit. In Ordnung?«
»In Ordnung.«
Toms erster Schrei riß Joss gewaltsam aus ihrem Traum. In kürzester Zeit war sie aufgestanden und auf dem Weg in sein Zimmer. Hinter ihr erschien Lyn im Flur; sie zog sich noch den Morgenmantel über.
Tom stand mitten im Zimmer. Joss war als erste bei ihm und nahm ihn hoch.
Schluchzend klammerte sich das Kind an sie. »Tom-Tom fallen. Tom-Tom auf Boden fallen.« Er verbarg seinen Kopf an ihrem Hals und versteckte sich hinter ihren langen Haaren.
Lyn klappte das Seitengitter herunter. »Zum Donnerwetter, Joss! Du hast das Gitter nicht richtig einrasten lassen. Der arme Tom hätte sich entsetzlich weh tun können.« Ärgerlich richtete sie das zerwühlte Bett.
»Natürlich habe ich es richtig einrasten lassen. Ich sehe immer doppelt nach.« Joss bedachte ihre Schwester über Toms Kopf hinweg mit einem wütenden Blick.
Lyn rümpfte die Nase. »Wenn du meinst.« Mit raschen Bewegungen strich sie das Laken glatt und schlug die Decke zurück. »Komm, Tom-Tom, jetzt sehen wir mal, ob wir dich wickeln sollen, bevor ich dich wieder ins Bettchen bringe.« Sie streckte die Arme nach ihm aus, und Joss fühlte, wie sich sein Griff um ihren Hals lockerte. Sie hielt ihn fest. »Tom-Tom, bleib bei Mummy«,
sagte sie entschlossen. »Laß nur, Lyn. Ich mach das schon. Geh ins Bett.«
»Warum? Ich tu’s gern.«
»Ich weiß, und vielen Dank, aber ich möchte es gerne selbst machen.«
Lyn ließ Tom schließlich los und trat zurück. »Also gut, wenn du willst. Soll ich nach Ned sehen?«
»Nein. Ich kümmere mich um ihn, wenn ich mit Tom fertig bin. Es ist ohnehin bald Zeit, ihn zu stillen. Geh ins Bett, Lyn.«
Sie setzte den kleinen Jungen auf die Wickelunterlage und knöpfte den Pyjama auf. Er schniefte noch immer herzzerreißend, als sie ihn hinlegte und seine Hose abstreifte im Wissen, daß Lyn noch in der Tür stand. Halb unter der Plastikwindel verborgen, bildete sich auf seinem Oberschenkel ein riesiger blauer Fleck. Nachdem sie den Klebestreifen gelöst hatte, nahm sie die Windel ab und schrie entsetzt auf. Der blaue Fleck ging über seine ganze Hüfte.
Lyn hatte es ebenfalls gesehen und trat näher. »Guter Gott, wie ist denn das passiert?«
Joss starrte erschrocken auf ihren Sohn. »Tom-Tom, Herzchen! Ach, du armes kleines Würmchen!« Sanft fuhr sie mit den Fingern über die anschwellende Stelle. »Wie hast du das bloß gemacht? Laß Mummy mal sehen. Komm, ich tue dir etwas Arnikasalbe drauf. Das muß passiert sein, als er aus dem Bettchen gefallen ist.« Sie rollte die nasse Windel zusammen, warf sie in den Eimer unter dem Tisch und griff nach dem Puder und einer neuen Windel.
»Er ist nicht gefallen.« Lyn beugte sich über ihn. »Sieh mal. Die Flecken auf dem Bein. Das sind Fingerabdrücke.« Plötzlich wich sie zurück und starrte Joss an. »Das hast du getan. Du!«
Joss hatte schon die Salbe auf die Hüfte aufgetragen und befestigte gerade die frische Windel. Aufgebracht sah sie Lyn an. »Wie kannst du so was sagen!«
»Luke – sieh nur!« Lyn wirbelte herum zu Luke, der
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