Der Flug der Libelle
Innenraum des Barnardsystems auf stark elliptischer Bahn bewegt. Dies ist in Abbildung 1 dargestellt. Bei jedem dritten Umlauf geht Rochewelt innerhalb von sechs Millionen Kilometern an Gargantua vorbei. Das liegt gerade noch außerhalb der Ba h nen von dessen Monden. Man nimmt an, daß die jetzige Bahn vor vielen Jahrmillionen durch die Begegnung mit e i nem vagabundierenden Planetoiden zustandegekommen ist, der früher ein größerer äußerer Mond Gargantuas gewesen sein dürfte.
Solche Bahnen wie die von Rochewelt sind gewöhnlich nicht stabil. Im Fall einer Resonanz von drei zu eins ergibt sich gewöhnlich eine Oszillation der Bahn des kleineren Körpers, deren Amplitude anwächst, bis der kleinere Planet schließlich in eine andere Bahn geworfen wird, oder aber eine Kollision eintritt, Wegen der starken Annäherung von Rochewelt an Barnard bewirken indessen die Gezeiten se i tens Barnards ein wesentliches Maß an Energiedissipation, w od urch die Bahn stabil bleibt. Dieser Prozeß liefert auch eine Menge Wärme, w od urch Rochewelt auf einer höheren Temperatur gehalten wird, als es normalerweise der Fall w ä re, wenn nur das Licht und die Wärme von Barnard allein zur Heizung dienten.
Rochewelt
Rochewelt ist ein hantelförmiger Doppelplanet. Er besteht aus zwei Körpern von der Größe des Saturnmondes Titan, die sich mit einer Rotationsperi od e von sechs Stunden u m einander drehen. Die beiden Körper sind sich so nahe, daß sie sich fast berühren. Aber ihre Drehgeschwindigkeit reicht aus, um sie in einem Abstand von etwa achtzig Kilometern zu halten. Wären sie nicht durch die Schwerkraft des jewe i ligen Partners verformt, würden die beiden Planeten K u geln von ungefähr Erdmondgröße bilden. Aber wegen des wec h selseitigen Einflusses ihrer Gezeitenkräfte sind sie zu längl i chen, e i förmigen Figuren verzerrt, die 3560 km in der Länge und 3000 quer dazu messen. Obwohl die Körper sich nicht b e rühren, haben sie eine gemeinsame Atmosphäre. Das im Längsschnitt achtförmige Gebilde ist eine Hantelf i gur mit zwei Keulen, wie sie E. W. Roche, ein französischer M a thematiker des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts, b e rechnet hat, als er den Einfluß gravitativer Gezeitenkräfte auf Himmelskörper untersuchte. Nun bedeutet das Wort »roche « im Französischen »Fels «. Daher wurde die aus Stein bestehende Keule des Planetenpaars »Roche « (gespr o chen: rosch ) genannt, während die andere Keule nach dem französischen Wort für »Wasser « den Namen »Eau « (g e sprochen: o ) erhielt.
Die durchschnittliche Schwerkraft an der Oberfläche di e ser kleinen Himmelskörper beträgt ungefähr zehn Prozent der irdischen. Sie liegt damit etwas unter der des Erdmo n des, wegen der geringen Dichte. Aber dieser Mittelwert var i iert beträchtlich, je nach der Position auf der Oberfläche di e ser länglichen Keulen. An den äußeren Polen herrschen 3,3 Prozent der Erdenschwere, die in einem Gürtel, der die nör d lichen und südlichen Rotationspole jeder Keule umfaßt, auf 11,1 Prozent ansteigen. Ein Maximum von 11,4 Prozent wird etwa dreißig Grad weiter innen erreicht. Dann fällt die Schwerkraft rasch auf 0,5 Prozent an den Innenpolen, einige vierzig Kilometer unter dem Punkt der Schwerelosigkeit im Zenith, wo sich die Anziehungskräfte der beiden Keulen aufheben.
Die Roche-Keule ist etwas dichter als Eau und hat auch einen größeren Durchmesser. Auf ihrer Oberfläche gibt es eine Anzahl alter Krater, besonders in der nach außen g e wandten Hemisphäre. Obwohl die Eau-Keule Roche nur w e nig an Masse nachsteht, hat sie doch einen dichteren Kern. Da ihr höchster Punkt in der kombinierten Gravitat i onsmu l de einige zwanzig Kilometer tiefer liegt, bildet er das »Hochland «, während Roche das »Tiefland « darstellt. Eau bekommt den Löwenanteil des Regens, der aus der gemei n samen Atmosphäre fällt, und hat so fast die gesamte Flü s sigkeit des Doppelplaneten eingefange n u nd einen großen Ozean gebildet. Dieser besteht hauptsächlich aus Ammon i akwasser, mit Spuren von Schwefelwasserstoff und Cyangas darin.
Wenn Rochewelt sich in der größten Entfernung von i h rem Stern befindet, wirbeln ihre beiden Hantelkeulen in u n veränderter Form umeinander, wie in Abbildung 2 darg e stellt ist. Die Rochekeule ist trocken und felsig, mit Spuren inaktiver Vulkanschlote in Nähe des spitzen Pols. Die Ea u -Keule hat zwar auch ein zugespitztes Ende wie Roche; aber diese Spitze
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