Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
Anstatt sich in die Sicherheit des Hauses zurückzubegeben, so erinnerte er sich, habe er unbeholfen den Riegel an der Pforte zu einem Feldweg geöffnet und sei völlig durchnäßt in die hereinfallende Dunkelheit gelaufen. Das sei das letzte, so behauptete er, an das er sich erinnern könne, bevor er fünfzehn Jahre später im Pfarrhaus aufgewacht sei.
Was mit dem Mann passierte, der diese Geschichte erzählte, ist nicht bekannt. Er blieb mehrere Tage im Pfarrhaus, bis er eines Abends wieder in der Dunkelheit verschwand, aus der er aufgetaucht war, und wurde niemals wieder gesehen.
Joss ließ die Seiten in ihren Schoß fallen. Von ihrem Sessel aus konnte sie über den Rasen hinweg den See betrachten, auf dessen glasklarer Oberfläche sich konzentrische Kreise zwischen den Seerosen bildeten, dort, wo die Fische nach Fliegen schnappten.
Ein Mann in mittelalterlicher Rüstung? Der Blechmann? Sie schloß die Augen vor dem gleißenden Sonnenlicht auf dem Wasser.
Sie erwachte, als Luke ihr die Hand auf die Schulter legte.
»Hallo, wie geht’s dir?« Er hatte ihr eine Tasse Tee gebracht, die er auf den kleinen Tisch neben sie stellte.
Kurz starrte sie ihn verständnislos an, aber dann setzte sie sich auf und beugte sich zum Kinderbett vor. »Ist Ned in Ordnung?«
»Ned?« Luke legte den Kopf zur Seite und dachte nach. Dann sagte er: »Ja, ich glaube, das gefällt mir. Edward Grant. Ihm geht’s gut.« Liebevoll sah er auf das Baby.
»Und Tom?«
»Strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Er bleibt den Tag über bei Janet. Bei den Goodyears funktioniert das Telefon, also habe ich deinen Edgar Gower angerufen; er und seine Frau wollen dich morgen besuchen. Dann habe ich mit Lyn telefoniert; sie kommt sofort zurück. Und noch etwas Erfreuliches: Sie hat erzählt, daß Alices Untersuchungen alle gut verlaufen sind. Die Biopsie hat ergeben, daß die Geschwulst nicht bösartig ist. Also, mein Herz, du brauchst dir um absolut gar nichts Sorgen zu machen! Und eine weitere gute Nachricht: Meine Eltern sind wieder da. Ich habe auf Verdacht hin in Oxford angerufen, und sie sind gestern abend heimgekommen! Sie lassen dich ganz herzlich grüßen und können es kaum erwarten, ihren neuen Enkel zu sehen!«
Joss lächelte. Die fotokopierten Seiten waren ihr vom Schoß gerutscht und lagen verstreut auf dem Boden. »So viel Schönes, und obendrein noch einen perfekten Ehemann und eine Tasse Tee.«
Er setzte sich auf die Fensterbank. »Ach ja, und Jimbo hat dir eine Schachtel Konfekt mitgebracht!«
Während Luke abends Lyn vom Bahnhof abholte, kam Janet, um Tom abzuliefern. Sie beugte sich über das Baby und musterte es mit demselben kritischen Blick wie damals den Küchenherd. »Ein bißchen klein ist er ja, aber sehr hübsch«, erklärte sie. »Gut gemacht!« Dann richtete sie sich auf, kehrte dem Neugeborenen den Rücken zu, und die Inspektion war abgeschlossen. »Das war ja sehr dramatisch, selbst für Belheddoner Verhältnisse! Mitten im Gewitter zu entbinden!«
»Das stimmt.« Joss hob das Baby aus dem Körbchen. »Die Hebamme hat inzwischen zweimal nach mir gesehen, und Simon auch – ich bin also in besten Händen!« Sie sah zu Janet auf. »Sie und Roy haben doch Edgar Gower noch als Pfarrer hier erlebt, oder?«
Janet nickte. »Als wir die Farm kauften, war er schon lange hier.«
»Was halten Sie von ihm?«
Joss setzte sich hin, knöpfte die Bluse auf und legte sich das Baby an die Brust. Janet wandte den Blick ab, aber Tom beugte sich fasziniert vor und bohrte mit einem Finger in das kleine Ohr seines Bruders.
»Ein Mann aus Feuer und Stahl – völlig anders als der sanfte, liebe James Wood. Komm her, Tom«, sagte sie und nahm den kleinen Jungen auf den Schoß. »Sie wissen ja, Luke hat ihn von uns aus angerufen. Er wollte sofort kommen, noch heute. Er klang schrecklich besorgt.« Sie sah kurz zu Joss, deren Gesicht aber hinter ihren Haaren verborgen war. »Joss …« Janet brach ab. »Hören Sie, wir haben mit den Geschichten über dieses Haus wohl ein bißchen übertrieben. Das kommt vor. Es …« Sie zögerte erneut. »Es macht Spaß, nehme ich an. Ein bißchen dramatisch, ein bißchen gespenstisch. Wer ist nicht für eine gute Spukgeschichte zu haben? Aber Sie dürfen das alles nicht so ernst nehmen. Edgar war ein bißchen …« Sie suchte nach dem richtigen Wort. »Abergläubisch, würde ich mal sagen. Mystisch veranlagt. Manche hätten ihn vielleicht als etwas verrückt bezeichnet. Einige Mitglieder im
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