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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Ein Überbleibsel aus einer anderen Welt, unberührt von dem Wunsch, mit der Gegenwart in Kontakt zu kommen. Sie hatte überhaupt nicht verstehen können, dass es Rosamund anders ging. Ada genügte die Beschäftigung mit der Vergangenheit.
    Für das Kochen und die Reinigung des Hauses hatte Ada eine ganze Reihe von Mädchen aus der Stadt beschäftigt. Das Haus war so groß, dass es sogar zu dieser Zeit dort niemals ganz sauber gewesen war. Rosamund erkannte jedoch erst im Nachhinein, dass Ada ihre Geldnot niemals zugegeben hätte. Wäre Colonsay damals verkauft worden, hätte sie genug für den Rest ihrer Tage in einem netten kleinen Cottage gehabt. Aber natürlich war ein Verkauf nie infrage gekommen.
    Viele der Mädchen waren bereits nach ein paar Tagen wieder gegangen. Rosamund vermutete, dass Adas überzogene Ansprüche sie vertrieben hatten. Diese war der Ansicht gewesen, es sei ein Privileg, für sie arbeiten zu dürfen, und hatte deshalb vollen Einsatz erwartet. Sie hatte nie verstanden, dass die moderne Welt durch Geld und nicht durch Loyalität bestimmt wurde. In Kerry Scott jedoch hatte sie die perfekte Bedienstete gefunden.
    Die kinderlose und befangene Kerry hatte Mrs Ada in allen Belangen den Vortritt gelassen. Mit Rosamund allein gelassen, schien sie unsicher, wie sie sie behandeln sollte – sie hatten kein Gespür füreinander. Auf ihre Art war sie freundlich gewesen. Es wäre allerdings zu weit gegangen, sie als mütterlichen Typ zu bezeichnen.
    Rosamund hatte die örtliche Grundschule und die Oberschule in Geelong besucht – für Privatschulen war kein Geld da gewesen. Sie hatte nirgends richtig dazugehört. Wie sollte sie auch? Zuerst hatte ihr das etwas ausgemacht, später hatte sie vorgegeben, dem wäre nicht so, und war lieber für sich geblieben. Ada zufolge war sowieso niemand gut genug, mit ihr befreundet zu sein, die den großartigen Cosmo ihren Urgroßvater nennen durfte.
    Dann, in ihrem sechzehnten Lebensjahr, hatte sich Rosamunds Leben plötzlich und unwiderruflich geändert.
    Auf einem benachbarten Grundstück hatte ein Popkonzert stattgefunden. Die ganze Nacht über hatte Rosamund der Musik gelauscht, hatte die Lagerfeuer und die Lichter der Bühnenbeleuchtung gesehen. Das Leben und der Lärm hatten ihr Blut in Wallung gebracht. Sie hatte sich gefühlt, als blickte sie jenseits der Grenze auf feindliches Gebiet und wollte überlaufen.
    Sie hatte immer schon gesungen, kurze Lieder, die sie selbst erfunden oder irgendwo gehört hatte. Ada hatte ein altes Pianola und viele Kästen voller Notenrollen besessen. Manchmal hatte sie es spielen lassen und Rosamund zum Mitsingen aufgefordert. Sie hatten There’s a long long trail und Roses of Picardy aus der Zeit des Ersten Weltkriegs gesungen – Adas Blütezeit. Es gab auch andere, in Rosamunds Augen ziemlich scheußliche Lieder, die von Tod, Trauer und von Müttern erzählten, die ihre Söhne nach Frankreich in den Kampf ziehen lassen mussten. Ada hatte an ihren Soldatenehemann gedacht, wenn sie diese Lieder spielte. Durchlitt sie nochmals den Schmerz und die Trauer, weil er nicht zurückgekommen war? Bewegten die Worte ihr Herz, schlugen für Rosamund unsichtbare Wunden? Irgendwo, tief in Ada versteckt, musste es doch einen Funken Menschlichkeit geben.
    Fragen waren zwecklos gewesen, Ada hatte niemals über Persönliches gesprochen. Sie hatte zu den Menschen gehört, die das Ausdrücken von Gefühlen für schlechtes Benehmen hielten.
    Rosamund hatte Musik also durchaus als Quelle reinen Vergnügens wahrgenommen, auch wenn sie nur sehr wenig davon kennengelernt hatte. Aber die Klänge, die von Nachbars Wiese zu ihr herüberdrangen, brachten ihr die Erkenntnis, dass sie auch so singen könnte. Eröffnete ihr das Singen, eines der wenigen Dinge, die sie gut beherrschte, einen Fluchtweg? Einen Weg hinaus aus Colonsay?
    Am nächsten Morgen war Rosamund durch den Zaun gekrochen und hatte sich umgesehen. Überall auf der Wiese lagen Abfälle und Menschen in Schlafsäcken. Aus einem Lieferwagen heraus wurden Eier-Speck-Brötchen und Kaffee an diejenigen verkauft, die schon wieder auf den Beinen waren. Einige Mitglieder der Bands standen herum, tranken Kaffee. Ungewöhnlich mutig war Rosamund direkt auf sie zugegangen und hatte ihnen erzählt, dass sie singen konnte und sie gern begleiten wollte.
    Heute ließ sie die bloße Vorstellung zusammenzucken: ein großer schlaksiger Teenager mit verstrubbelten Haaren, ängstlich und doch bestimmt. Gemessen

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