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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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nicht gelten lassen. »Baumwolle liegt in diesem Jahr bei fünfzig Prozent. Außerdem bieten Williamson, Brockton, Carroll und Farley nicht nur Aufträge aus Virginia, sondern auch aus anderen Regionen. Falls die Tabakernte durch Schädlinge oder einen Hurrikan ausfallen sollte, muss Paul auf andere Ernten zurückgreifen können. Außerdem würde er sich ja nicht auf Baumwolle beschränken, da andere Farmer auf der Liste auch Tabak produzieren und die karibischen Geschäftspartner vorwiegend Zuckerrohr anbauen.«
    Der Mann lächelte selbstgefällig, doch John wusste, dass er sich seine Argumente erst beim Reden ausgedacht hatte. »Sehr erfinderisch«, bemerkte er.
    Paul runzelte die Stirn. »Und weiter, John? Das ist doch noch nicht alles.«
    »Es gibt Gerüchte, dass es zum Krieg kommen könnte. Vielleicht nicht nächstes Jahr und vielleicht auch noch nicht in zehn Jahren. Aber willst du wirklich dein Geld und deine harte Arbeit allein auf Projekte in den südlichen Staaten beschränken?«
    »Sag jetzt nur nicht, dass du auch auf dieses Gerede hörst. Ich kann einfach nicht glauben, dass es zum Krieg kommt.«
    Spöttisch zuckte John die Schultern. »Ich bin überrascht, dass dir das so wenig Gedanken macht. Nun gut. In deinen Augen stammen all diese Gerüchte vom bösen John, aber ist es denn nicht vernünftig, alle diese Punkte zu bedenken, bevor man eine Entscheidung trifft? Die Sklavenarbeit wird sich nicht in alle Ewigkeit fortsetzen lassen. Die Schwarzen haben die Nase voll. Vielleicht lässt sich die Konfrontation noch eine Weile aufschieben, aber letztes Jahr ist es schon fast zum Krieg gekommen. Was wirst du tun, wenn deine Häfen blockiert werden? Als Sympathisant des Südens werden deine Waren weder in New York noch in Boston willkommen sein. Was also willst du dann transportieren und wohin?« Er zuckte die Schultern und seufzte. »Dies ist nur die Weisheit eines Mannes, der seit zehn Jahren auf dem Festland lebt und weiß, worüber man im Norden und im Süden redet.«
    Paul ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen und betrachtete seinen Bruder. Johns Ausführungen machten Sinn, aber konnte er ihm trauen? John hätte seinen Spaß, wenn das kostspielige Unternehmen seines Bruders scheiterte. »Wenn das stimmt, sieht es für dich doch genauso schlecht aus. Du baust auch Tabak an, und du verschiffst Waren aus dem Süden. Was unternimmst du dagegen, John?«
    »Aber, Paul, du hast dich doch erst vor Kurzem über alle meine Veränderungen und neuen Maßnahmen beschwert, die ich in den letzten Jahren durchgeführt habe. Über den Rest wollen wir aus Gründen der Fairness gar nicht reden.«
    »Worauf willst du hinaus, John?«
    »Bevor ich im August nach Charmantes kam, hatte ich zum Beispiel nicht die geringste Ahnung, was du auf Espoir planst. Es hat sogar ein regelrechtes Komplott gegeben, um die Sache vor mir geheim zu halten.« Er sah Stephen Westphal an, der sich zum zweiten Mal an diesem Abend unruhig auf seinem Stuhl wand. »Was ich weiß, habe ich Mr. Richecourt aus der Nase ziehen müssen. Ich verstehe nur nicht, warum. Da es dir offenbar sehr wichtig war, mich aus dem Spiel herauszuhalten, müsst ihr auch allein weiterspielen. Es war bereits großzügig von mir, dass ich dir diesen Rat gegeben habe.«
    Paul verdrehte die Augen, aber sonderlich beeindruckt war er nicht. »Du weißt sehr gut, warum ich nichts gesagt habe. Mit deiner scharfen Zunge hast du schon genug einflussreiche Menschen in Richmond verärgert. Und mit deinem rebellischen Benehmen erst recht. Du hast deine Sklaven freigelassen, und zwar ohne Vaters Zustimmung, als der übrige Süden noch um den Erhalt der Sklavenarbeit gekämpft hat. Und du willst mir Ratschläge über kluge Entsc heidungen erteilen? Ist es etwa klug, Arbeitskraft, die nichts kostet, einfach zu verschenken? Spar dir deinen Vortrag über Rechtlosigkeit und Erniedrigung. Man kann Sklaven auch anständig behandeln, ohne gleich ihren Status zu ändern. Sieh dir doch die Leute an, mit denen du dich zusammentust! Sie sind kaum in der Lage, sich auf der Erde, geschweige denn in zivilisierten Kreisen zu bewegen. Edgar Allan Poe. Weiß Gott! Und du fragst, warum ich dich nicht in meine Pläne einbeziehe?«
    John stellte sein Glas auf den Tisch und lächelte. »Nicht mehr.« Dann erhob er sich und ging zur Tür, wo er sich umdrehte. »Mach nur so weiter, Paul, und höre auf Mr. Westphal. Sicher weiß er mehr als ich. Ich sehe nach, ob das Dinner schon fertig ist.«
    Paul

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