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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Kaminsims fiel ihr ins Auge, doch als sie hinüberging, um nachzusehen, woher das kam, blickte sie nur auf die glatte Wand. Adas Karton stand immer noch auf dem Boden neben einem der Ledersessel. Rosamund setzte sich, legte das schwarze Fotoalbum vorsichtig zur Seite und zog einen Stapel vergilbter Blätter hervor.
    Alte Briefe, Rechnungen, Quittungen. Ein paar Briefe stammten von Rosamunds Vater, der sich darin über seine knappe Barschaft und den täglichen Kampf ums Überleben beklagte. Dann war da ein Brief von 1917 aus Frankreich, geschrieben in einer gestelzten, altmodischen Sprache, von der Rosamund immer gedacht hatte, sie sei eine Erfindung von Dialogschreibern alter Filme. Er stammte von Adrian, Adas Ehemann, und war an Mrs Adrian Evans, Colonsay, adressiert. Er schrieb über ihr Haar, das »glänzte wie gesponnenes Gold«, über ihr »liebreizendes Lächeln« und über die Szene im dämmrigen Garten, als »ich dich linkisch fragte, ob du mich heiraten würdest, und du meinen Antrag anmutig akzeptiertest«. Rosamund hatte Tränen der Rührung in den Augen.
    Das war Marks Schuld. Sein Besuch hatte sie schwach und rührselig gemacht. Verärgert wischte sie sich über die Augen und schnäuzte sich. Entschlossen legte sie die Briefe zur Seite und wandte sich den Rechnungen zu. Ein Dutzend oder mehr waren für Kaminholz. Der Preis kam ihr ziemlich hoch vor. Kein Wunder, dass es in Colonsay immer so kalt gewesen war. Dann gab es da eine Rechnung für Klempnerarbeiten im Badezimmer, daran geheftet ein Notizzettel in Adas Schrift, doch nach einem Rabatt zu fragen, da die Arbeiten ungewöhnlich lange gedauert hatten. Die Quittung lag ebenfalls dabei, in Höhe des rabattierten Betrags. Gute alte Ada!
    Rosamund legte den Rest der Papiere beiseite, um sich zu einem späteren Zeitpunkt damit zu befassen, und wandte sich wieder dem Karton zu. Seitlich steckte ein Notizbuch mit rotem Einband. Sie zog es heraus und wischte den Staub an ihren Jeans ab. Die Seiten waren fleckig und am Rand eingerissen, die Schrift aber noch lesbar. Als Rosamund es durchblätterte, sah sie, dass es sich um einen Terminkalender für zwölf Monate handelte. Die sparsame Ada hatte ihn natürlich viel länger benutzt. Die Einträge standen untereinander beim jeweiligen Datum, sodass der 1. Mai Verabredungen für den Zeitraum von 1930 bis 1970 enthielt.
    Sehr verwirrend.
    Es gab nicht viele Einträge, und diese wenigen waren nicht besonders interessant. Zahnarzt- und Friseurtermine, später, als Ada älter wurde, Termine für eine neue Brille, einen Gehstock, Schuhe mit Einlagen. Ein paar betrafen Rosamunds Schule. Und dann gab es da einen Arzttermin mit einem Fragezeichen, hinter den Ada »Stimmen« geschrieben hatte.
    Nun war Rosamunds Aufmerksamkeit geweckt. Sie blätterte eine oder zwei Seiten weiter und fand einen weiteren Eintrag: »Sie sagt, sie hört Stimmen und eine Lady schreien – zum Arzt gehen? Oder warten, bis es von selbst aufhört? Ich verstehe nichts von Kindern.«
    Rosamund lachte unsicher. Sie wischte sich die Handflächen an ihrer Bluse ab – sie waren ziemlich feucht. Keine weiteren Einträge in den folgenden beiden Wochen, nur Bemerkungen über Rechtsanwälte, Händler oder Hausangestellte, die Ada auf die eine oder andere Weise verärgert hatten.
    Dann: »Sie vermisst ihre Eltern, denke ich, obwohl die nicht viel getaugt haben. Schlechtes Blut. Ich bin alles, was sie noch hat, und muss durchhalten. Aber das Wissen um die Tragödie, die sich in diesem Haus abspielt, ohne dass ich davon etwas mitbekomme, ist für mich kaum zu ertragen. Was sie wohl hört? Ich habe sie gefragt, und sie glaubt, dass jemand sie beim Namen ruft. Doch ich weiß es besser.«
    Rosamund las alle folgenden Einträge sorgfältig, aber es gab nur noch einen interessanten – viele Monate später. Was in der Zwischenzeit passiert war, hatte Ada für sich behalten.
    »Die Stimmen haben aufgehört. Ärzte und Fragen überflüssig. Lügen ebenso. Kein Grund mehr, in der Vergangenheit herumzuwühlen wie in einem Misthaufen. Wer waren sie? Ein Widerhall aus der Vergangenheit oder ruhelose Geister? Ich neige zu ersterer Annahme. Heute Nacht werde ich zum ersten Mal seit vielen, vielen Wochen wieder ruhig schlafen.«
    Rosamund schloss die Augen. Ein Widerhall aus der Vergangenheit oder ruhelose Geister? Auf einmal war es kühl im Zimmer. Dieselbe Frage hatte sie sich eben gestellt, und auch sie bevorzugte die erste Antwort. Je mehr sie erfuhr, desto mehr

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