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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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heute tun Sie das nicht mehr?«
    »Nein. Nicht mehr, seit ich Ihnen eine Chance gegeben und Ihr Leben mit den Kindern beobachtet habe.«
    Sie war zu verblüfft, um etwas zu sagen.
    »Ihre Arbeit gefällt Ihnen, nicht wahr?«
    »Ja. Ich liebe die Kinder.«
    »Ist das wahr?«
    Obgleich er das nett und liebenswert sagte, war Charmaine irritiert. »Aber ja. Glauben Sie mir nicht?«
    »Doch, ich glaube Ihnen. Ich wollte es nur noch einmal von Ihnen hören. Vielleicht, um mich zu vergewissern.«
    »Sie wollen sich vergewissern? Das klingt seltsam, finden Sie nicht auch?«
    »Warum sollte das angesichts der Lebensumstände der Kinder seltsam sein? Mein Vater lebt wie ein Einsiedler, ihre Mutter ist tot, und ihre Stiefmutter hasst sie. Die Kinder brauchen unbedingt jemanden, der sie liebt.«
    Nachdenklich sah John zum Waldrand hinüber und schwieg. Nach diesen verstörenden Bemerkungen war Charmaine für die Stille dankbar. Mit Sicherheit wusste sie nur eines: Selbst in einer Million Jahren würde dieser Mann ihr noch immer ein Rätsel sein.
    John Duvoisin. Der Mann war wirklich ein Rätsel und meistens auch ein Dorn in ihrer Seite. Seit seiner Ankunft war das Leben im Haus und auf der Insel nicht mehr normal verlaufen. Zugegeben: Die großen Stürme, die das Haus während der ersten Woche erschüttert hatten, waren vorüber. Und doch beeinflusste seine Gegenwart jedermann.
    Seine Abreise schien mit jedem Tag unwahrscheinlicher zu werden, dachte Charmaine, aber genau kannte sie seine Pläne nicht. »Wann wollen Sie eigentlich wieder abreisen?«, fragte sie auch schon, bevor sie nachgedacht hatte.
    Mit scharfem Blick sah er sie an. »Ich wette, Sie können den Tag gar nicht mehr abwarten, was?«
    »So … so sollte das aber nicht klingen.«
    »Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen das nicht glaube.« Er lachte. »Ich wette, dass Sie jedes einzelne Wort genau so gemeint haben.«
    »Ich wollte nur wissen …«
    »Was denn? Wann auf Charmantes alles wieder so wird wie früher? Wann Sie und mein Bruder Ihre Liebesaffäre fortsetzen können?«
    »Wir haben keine Liebesaffäre!«
    »Ach nein? Habe ich mir die leidenschaftliche Szene bei meiner Ankunft etwa nur eingebildet? Die Frage ist nur, wie weit die Sache schon gediehen ist.«
    Charmaine war so verlegen, dass sie sich abwandte.
    »Ihre Reaktion lässt mich das Schlimmste befürchten. Doch meine wachsende Sympathie für Sie widerspricht dem.« Er tat, als ob er nachdenken müsse. »Weil ich heute großzügig bin, möchte ich Sie wenigstens vor meinem Bruder warnen.«
    »Geben Sie sich keine Mühe!«
    »Ich fürchte, das ist meine Pflicht.«
    »Ihre Pflicht?« Sie wollte es nicht glauben. »Seit wann sind Sie denn so edel? Oder wollen Sie sich selbst in den Vordergrund schieben, indem Sie Ihren Bruder verleumden?«
    »Ich bin der Erste, der mich als hoffnungslosen Fall bezeichnet, Miss Ryan.« Er lachte leise vor sich hin. »Aber lenken Sie nicht ab. Wir haben gerade von Paul gesprochen und …«
    »Und ich habe gesagt, dass es mich nicht interessiert.«
    »Interessiert trifft genau den Punkt. Es sollte Sie interessieren, dass Paul nur ein Interesse an Ihnen hat.«
    Mit offenem Mund starrte sie ihn an.
    »Seien Sie nicht beleidigt. Ich zähle nur die Tatsachen auf.«
    »Tatsachen? Was wissen Sie denn darüber?«
    »Eine ganze Menge. Und falls Sie hören möchten …«
    »Ich möchte gar nichts hören. Ich glaube Ihnen ohnehin kein Wort.«
    »Diese Tatsachen sind weder erfunden noch übertrieben«, fuhr er fort. »Aber vielleicht bevorzugen Sie verlässlichere Quellen. Vielleicht jemanden, der Ihnen den Beweis liefern kann. Sicher können die Hausmädchen Geschichten erzählen, die selbst mich noch überraschen. Paul hat nun einmal eine Vorliebe für junge Hausmädchen. Für ihn ist die höhere Stellung einer Gouvernante sicher eine ungewohnte Hürde und womöglich entmutigend.«
    »Was soll das heißen?«
    »Muss ich noch deutlicher werden, my charm ? Mein Bruder ist ein Don Juan mit einem unstillbaren Appetit für Frauen. Nicht, dass ich ihn deshalb moralisch verurteile. Was soll ein Mann denn tun, wenn sein Haus so gut bestückt ist? Bevor ich Charmantes verlassen habe, hat es sich ständig ein Mädchen, das eigentlich brav in seinem Bettchen schlafen sollte, einen Stock tiefer im Bett meines Bruders bequem gemacht. Ich bezweifle, dass sich das inzwischen geändert hat. Erst recht, falls er bei Ihnen nicht zum Zug kommt.«
    »Falls?«, stieß sie empört hervor, obwohl sie sich an

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