Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
Liebes. Alles ist in Ordnung. In einer Stunde kommt Jimbo. Dann schicke ich ihn sofort zu Simon, und er wird kommen und euch beide untersuchen. Liebling, du brauchst doch nicht zu weinen.« Er beugte sich vor und berührte die winzige Hand des Neugeborenen. »Also – wie wollen wir ihn nennen?«
Joss’ Wangen waren noch feucht von den Tränen, ihre Augen waren rot, ihr Gesicht blaß von der Anstrengung. »Ich würde ihn gern Philip nennen.«
Luke verzog das Gesicht. »Nach deinem Vater? Wird Joe sich nicht verletzt fühlen?«
Sie nickte bekümmert.
»Dann laß uns doch einen anderen Namen finden, mit dem wir niemanden verletzen – dann kann er mit zweitem und drittem Vornamen immer noch Philip und Joe heißen.« Er lächelte.
»Du bist der geborene Diplomat.« Sie betrachtete ihn mit müden Augen. »Dann laß dir einen Namen einfallen.«
»Wir müssen uns ja nicht sofort entscheiden«, antwortete er. »Jetzt ruh dich erst einmal aus. Und später, wenn du wieder bei Kräften bist, überlegen wir gemeinsam, ja?«
Er hatte den kleinen Weidenkorb mit Laken und Decken ausgelegt. Nun nahm er Joss das Baby vorsichtig aus dem Arm, legte es hinein und deckte es sorgsam zu. »So. Und jetzt ruh dich aus, Joss. Alles ist in Ordnung. Wenn das Telefon wieder funktioniert, rufe ich Lyn, Alice und Joe an. Sie werden sich alle so freuen!« Er drückte ihr einen Kuß auf die Stirn und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer.
In den Schatten sammelten die Wut und die Furcht bereits neue Kraft.
20
» I n Anbetracht der Umstände geht es euch beiden prächtig.« Simon packte sein Stethoskop ein und zog das Hemdchen des Neugeborenen wieder sorgfältig herunter. Er hatte Joss und
das Baby untersucht und kontrollierte die Nachgeburt. »Ich hätte mir ja denken können, daß Sie einen Akt der Rebellion begehen! « meinte er grinsend. »Wenn ich mich recht erinnere, hat Ihnen die Vorstellung einer High-Tech-Geburt gar nicht behagt, oder?« Joss lachte. Sie saß angekleidet auf der Bettkante und trank eine Tasse Tee. Simon griff nach seiner Tasse.
»Ich glaube, Sie müssen nicht ins Krankenhaus. Soweit ich es beurteilen kann, ist alles in bester Ordnung. Wie schon gesagt, schonen Sie sich, überanstrengen Sie sich nicht, und am späteren Vormittag schaut die Hebamme vorbei.« Er warf einen Blick auf die Nachttischlampe. »Haben Sie hier oben schon wieder Strom?«
Joss schüttelte den Kopf. »Weder Strom noch Telefon. Ich ziehe die primitive Entbindung bis zum bitteren Ende durch.«
»Ah ja.« Simon stand auf. »Ihr heutigen Frauen seid mir wirklich ein Rätsel. Also, ich muß jetzt meine Runde machen. Und rufen Sie mich, wenn irgend etwas ist, egal was.«
Nachdem er gegangen war, ließ sich Joss erschöpft ins Kissen sinken. Der Dunst draußen hatte sich aufgelöst, und es war ein strahlender, heißer Tag geworden. Der Himmel hatte die Farbe von Kornblumen, wie er sich über den Garten spannte und im See am Ende des Rasens widerspiegelte. Im Haus war es ganz still. Luke war mit Tom zu Janet Goodyear gefahren; er hoffte, daß sie sich ein paar Stunden lang um den Jungen kümmern würde, und vor allem, daß ihr Telefon funktionierte. Nie hatten sie Lyn dringender gebraucht als jetzt. Joss streckte sich und blickte zum Baldachin empor, dann drehte sie langsam den Kopf und sah zum vorderen Fenster. Sonnenlicht flutete durchs Zimmer. Es gab nichts, das ihr Angst machen könnte. Luke hatte das Fenster weit geöffnet, und sie konnte die Vögel singen hören und den frischen Duft der feuchten Erde und des Grases vermischt mit Geißblattblüten riechen.
Edgar! Sie fuhr auf. Edgar erwartete sie. Verdammtes Telefon. Ein plötzlicher Energieschub ließ sie vom hohen Bett rutschen und zum Babykorb gehen, der auf dem Sofa neben dem hinteren Fenster stand. Der Kleine schlief, die blau geäderten kleinen Lider geschlossen, dunkle Wimpern auf den zarten Wangen. Er hatte dichtes, dunkles Haar, wie sie und Luke, und oben stand es
ein wenig vom Kopf ab; offenbar war es ebenso widerspenstig wie das seines Vaters. Sie lächelte. Tom hatte einen kurzen Blick auf sein neues Brüderchen geworfen und sofort das Interesse verloren. Soweit sie feststellen konnte, waren die traumatischen Aufregungen der Nacht spurlos an ihm vorübergegangen. Er wirkte sogar erstaunlich fröhlich, insbesondere bei der Vorstellung, Janet und den Korb mit den Kätzchen zu sehen, der im Augenblick am wärmsten Platz der Küche vor dem großen Herd stand.
Langsam und etwas
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