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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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verhungert ihr hoffentlich.«
    Meggy zog zischend die Luft ein, als Ada gegangen war. »Ich hoffe, dass ich dann nicht mehr da bin.«
    »Du wirst mit Jonah wieder auf der Viehstation am Murray River sein«, entgegnete Alice und ließ den Löffel sinken.
    Meggys Gesicht verdüsterte sich. »Nicht sehr wahrscheinlich«, brummte sie und schob das Blech mit den Keksen in den Ofen. »Die brauchen nur eine Minute. Du willst doch wohl Master Bertie keine davon bringen? Oder doch?«
    »Warum denn nicht? Vielleicht bekommt er auf der Schule, in die sie ihn schicken, solche Leckereien nicht mehr.«
    »Sein Vater bezahlt ein Vermögen für seine Ausbildung. Da werden sie ihn schon nicht verhungern lassen, Alice.«
    Vielleicht wird er keinen Mangel in Bezug auf Essen leiden, dachte Alice. Aber in anderer Hinsicht …
    Sobald die Kekse fertig waren, wickelte Alice trotzig ein halbes Dutzend in eine Serviette und wich dabei Meggys zynischem Blick aus. Dann stieg sie über die Hintertreppe nach oben. Dort war um diese Tageszeit keine Menschenseele zugegen, und so schlüpfte sie schnell in den Westflügel und zu der Tür, hinter der sich die Dachstiege verbarg. Obwohl es dort dunkel und eng war, wurde der Aufgang von Bertie oft benutzt.
    Unterm Dach war die Luft wärmer als im Rest des Hauses, angereichert von den Ausdünstungen der ausrangierten Gegenstände. Das Licht aus den Rautenfenstern war trüb, aber ausreichend für Alice, die sich ihren Weg durch alte Kisten und mit staubigen Laken bedeckte Möbel bahnte. Sie war klein genug, um aufrecht stehen zu können. Ein Erwachsener hätte sich bücken müssen, wollte er sich nicht den Kopf an den Dachbalken stoßen.
    »Bertie?«, flüsterte sie. Ein ausgestopfter Pfau, der Cosmos Mutter gehörte, starrte sie aus trüben Glasaugen an. Dort, hinter einen Stapel vergilbter Notenblätter und einem eingerollten Teppich, hatte sich Bertie versteckt. Sie sah keine Tränenspuren auf seinem Gesicht, aber als er ihr antwortete, klang seine Stimme belegt. Die warmen Kekse dufteten, als Alice die Serviette auf den Boden legte. Bertie lächelte.
    »Danke, Alice«, sagte er und stopfte sich gleich einen Keks in den Mund. Unaufgefordert setzte sie sich neben ihn. Schließlich waren sie Freunde.
    »Was machst du hier oben?«
    »Alte Briefe lesen.« Bertie zog eine offene Schachtel zu sich her. Sie roch nach den Mäusen, die sich im Papier ein Nest gebaut hatten.
    Alice besah sich die Umschläge. Sie waren dick, aus teurem Papier und an Ambrosine McKay of The Meadows adressiert.
    »Vater hat sie vor der Hochzeit an meine Mutter geschrieben. Er war sehr in sie verliebt.«
    Alice interessierte sich eigentlich nicht für die Romanze zwischen Cosmo und Ambrosine, aber sie knabberte an einem Keks und tat so, als hörte sie aufmerksam zu.
    »Sie waren Nachbarn. Mein Vater und mein Großvater, Mr McKay, haben die Heirat ausgehandelt.«
    »Sind die Briefe interessant?«
    Bertie zog einen Flunsch. »Er nennt sie seine bezaubernde Antipode.« Peinlich berührt lächelten sie einander an. »Wir könnten zusammen weglaufen.«
    Obwohl das sehr leise herausgekommen war, hatte Alice Bertie genau verstanden. Sie blickte ihn aufmerksam an und versuchte herauszubekommen, ob er sie auf den Arm nahm. Doch er sah Richtung Fenster.
    »Dein Vater würde uns finden und zurückbringen«, antwortete sie schließlich. »Du würdest trotzdem weggeschickt auf diese Schule, und ich müsste zurück nach Hause. Mein Vater würde mich bestimmt verprügeln.«
    »Ich weiß. Tut mir leid.«
    »Manchmal träume ich …« Sie kniff die Lippen zusammen.
    Träume waren Schäume, zumindest für Alice Parkin. Eine Welle der Verzweiflung schlug über ihr zusammen. Sie fragte sich, ob diese Gefühle ihrem eigenen Schicksal galten, dem von Bertie oder vielleicht beiden zu gleichen Teilen.
    Seine Hand schob sich verstohlen in Richtung der ihren und seine Finger schlossen sich darum. Sie waren weich, die Nägel kurz und sauber. Ihre eigenen dagegen waren rot und rau von der harten Arbeit.
    »Wirst du mir schreiben, Bertie?«, flüsterte sie. »Versprich’s mir.«
    »Ich verspreche es.«
    Danach hörte man nur noch das Trommeln der Regentropfen auf den Dachfenstern.
    ***
    Rosamund steckte ihren Kopf durch die Küchentür. Kerry Scott werkelte am Herd. Er war weiß und modern, ein ziemlicher Gegensatz zu den geschwärzten Steinen der gemauerten Feuerstelle. Außerdem gab es in der Küche einen neuen Kühlschrank und einen Geschirrspüler. Mark

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