Der Flug der Adler
Major Carter.«
»Irgendein Mann in Ihrem Leben?«
»Ja, aber er legt sich nicht gerade ins Zeug.«
Er hielt sie noch enger, und am Tisch sagte Munro zu Abe: »Ich kann's Ihnen ruhig sagen, Herr Senator. Das arme Ding hat sich in diesen Schuft gleich beim ersten Mal, als sie ihn kennenlernte, verknallt.«
»Und ich kann ihnen ruhig sagen, daß ich absolut nichts dagegen hätte«, sagte Abe.
Molly und Harry nahmen wieder Platz. Der Weinkellner
schenkte Champagner nach, und der Oberkellner schlug das Hauptgericht des Abends vor: Schellfisch und eine Zwiebelpastete mit Kartoffeln. Sie waren alle einverstanden.
»Daß das im Krieg möglich ist: richtiges Essen.« Munro hob
sein Glas. »Auf uns, und zum Teufel mit Hitler.«
»Wo wir gerade vom Führer sprechen«, sagte Harry, »haben Sie irgend etwas Neues über Max gehört?«
»Zumindest nichts Erfreuliches. Bei der letzten Welle von Luftangriffen ist er von Chartres und Rennes aus als Pfadfinder in einer Ju 88S mitgeflogen. Ich glaube er war bei fünfzehn oder sechzehn Angriffen dabei.«
»Das muß schlimm gewesen sein«, sagte Harry ruhig. »Der Süden Englands ist zur Zeit ein hartes Pflaster für die Luftwaffe.«
Es folgte ein kurzes Schweigen. Dann sagte Molly: »Schlimm? Harry, er hat London bombardiert. Wußtest du, daß in einer einzigen getroffenen U-Bahn-Station über einhundert Menschen umgekommen sind?«
»Der Kreuzer Orsini hatte eine Besatzung von achthundert zwanzig Mann«, erwiderte Harry unbeeindruckt. »Weißt du, wie viele Leute man aus dem Wasser gefischt hat, nachdem ich ihn versenkt habe?«
»Nein«, sagte sie kleinlaut, und in ihrem Gesicht lag beinahe so etwas wie Angst.
»Zweiundsiebzig. Ich habe also siebenhundertachtundvierzig Menschen getötet.« Er zuckte die Achseln. »Wie es so schön heißt: Der Krieg ist die Hölle. Eine U-Bahn-Station, ein Kreuzer … Menschen sterben, Molly. Wir töten sie. Das ist unser Job.«
Ein paar peinlich verlegene Momente lang herrschte Stille, dann wechselte Munro geschwind das Thema. »Sie werden morgen mit Eisenhower nach Southwick fliegen?« sagte er, an Abe gewandt.
»Richtig, und Harry ist der Pilot.«
»Haben Sie Eisenhower bereits kennengelernt, Harry?« fragte Munro.
»Nein, aber das wissen Sie doch, Sie alter Fuchs.«
»Seien sie auf der Hut. Er wird versuchen, sie zum Wechseln zu bewegen.«
In dem Moment kam der Oberkellner herbei. »Tut mir fürchterlich leid, aber das Guy's Hospital hat angerufen, Frau Doktor Sobel. Sie werden dringend benötigt.«
»Oje, da haben wir's ja wieder. Darf ich deinen Dienstwagen benutzen, Onkel?«
»Natürlich.«
»Ich bringe Sie zur Tür«, sagte Harry.
Sie gingen hinaus. Der Portier vor dem Eingang sagte: »Brigadegeneral Munros Fahrer ist gerade dort drüben etwas essen gegangen, Herr Oberstleutnant. Ich gehe kurz rüber und hole ihn.«
Er eilte davon. Harry und Molly folgten ihm und blieben schließlich auf dem Bürgersteig stehen. Nebenan war ein Kamerageschäft, vor dem ein Fotograf stand, der im schwindenden Abendlicht die Passanten ansprach.
»Ist es nicht bereits zu dunkel?« fragte Molly.
Der Fotograf hatte offensichtlich mitbekommen, was Molly gesagt hatte, denn er schüttelte den Kopf. »Ich arbeite mit Blitzlicht. In vierundzwanzig Stunden könnten Sie, wenn Sie wollen, ein Bild bekommen. Kostet ein Pfund.«
»Da bin ich vielleicht schon tot«, sagte Harry.
»So was Schlimmes sagt man nicht«, meinte Molly.
Harry nahm einen Fünfpfundschein aus seiner Brieftasche und faltete ihn auf. »Zwei Abzüge, bitte. Einen für die Dame und einen für mich – wenn Sie es schaffen, sie innerhalb von zwei Stunden am Empfangstisch des Savoys abzugeben. Auf den Namen Kelso. Und enttäuschen Sie mich nicht, sonst sorge ich dafür, daß mein Bruder Ihr Geschäft bombardiert.«
»Sie sind ja ein drolliger Kerl, Mister, aber jetzt im Ernst: Die Abmachung gilt.« Sie gingen zum Savoy zurück, und stellten sich am Eingang auf. Der Fotograf schoß ein Foto und machte zur Sicherheit noch eine zweite Aufnahme. »Ich werde sie nicht enttäuschen, Mister.«
Munros Dienstwagen fuhr vor, und Harry öffnete den Verschlag. »Schön, daß wir uns wiedergesehen haben.«
»Ach, Sie Dummer.« Sie nahm seinen Kopf und küßte ihn auf den Mund. »Ich schätze, Sie werden schon noch auf Ihre unverwechselbare Art zugrunde gehen«, und dann stieg sie ein.
Als
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