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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Fall im Dunkeln sitzen.
    Sie aßen in einvernehmlichem Schweigen und taten so, als würde ihnen Gary nicht fehlen. Rosamund war insgeheim erschüttert, wie schnell sie von ihm abhängig geworden waren. Aber das war wohl den außergewöhnlichen Umständen geschuldet.
    Trotz mehrerer Gläser Wein wollten sich ihre aufgewühlten Sinne nicht beruhigen. Kerry trank nicht mit. Als das Dessert aufgegessen und das Geschirr abgeräumt war, drehte sich alles in Rosamunds Kopf. Sie schien nicht mehr in der Lage, sich weiter durch Adas Unterlagen zu wühlen, sogar wenn sie das gewollt hätte. Kerry blickte sie kritisch an und ging zu Bett.
    ***
    Die Geißblattranken an der Fassade des Hauses warfen die Blätter ab. Sie verteilten sich über den Vorgarten, und der Wind jagte sie mit seinen kalten Böen auf die Veranda. Das Wetter schlug um, die Tage wurden kürzer, aber Alice spürte die Kälte nicht. Bertie würde bald nach Hause kommen. Der Gedanke daran wärmte sie genauso wie die Sommersonne.
    Cosmo und Ambrosine waren mit dem Zug auf dem Weg nach Melbourne zur konstituierenden Sitzung des Parlaments. Ada und Berge von Koffern begleiteten sie. Ambrosine hatte sich extra für diesen Anlass ein neues Kleid schneidern lassen, und Cosmo bestand darauf, dass sie die Cunningham’schen Smaragde dazu tragen sollte.
    »Ich werde mich wie ein König fühlen«, verkündete er. »Und meine Frau soll wie eine Königin aussehen.«
    Alice war froh, als sie abfuhren, denn das bedeutete, dass Berties Befreiung aus der verhassten Schule kurz bevorstand. Er würde mit ihnen nach Hause zurückkehren.
    ***
    Das Brummen des Automotors durchbrach die Stille der Nacht. Es war windstill, der Himmel von dunklen Wolken bedeckt, die Regen versprachen. Rosamund hielt den Atem an. Sie hörte, wie die Eingangstür sich öffnete und wieder schloss. Dann erklangen seine Schritte auf der Treppe. Erleichtert seufzte sie auf. Die Weinschwere war schon lange aus ihrem Kopf verschwunden, und sie lag mit einem Buch im Bett. Die Schritte im Gang kamen näher. Gary stand vor ihrer Zimmertür. Er klopfte so laut, dass sie zusammenzuckte.
    »Gary?«
    Er öffnete die Tür und linste herein. Sie saß im Bett, in einer Hand eine Zigarette, in der anderen das Buch. Gary lächelte, trat ins Zimmer und ließ die Tür angelehnt.
    »Tut mir leid. Es hat länger gedauert, als ich dachte. Gab es Probleme?«
    Sie wusste, was er meinte, und schüttelte den Kopf. »Das ist die zweite Nacht in Folge. Glaubst du, es ist vorbei?«
    Er beantwortete die Frage nicht. Das Bett sank ein, als er sich zu ihr setzte. Sein Gesicht war von der Kälte gerötet, und seine blauen Augen funkelten im Schein der Lampe.
    »Ich möchte dir etwas über die Bekannte erzählen, die ich getroffen habe. Sie ist ein Medium. Geister und wandernde Seelen sind für sie ganz normal. Ich habe ihr erzählt, was in Colonsay vor sich geht.«
    »Gary! Mark will nicht, dass auch nur eine Menschenseele davon erfährt. Du weißt genau, was passieren wird, wenn die Zeitungen davon Wind bekommen.«
    Gary verzog das Gesicht. »Ich weiß seinen selbstlosen Einsatz sehr zu schätzen.«
    Rosamund drückte ihre Zigarette aus, um ihn nicht ansehen zu müssen. »Ich verstehe dich ja. Aber was nützt es uns, wenn die Katze aus dem Sack ist? Wir würden ganz schön dumm aussehen. Dafür würden die Medien schon sorgen.«
    »Vielleicht.« Er wollte es nicht einsehen. Diesen eigensinnigen Zug um seinen Mund hatte sie vorher nie bemerkt.
    »Gary«, seufzte sie und gab ihrem Erzähldrang nach. »Ich habe Ambrosine gesehen. Und das ist noch nicht alles. Bisher habe ich nicht darüber gesprochen, aber ich habe Albträume. Ich bin tot und liege in Ambrosines Sarg. Ich kann die Blumen riechen und die Satinausstattung fühlen.«
    Seine Hand schloss sich um ihre, sie fühlte sich ganz warm und fest an. Bis zu diesem Augenblick hatte sie gar nicht gemerkt, wie sehr sie zitterte. »Du brauchst die Hilfe meiner Bekannten«, flüsterte er und neigte sich zu ihr. Sein Atem wärmte ihre Wange. »Du brauchst jemanden, der dir zuhört. Jemanden, der nicht denkt, dass du übergeschnappt bist.«
    »Ja, das wäre schon ganz nett«, brachte sie heraus und räusperte sich. Es standen Tränen in ihren Augen, doch sie weinte nicht. »Was würde diese Frau machen?«
    »Sie würde ins Haus kommen, sich umsehen, die Umgebung inspizieren. Und lauschen.«
    »Worauf lauschen?«
    »Auf die Laute, die andere Menschen nicht hören können.«
    Rosamund

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