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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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eigentlich lernen sollten. So gesehen war sie erleichtert, als Yvette ihren Bruder lauthals begrüßte.
    »Guten Tag, Paul! Na, wie gefallen dir unsere Ge schenke?«
    »Sehr hübsch«, antwortete er mit verkniffenen Lippen, als er zu Phantom aufschloss.
    »Johnny hat sie uns geschenkt.«
    »Das habe ich mir gedacht.« Kalt sah er John an.
    Charmaine hielt die Luft an. Schweigen war im Moment sicher das Klügste, aber John war solche Weitsicht nicht gegeben.
    »Was bringt unseren Paulie denn schon so zeitig nach Hause?«, fragte er.
    »Genau«, echote Yvette begeistert. »Was bringt Paulie denn so früh nach Hause?«
    Hör einfach nicht hin , dachte Paul und wandte sich ab. »Guten Morgen, Miss Ryan«, begrüßte er Charmaine.
    Sie war sichtlich erleichtert. »Guten Morgen.«
    John äffte ihn nach und verbeugte sich. »Guten Morgen, Miss Duvoisin.«
    Yvette schaltete schnell. »Guten Morgen.«
    John war zufrieden, als sich Pauls Blicke wieder auf ihn richteten. »Du hast noch nicht geantwortet, lieber Bruder. Fühlst du dich nicht wohl?«
    »Ich fühle mich bestens, John.«
    »Warum kommst du dann so zeitig nach Hause? Sicher warten eine Menge Projekte auf – wie hast du so schön gesagt? – auf erfahrene Hände.«
    »Die sind längst erledigt. Ich habe schon vor Tau und Tag das Haus verlassen …«
    »Aha. Das nenne ich eifrig.«
    »… um heute Nachmittag Geburtstag zu feiern.« Er sah zu Charmaine hinüber, und in seinem Blick lag so etwas wie ein Versprechen.
    »Wie schade.« John schnippte mit den Fingern und seufzte.
    »Und warum das?«
    »Ist das denn nicht offensichtlich? Du kommst ein paar Stunden zu spät. Aber du bist natürlich eingeladen. Nicht einmal ich bin so herzlos, dich von unserem Ausflug auszuschließen.« Paul und die Gouvernante zu beobachten war sicher aufschlussreich .
    »Bis später im Haus«, sagte Paul mit Blick auf Charmaine. Dann gab er seinem Hengst die Sporen und galoppierte davon.
    Bedauernd sah sie ihm nach. Die Vertrautheit mit ihm war ihr entglitten. Aber über vergossene Milch weinte man nicht.
    » I think someone’s in trouble «, sang John leise, doch Charmaine achtete nicht auf ihn.
    Sie verließen die unbefestigte Straße und ritten in südlicher Richtung über eine große Wiese mit hohem Gras und wilden Blumen. Yvette fragte, ob sie galoppieren dürfe, doch John schlug ihr die Bitte ab. Womöglich trat Spook in ein Loch und brach sich ein Bein.
    »Wie Charity?«, fragte die Kleine.
    »Möglich.«
    »Aber Charity hat sich doch nicht wirklich das Bein gebrochen«, bemerkte Jeannette. »Ich weiß noch, wie Mama geweint und gesagt hat, dass Dr. Blackford ihr Pferd grundlos ruiniert hätte.«
    »Das hast du mir nie erzählt, Jeannette. Ist das wahr, Johnny?«
    »Ja«, bestätigte er. »Genauso war es.«
    »Und warum? Warum hat Dr. Blackford das gemacht?«
    »Weil er ein schwachsinniger Wichtigtuer ist. Er nennt sich Arzt, kann aber nicht einmal einen Bruch richtig erkennen … Selbst wenn ich im Sterben läge, würde ich ihn nicht an mich heranlassen«, murmelte er.
    Charmaine war froh, dass die Mädchen die letzte Bemerkung nicht gehört hatten. Immerhin hatte John den Arzt kritisiert, der ihre Mutter behandelt hatte. Aber die Geschichte interessierte sie trotzdem. Anfangs hatte sie angenommen, dass die Stute gemeint sei, die gerade erst gefohlt hatte, aber inzwischen war klar, dass es um ein völlig anderes Tier ging.
    John erzählte ihr, dass Paul Chastity als Ersatz für Charity gekauft hätte. »Aber Colette hat ihr Pferd geliebt. Chastity hat Charity nie ersetzen können.«
    Als sie kurz darauf waldiges Gelände erreichten, bogen sie auf einen schmalen Pfad ein. John ritt mit Phantom an der Spitze, während Charmaine hinter den Mädchen blieb. Rundherum umschloss sie dichtes Laubwerk. Obwohl es angenehm kühl war, hätte Charmaine die pralle Hitze der Wiese vorgezogen. In der Enge musste sie höllisch aufpassen, damit ihr Pferd nicht über einen toten Ast stolperte. Außerdem behinderten niedrige Zweige ihr Fortkommen, kratzten über ihr Gesicht, verfingen sich in den Kleidern oder hakten sich in ihren Haaren fest. Und irgendwann vergaß sie ihre Stute, bis diese plötzlich stehen blieb. Charmaine drückte ihr die Knie in die Flanken, aber das Tier rührte sich nicht vom Fleck und knabberte unbeeindruckt an einem Strauch. Charmaine sah nach vorn, doch die anderen waren bereits um die nächste Biegung verschwunden.
    »Na los, dummes Pferd, du kannst doch nicht einfach

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