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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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wieder Anschuldigungen wegen Hexerei laut; mehreren Leuten wurde zur Last gelegt, seinen Tod herbeigeführt zu haben. Dazu gehörte auch Margaret de Vere, die ein zweites Mal verhaftet wurde. Anscheinend erhob sie eine Gegenklage gegen den König und machte ihn für Katherines Tod verantwortlich. Warum? Ich vermute, daß König Edward der Vater des Kindes war, das sie umbrachte. Ich weiß, ich ziehe damit waghalsige Schlüsse, Joss, wie du mir bestimmt vorhalten wirst; du wirst sagen, diese Gedankengänge seien vollkommen und entsetzlich unwissenschaftlich und sogar romantisch; aber vielleicht ergibt irgend etwas daran einen Sinn? Was meinst du? Könnte unser Gespenst König Edward sein – ein Blechmann in Rüstung?
    Jetzt muß ich aufhören und den Damen der Abschlußklasse etwas über Disraeli und Gladstone eintrichtern. Gott steh mir bei. Wenn ich über Dizzies fetzige Romane und Glads Freundinnen reden könnte, würden sie mir an den Lippen hängen. Aber die irische Frage – aussichtslos! Bis bald. Grüße an Luke und Lyn. D.
    Langsam faltete Joss die Blätter wieder zusammen und legte sie in den Umschlag zurück, den sie in eines der Fächer im Sekretär steckte. Dann starrte sie lange und gedankenversunken zum Fenster hinaus.

25
    D as Barometer im Eßzimmer fiel stetig, und am nächsten Tag wurde der Wind noch stärker; er rüttelte an den Fenstern und heulte in den Kaminen.

    Die Familie versammelte sich in der Küche. Luke hatte Jimbo um vier Uhr nach Hause geschickt, und nun saß er am Küchentisch, vor sich auf einem Stück Zeitungspapier einen zerlegten Vergaser. Erwartungsvoll blickte er zu Joss auf; er konnte seine Neugier nicht mehr im Zaum halten. »War der Brief gestern von David?« fragte er.
    Joss, die gerade Obst für Toms Abendbrot aufschnitt, hielt inne. »Ja. Ich soll euch beide von ihm grüßen.«
    »Hat er noch mehr über das Haus herausgefunden?« Er hielt das Gehäuse eines der Doppelvergaser des Silver Shadow an den Mund, hauchte es an und polierte das Aluminium mit einem Lappen.
    »Ein bißchen. Anscheinend war König Edward IV. hier öfter zu Besuch. David meint, daß er vielleicht in eine der Töchter der Familie verknallt war.« Sie häufte Bananen- und Apfelstückchen auf einen Teller und schob ihn zu Tom hinüber. Luke und Lyn bemerkten nicht, wie sie den Atem anhielt und in den Flur hinaushorchte, weil sie dachte, es stünde jemand draußen und lauschte, jemand, dem ihr leichter, fast spöttischer Tonfall nicht gefiel.
    Lyn war mit gerunzelter Stirn in ein Kochbuch vertieft und notierte sich mit einem Bleistift Zutaten auf ihre Einkaufsliste. »Natürlich, es mußte unbedingt ein König sein«, bemerkte sie beiläufig. »Ein gewöhnlicher Sterblicher hätte es nie gewagt, sich an eine Belheddonistin ranzumachen.«
    Luke zog die Augenbrauen hoch. Sein Blick traf sich mit Joss’, und er grinste. »Nicht schlecht. Eine Belheddonistin. Das gefällt mir.«
    »Sind wir das auch?« fragte Joss und lachte verlegen auf.
    »Wir – wir sind verträumte Nichtstuer, weiter nichts.« Er legte die Metallteile in einen alten Karton und stand auf, um sich die Hände zu waschen. »Soll ich den Kessel aufsetzen?«
    Joss nickte. »Ich mache mich besser wieder an die Arbeit. Zur Zeit komme ich nicht besonders gut voran.« Ihr Abgabetermin rückte immer näher; Robert Cassie hatte bereits zweimal schriftlich nachgefragt, ob sie das Buch rechtzeitig fertigstellen werde, und ihre Schuldgefühle dadurch noch verschlimmert.
    Nachdem Joss mit einer Tasse Tee in ihrem Arbeitszimmer verschwunden war und Lyn den kleinen Tom mit Papier und
einer Schachtel Buntstiften zum Malen an den Küchentisch gesetzt hatte, nahm sie gegenüber Luke Platz. »Was ist gestern wirklich passiert?« fragte sie.
    »Gestern?«
    »Komm, du weißt doch, was ich meine, Luke. Am See.«
    »Ich bin hineingefallen.«
    »Gefallen?«
    »Ja, gefallen.« Er blickte ihr geradewegs in die Augen. »Laß das, Lyn. Ich habe es dir schon einmal gesagt. Das geht nur Joss und mich etwas an.«
    »Wirklich? Und geht es auch nur Joss und dich etwas an, wenn sie die Kinder schlägt? Oder glaubst du vielleicht im Ernst, daß Tom sich die blauen Flecken geholt hat, als er aus dem Bett fiel? Die Fingerabdrücke waren doch wirklich deutlich genug. Und Ned. Wie viele Unfälle hat er schon gehabt? Es war nichts Großes, zugegeben. Ab und zu mal hingefallen, oder eine Decke über dem Gesicht. Aber was ist mit den Vorfällen, von denen wir gar nichts erfahren?

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