Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
unterstützt. Ich hätte dich für intelligenter gehalten. «
»Ich glaube schon, daß sie in einigen Dingen recht hat, Luke.« David sah eindeutig verlegen aus. »Du solltest ihr wirklich zuhören. Ich glaube nicht, daß das Haus verflucht ist – vielleicht ist es wirklich nur eine Anhäufung von alten Geschichten und Umständen, da gebe ich dir recht, aber andererseits ist es doch seltsam – zu seltsam, um nur ein Zufall zu sein –, daß im Lauf der Jahrhunderte so viele Sachen hier passiert sind.«
»Und du glaubst, daß der Teufel hier lebt? Satan höchstpersönlich, mitsamt Mistgabel und Höllenfeuer im Keller?«
»Nein, so nicht. Natürlich nicht.«
»Das würde ich verdammt noch mal auch meinen. Sei doch nicht dumm, David. Joss ist schwanger. Das letzte, was sie braucht, ist jemand, der sie verrückt macht und sie bei diesem ganzen Unsinn noch anstachelt. Simon Fraser hat offen mit mir gesprochen. Er sagt, sie sei übererregt. Sie soll sich schonen. Und dann entdecke ich dich, wie du ihre Hand hältst und mit ihr über die Möglichkeit sprichst, daß unser Sohn stirbt.«
Plötzlich trat absolute Stille ein. Joss’ Gesicht wurde leichenblaß. »Das habe ich nie gesagt«, flüsterte sie. »Von Tom habe ich nie etwas gesagt.«
»Also, was soll das alles sonst bedeuten? Die Söhne des Hauses sterben. Die Stimmen im Dunkeln. Kleine Jungs im Keller.« Luke stieß die Hände mit einer heftigen Bewegung in die Taschen seiner ausgebeulten Kordhose. »Es tut mir leid, Joss. Ich will dir nur klarmachen, wie abwegig das alles klingt. Deine Familie ist tot. Sie sind alle tot. Wie in allen Familien sind manche von ihnen jung gestorben, andere sind alt geworden. Es ist doch klar, je weiter man zurückgeht, desto wahrscheinlicher ist es, daß sie aus unerklärlichen Gründen gestorben sind – so war das damals eben. Es gab keine Medikamente, keine Chirurgie. Kinder sind am laufenden Band gestorben, deswegen hatten die Viktorianer ja so viele – damit wenigstens ein paar durchkommen. Zum Glück leben wir in einem aufgeklärteren und fortschrittlicheren Zeitalter. Problem gelöst. Und jetzt, wenn ihr mich entschuldigen wollt, räume ich in der Garage noch etwas auf, und dann schlage ich vor, daß wir zu Abend essen und diesen ganzen Blödsinn vergessen.«
Die Tür fiel krachend ins Schloß. Joss und David sahen sich
an. »Er ist nicht leicht zu überzeugen«, sagte David nach einer Minute. »Außerdem, Joss, glaube ich, daß er in vieler Hinsicht recht hat. Mach dir nicht so viele Gedanken. Versuch, das alles zu vergessen, aber sei auch ein bißchen auf der Hut.«
»Vor was soll ich auf der Hut sein?« Fröstelnd stellte sie sich ans Feuer. »In den Tagebüchern steht immer ›er‹ oder ›es‹. Etwas oder jemand, das oder der vernünftige, rationale, gebildete Frauen in Angst und Schrecken versetzte.«
Und kleine Jungen umbrachte. Aber das sagte sie nicht laut.
»Und du, die du ebenfalls vernünftig, rational und gebildet bist, hast nichts gesehen. Und du hast auch nichts gehört – nichts außer ein paar Stimmen, die wie ein Echo im Haus gefangen sind.« Er lächelte. »Jetzt komm, Joss. Du kennst doch das Zeichen gegen den bösen Blick, oder?« Er legte seine Zeigefinger vor ihrem Gesicht über Kreuz. »Sei gewappnet für den Fall, daß er oder es sich je zeigen sollte. Und ansonsten vergiß das Ganze. Tom liebt das Haus. Es ist großartig. Und jedes Haus hat seine Gefahren. Kellertreppen und Teiche sind wirklich gefährlich, und mit jedem Kind kann etwas passieren, wenn es nicht beaufsichtigt wird, das war früher genauso wie heute. Aber du bist vorsichtig, du paßt auf ihn auf, und Lyn gluckt wie eine Henne um ihn herum. Niemand könnte noch mehr tun.«
»Wahrscheinlich hast du recht.«
Jetzt hat er also ein weiteres Opfer gefordert. Der Junge ist tot. Als nächstes bin ich an der Reihe. Warum kann sie nicht erkennen, was passiert …
Sollten so viele Menschen sich das gleiche eingebildet haben? Hatten sie alle die Tagebücher ihrer Vorfahren gelesen, vielleicht in genau diesem Zimmer, und sich vom Feuer im Kamin trösten lassen, während ihre Nackenhaare sich in der Dunkelheit langvergangener Winterabende sträubten und ihre Zehen sich vor Grauen aufstellten? Irgendwie erschien ihr das wenig glaubwürdig.
In der Küche war es wunderbar warm und hell und geschäftig. Lyn blickte auf, als Joss und David hereinkamen. Sie hatte gerade einen Kuchen in den Herd geschoben, und ihr Gesicht glühte in
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