Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
hecheln.« Er breitete ein Laken über sie.
»Du wirst mich entbinden müssen.«
»Zu dem Ergebnis bin ich auch gerade gekommen.« Sie bemerkte den spöttischen Unterton in seiner Stimme.
»Tom?«
»Tom schläft. Er war völlig erschöpft. Sobald du gegangen warst, ist er eingeschlafen, der arme Wicht.« Er griff nach ihrer Hand und drückte sie fest. »Jetzt sag mir, was ich tun soll.«
»Mach kochendes Wasser; damit kannst du einen Faden und eine Schere sterilisieren. Dann hol die Babywäsche. Die ist unten in Toms Kommode. Die Decken sind auch da. Weck ihn nicht auf.« Ächzend umklammerte sie seine Hand. »Du warst dabei, als Tom geboren wurde. Da hast du doch gesehen, was passiert ist. Ich war am anderen Ende, vergiß nicht!« Es gelang ihr zu lachen, aber das Lachen ging in einem Ächzen unter.
»Ich hab’s nicht vergessen«, murrte Luke. »Da waren ein Arzt und zwei Hebammen dabei, und im kritischen Moment habe ich die Augen zugemacht.«
»Jetzt geh, Luke. Setz das Wasser auf.« Sie glitt wieder von ihm fort, tauchte in ein Meer der Schmerzen.
Sie wußte nicht, wie lange er weg war. Es kam ihr vor wie ein ganzer Monat voller Qual mit nur wenigen Sekunden der Erholung – dann war er wieder da, mit dem heißen Wasser, weiteren Handtüchern, einem Berg kleiner, weicher Tücher und winziger weißer Kleidungsstücke. Sie drehte den Kopf zum Fenster. Allmählich wurde es etwas heller. Schon seit einiger Zeit donnerte es nicht mehr, und die Blitze waren weniger grell und flackerten nur noch schwach am Horizont über dem Meer auf.
Der Rosenduft war intensiver geworden, als Luke um das Bett herum ging, um ihr den Rücken zu massieren. Sie lag reglos da und starrte auf den dunklen Baldachin; ihr Körper entspannte sich in den wunderbaren schmerzfreien Sekunden.
Und dann begann es wieder. Joss konnte sich nicht erinnern, im Krankenhaus geschrien zu haben, aber dort hatten sie ihr etwas gegen die Schmerzen gegeben. Gegen die Schmerzen, die Angst, die schreckliche Stimme im Kopf.
Katherine
Er stand im Schatten, an seinem gewohnten Platz beim Fenster, der große Mann mit den traurigen Augen. Sie hatte ihn nie zuvor gesehen. Nicht so deutlich. Nicht mit dieser Gewißheit. Lächelnd streckte sie ihm eine Hand entgegen. »Es wird gutgehen.
« Ihre Lippen formten die Worte, aber nichts war zu hören. Erst, als sie wieder zu schreien begann.
»Joss!« Plötzlich klang Lukes aufgeregte Stimme ehrfürchtig. »Ich kann den Kopf sehen.«
Es war ein Junge. Als er abgetrocknet und warm eingepackt in Joss’ Armen lag, schmiegte sie ihn an sich. Dann sah sie zu Luke und lächelte. »Herzlichen Glückwunsch, Doktor!«
Er grinste. »Er sieht ganz gut aus, findest du nicht?«
»Er ist großartig.« Das Baby machte leise, zufriedene Schniefgeräusche. In die weißen Decken gehüllt, sah sein kleines Gesicht sehr rot aus. Draußen war hellichter Tag, der Garten lag kühl und vom Regen frisch gewaschen unter einem Dunstschleier. Erschöpft lehnte Joss sich zurück und schloß die Augen. Es herrschte absolute Stille. Luke hatte zu Tom ins Zimmer gespäht; der kleine Junge lag friedlich schlafend mit dem Daumen im Mund in seinem Bett. Strom und Telefon gingen noch immer nicht, und so war Luke leise durch das frühmorgendliche Haus in die Küche geschlichen und hatte erneut den Kessel aufgesetzt – diesmal, um Tee zu kochen.
Der leichte Druck auf der Decke war so sanft, daß sie es kaum bemerkte. Lächelnd schlief sie langsam ein, legte ihren Arm bequemer um ihren neugeborenen Sohn und sank mit dem Kopf tiefer ins Kissen.
Ein Schrei des Babys riß sie aus ihrem Halbschlaf. »Was ist denn, mein Kleines?« Sie setzte sich auf und blickte in das winzige Gesicht, das sich unglücklich verzog. »Ach Herzchen, psst.« Sie sah sich im Zimmer um. Jetzt war die Kälte wieder da, die schreckliche, allumfassende Kälte, die Kälte des Grabes. »Luke?« Ihre panische Stimme verlor sich im Deckengebälk. »Luke?«
Er war da. Irgendwo.
Verzweifelt preßte sie das Baby an sich. »Luke!«
Ein Junge. Lieber Herr Jesus, warum hatte es kein Mädchen sein können? Plötzlich bemerkte sie, daß sie weinte. Heftige Schluchzer der Erschöpfung und der Angst fuhren ihr durch den ganzen Körper.
Sie weinte noch, als Luke mit dem Teetablett erschien. »Joss, was ist passiert, Liebling? Was ist denn los?«
»Es ist ein Junge.« Sie preßte das Baby noch fester an sich.
»Natürlich ist es ein Junge.« Luke setzte sich aufs Bett. »Komm,
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