Der Flug der Adler
zurückfliegen lassen, wo er bei der erstbesten Gelegenheit Eisenhower beseitigt.«
Einen Moment lang war Hartmann davon überzeugt, dem Wahnsinn zum Opfer gefallen zu sein. »Aber, Herr Reichsführer, warum sollte er das tun? Und davon abgesehen, er hat einen gebrochenen Knöchel.«
»Sein Bruder jedoch nicht.« Himmler lächelte, als er Hartmanns erstaunten Gesichtsausdruck sah. »Sie sind nicht auseinanderzuhalten, so wurde mir zumindest zugetragen. Ein einfacher Uniformtausch, mehr braucht es nicht. Wir arrangieren ganz einfach eine Flucht aus dem Château Morlaix und lassen ihn einen Storch oder irgendeine andere Maschine von dem Versorgungsflughafen außerhalb des Städtchens stehlen. Es gibt dort eine, ich habe das überprüft. Wie dem auch sei, er fliegt nach Cold Harbour zu Brigadegeneral Munro zurück. Selbst wenn er Eisenhower nicht zu fliegen bekommt, so wird der gutherzige General ihn doch bestimmt zu sehen wünschen.«
Hartmann wollte es immer noch nicht glauben. »Aber, Herr Reichsführer, wenn Baron von Halder seinen Bruder spielen soll, muß er alles über ihn wissen, was voraussetzt, daß Oberstleutnant Kelso sich bereit erklärt, bei der Sache mitzumachen. Es setzt ebenfalls voraus, daß der Baron einverstanden ist.«
»Oh, aber das werden sie, alle beide, insbesondere nachdem Sie ihre Mutter festgenommen haben, was Sie noch diesen Morgen veranlassen werden. Sehr diskret natürlich. Ich habe bereits persönlich mit Major Müller im Château Morlaix gesprochen und ihm mitgeteilt, daß er mit sofortiger Wirkung meinem direkten Befehl untersteht. Das Château wird für unsere Zwecke völlig von der Außenwelt abgeriegelt.«
»Aber, Herr Reichsführer, wie soll das den Baron und seinen Bruder überzeugen, mit uns zusammenzuarbeiten?«
Himmler schilderte es ihm in plastischen Einzelheiten. Als er damit fertig war, war Hartmann kotzübel.
»Sie scheinen bestürzt zu sein«, sagte Himmler. »Ich hätte gedacht, daß Sie solch eine Gelegenheit, dem Reich dienen zu können, begrüßen würden, Herr Standartenführer, denn es hat Ihnen seinerseits durchaus gedient, ja sogar ungeheure Möglichkeiten eröffnet – für jemanden mit jüdischen Vorfahren.« Hartmann war wie benommen vor Entsetzen, aber Himmler lächelte sanftmütig. »Wie konnten Sie nur glauben, daß ich das nicht wüßte? Und der Makel haftet Ihrer ganzen Familie an. Ihr Vater lebt noch, soweit ich weiß, und seine Schwester wohl auch. Ihre Frau kam, wie ich mich erinnere, mit zweiundzwanzig bei einem Autounfall ums Leben. Es gibt also keine Kinder, aber da ist natürlich auch noch Ihre Sekretärin, Frau Braun, zu der Sie offenbar ein vertrautes Verhältnis haben.«
Hartmann holte tief Luft. »Was verlangt der Herr Reichsführer von mir?«
»Gut. Ich habe schon immer Ihren Pragmatismus bewundert. Ich habe mit Nunes da Silva telefoniert, dem Staatsminister im portugiesischen Auswärtigen Amt, von dem ich Ihnen erzählt habe. Unser Mann an der portugiesischen Botschaft hier, Joel Rodrigues, wird noch heute nach Lissabon versetzt. Sie werden sich heute morgen mit ihm treffen und eine Notiz für dessen Bruder und diese Dixon da in London schreiben, in der sie die Operation in groben Zügen darlegen und den beiden mitteilen, daß der Baron in den nächsten Tagen ankommen wird.«
»Aber wie soll Joel Rodrigues nach London kommen, Herr Reichsführer? Ich verstehe nicht.«
»Es ist ganz einfach. Nunes da Silva wird Joel Rodrigues mit Kurierarbeiten beauftragen. Sie werden ihn noch heute nach Lissabon fliegen lassen. Morgen wird er mit der üblichen Botschaftskorrespondenz nach London fliegen. Darin besteht ja schließlich die Aufgabe von Kurieren, Hartmann. Wir haben dann also den Baron in London, und mit dieser Dixon und den Rodrigues-Brüdern die nötige Unterstützung für ihn. Ich wüßte nicht, wie wir scheitern sollten. Sie etwa?«
Hartmann hatte einen kreidetrockenen Mund bekommen, und er mußte erst einmal schlucken. Er hustete. »Ganz Ihrer Meinung, Herr Reichsführer.«
»Hervorragend, Herr Standartenführer. So, und da ich nun offensichtlich Ihre Arbeit getan habe, können Sie mir ja jetzt den Gefallen tun und sie fortführen.«
Als erstes bat Hartmann Trudi, Joel Rodrigues aufzutreiben und diesem zu befehlen, sofort zu kommen. Anschließend bat er sie mit ihrem Stenoblock zu sich ins Büro. Er schenkte sich wieder einen Weinbrand ein.
»Meinen Sie, daß das jetzt das
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