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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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verschwinden. »Was hast du in der Hand?« Mit durchdringendem Blick ging John auf das Mädchen zu, das ihn verlegen ansah.
    »Nur eine Spinne.« Sie hielt das arme Wesen an einem seiner Beine in die Höhe.
    »Wirf sie auf den Balkon!«
    Mit ärgerlichem Schulterzucken gehorchte Yvette.
    John sah sich um. »Wo ist Mademoiselle Ryan?«
    »Paul hat sie in die Bibliothek rufen lassen«, antwortete Jeannette.
    »Um sie ins Verlies zu werfen«, murmelte John.
    Jeannette starrte ihn an. »Hat er wirklich ein Verlies?«
    »Aber nein, Jeannie. Das musst du nicht wörtlich nehmen. Aber wenn Paul wütend ist, kommt jedes Verhör einer Folter gleich. Wir müssen Miss Ryan helfen.«
    »Aber wie?«
    »Wir müssen sie aus seinen Klauen retten. Wer von euch würde mir denn bei einem solchen Abenteuer helfen?«
    »Ich!« Yvette war sofort zu allem bereit. »Und wie viel bekomme ich dafür?«
    »Seit wann muss ich für deine Hilfe bezahlen?«
    »Also gut, dann mache ich es eben umsonst.«
    Charmaine war den Tränen nahe. Das Schlimmste kam sicher noch. Jede Sekunde konnte er Pierres Bemerkung erwähnen … »Ich kann nicht glauben, dass Sie mir das zutrauen!«
    »Wollen Sie das Schwimmen etwa abstreiten?«
    »John hat seine Schwestern mit ins Wasser genommen. Außerdem waren alle bekleidet.«
    Paul schnaubte verächtlich. »Und ich habe Sie immer für eine tugendhafte Person gehalten.«
    »Und nun nicht mehr?«
    »Ich glaube, dass Sie mich gründlich zum Narren gehalten haben! Viele Monate lang habe ich Ihre Wünsche respektiert, habe Sie wie eine Dame behandelt und mich aus Rücksicht auf Ihre Unschuld beherrscht! Ich war von Ihrer Tugend beeindruckt! Hätte ich mich etwa anders verhalten sollen? Hätten Sie den direkten Angriff bevorzugt? Hat mein Bruder Sie nur deshalb erobert, weil ich versagt habe?«
    »Wovon … wovon, um Himmels willen, reden Sie da?«
    »Wissen Sie das denn nicht? Verdammt, Charmaine, ich begehre Sie! Ich habe Sie vom ersten Augenblick an begehrt! Und ich hasse Sie, weil Sie diesen Tag lieber in Johns Armen verbracht haben!«
    »Aber ich habe doch gesagt, dass das nicht so war! Ich habe mich über Mrs. Duvoisins Unterstellungen geärgert und mich zu einer sarkastischen Bemerkung hinreißen lassen. Ich schwöre, dass zwischen John und mir nichts vorgefallen ist! Das müssen Sie mir glauben!«
    Es war einfach zu viel! Sie brach in Tränen aus.
    »Verdammt!«, fluchte er leise und zerknirscht. »Heulen Sie doch nicht. Ich kann nicht ertragen, wenn Sie weinen.« Er zog ein frisch gebügeltes Taschentuch hervor und drückte es ihr in die Hand. Aber selbst diese Geste konnte Charmaine nicht beruhigen.
    Sein Mitleid mit ihr wuchs. »Er hat es wieder getan, nicht wahr?«
    »Was denn?«, schluchzte sie.
    »Eine unschuldige Situation zu seinem Vorteil genutzt. Er wusste, dass seine Bemerkungen mich dazu bringen würden, das Schlimmste zu denken und Ihnen Vorwürfe zu machen. Ach, ich bin wahrscheinlich um kein Haar besser als er.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich habe mich bereits früher bei Ihnen entschuldigen müssen und tue es nun ein weiteres Mal, obgleich ich verstehen würde, wenn Sie mir nicht vergeben könnten.« Er umfasste ihre Schultern und sah ihr mit ernstem Blick ins Gesicht.
    Im selben Moment flog die Tür auf, und Yvette stürmte herein. »Mademoiselle Charmaine«, sagte sie kleinlaut.
    »Verdammt noch mal!«, fluchte Paul laut, ohne Yvettes Verzweiflung überhaupt wahrzunehmen.
    Charmaine überging den Zornausbruch. »Was ist denn los, Yvette?«
    »Na ja …« Das Mädchen nestelte an ihrem Kleid.
    »Na los!«, bellte Paul. »Heraus mit der Sprache!«
    »Pierre hatte einen Unfall!«
    »Einen Unfall?« Charmaine war schon halb aus dem Zimmer, bevor Yvette es näher erklärte.
    »In seiner Hose.«
    »Herr im Himmel!«, zischte Paul. »Ist dieser › Unfall ‹ so wichtig, dass du deshalb unsere Unterredung unterbrechen musst?«
    »Wenn du oben im Kinderzimmer wärst, würdest du nicht so reden«, entgegnete Yvette. »Es stinkt fürchterlich!«
    »Dann musst du den Gestank wohl oder übel ertragen, bis deine Gouvernante und ich das Gespräch beendet haben. Also, geh jetzt gefälligst zurück in dein Zimmer und rühre dich nicht vom Fleck!«
    »Aber alles ist schmutzig«, jammerte Yvette. »Jeannette wollte ihm eine frische Hose anziehen, aber Pierre hat nur gelacht und ist in dein … in dein Ankleidezimmer gerannt. Er hat sich eingeschlossen und will die Tür nicht aufmachen«, fügte

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