Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
zuhören wollten, und als er sah, wie der liebenswürdige Richard die Schleife seiner Tochter in seine Kappe steckte, klopfte er ihm auf die Schultern und machte Pläne für die Hochzeit.
Sie hatte nur Augen für den jungen Nachbarn. Während sie vor dem König einen Knicks machte und ihm Wein einschenkte, blickte sie nicht auf, um ihm ins Gesicht zu sehen. Ihr kam er alt vor.
David blätterte in der Mappe und fuhr fort: »Ich weiß nicht, ob sie ihn tatsächlich geheiratet hat. In der Hinsicht sind die Dokumente meines Erachtens etwas zurückhaltend. Auf jeden Fall, nur ein Jahr später, also 1482, ist die arme Katherine gestorben. Auf der Tafel in der Kirche heißt sie Katherine de Vere. Sie war erst siebzehn oder achtzehn Jahre alt. Als ihr Vater starb, ging Belheddon Hall an Edward über, vermutlich ihren jüngeren Bruder. Er starb ebenfalls mit achtzehn, aber er hat noch Zeit gehabt, zu heiraten und eine Tochter zu zeugen. Das war jetzt schon unter Heinrich VII. Das Seltsame ist…« Er unterbrach sich und blickte in die Runde. »… es heißt, daß es schon gegen
Ende des 16. Jahrhunderts hier gespukt haben soll«, fuhr er grinsend fort und sah Joss an. »Wollt ihr mehr darüber hören?«
»Nein!« »Ja!« antworteten Luke und Joss wie aus der Pistole geschossen.
Achselzuckend zog David eine Seite aus der Mappe und las:
»›Das schöne Herrenhaus Belheddon Hall konnte trotz seiner zahlreichen Vorzüge nur wenige Bewohner vorweisen. Menschen und Hunde gleichermaßen flohen in Schrecken vor dem Geheul einer Erscheinung, die in den luftigen Räumen hauste.‹
Das schrieb Ende des 17. Jahrhunderts ein Chronist namens James Cope, der hier übernachtet hat – aber nur einmal.
›Seit über hundert Jahren lebt dieses Wesen in dem Haus; sein Unglück ist peinigend für das Ohr und furchterregend für das Auge.‹«
David lachte. »Dann schreibt er noch:
›Obwohl ich drei Nächte lang mein Lager hier aufschlug, ist es zu meinem Leidwesen nicht erschienen und wurde in den letzten vierzig Jahren auch nie gesehen.‹«
»Aber vom Teufel spricht er nicht, oder?« warf Luke spöttisch ein. »Das ist interessant. Klatschsüchtig wie der Gute war, hätte er das doch bestimmt erwähnt, wenn er davon gehört hätte.«
»Interessanterweise wird der Teufel aber fünfzig Jahre später erwähnt«, fuhr David fort, »und zwar in einem Bericht von James Fosset, einem Antiquar, der mehrere Monate hier in der Gegend verbrachte, um Geschichten zu hören und etwas über Geschichte zu erfahren. Meines Erachtens liegt er mit seiner Theorie gar nicht so falsch. Hört mal:
›Belheddon Hall, eines der schönsten Häuser in dieser Region, erhebt sich an der Stelle eines weitaus älteren Baus. Einige sagen, daß hier bereits zu Urzeiten ein Haus stand. Der
Name stammt vom altenglischen bealu ab, was soviel wie Böses oder Unheil bedeutet, und von heddon , das ist ein mit Heidekraut bewachsener Berg. Das mag wohl darauf hindeuten, daß dieser Ort in heidnischer Zeit als Ort der Andacht und möglicherweise als Opferplatz diente. Aberglauben und Ängste ranken sich um das Haus, und noch vor hundert Jahren wurde eine Hexe gehängt, nachdem sie sich in den Gärten des Hauses mit dem Teufel eingelassen hatte.‹
Seht ihr, wie sich allmählich alles zusammenfügt? Der Spuk, der heidnische Ort, eine arme Frau, die als Hexe verschrien ist – langsam ergibt alles Sinn. Irgendwie haben sich die beiden Sachen im Laufe der Zeit vermischt, und daraus entstand die wunderbare Legende, daß der Teufel in diesem Haus sein Unwesen treibt und hier lebt. Also, damit ist das Problem gelöst. Andrews ist übrigens ein faszinierender Mann. Ich glaube, das meiste davon wußte er schon, aber die Bemerkungen von Fosset kannte er nicht. Er sagt, daß Edward IV. mehrmals hier zu Besuch war, also zu der Zeit, als das Haus den de Veres gehörte. Es ist sogar möglich, daß er es ihnen geschenkt hatte, denn früher war es im Besitz des Königs gewesen. Danach, sagt Andrews, haben viele verschiedene Familien hier gelebt – offenbar blieb keine länger als ein paar Generationen, wenn überhaupt so lange; aber er meinte auch, daß das Haus ein paarmal über die weibliche Linie vererbt wurde, und deswegen veränderten sich natürlich die Nachnamen – wie jetzt auch bei dir.« Er lächelte Joss zu. »Ich hoffe, du freust dich über meine bescheidenen Bemühungen.«
Joss nickte bedächtig. In ihrem Kopf summte es wie in einem Bienenkorb.
»Der König! Der
Weitere Kostenlose Bücher