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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Kongressanhörungen, die das Phoenix-Programm in Vietnam ans Licht gebracht haben …
    Wusstest du«, fuhr Douglas Jeffers fort, »dass in manchen Bundesstaaten die Gerichtsakten und Polizeiberichte öffentlich sind? Zum Beispiel war ich vor nicht allzu langer Zeit in Nord-Florida und hab die Akten zu dem Fall eines Gerald Stano gelesen. Interessanter Bursche. Intelligent. Freundlich. Extravertiert. Ganz und gar kein Eigenbrötler. Hatte eine feste Anstellung als Mechaniker, war angesehen, beliebt, sogarbei den Ermittlern von der Mordkommission. Er hatte nur
einen
kleinen Fehler …«
    Jeffers legte eine Kunstpause ein.
    »Wenn er mit einer Frau ein Date hatte, dann ließ er es nicht bei einem keuschen Handschlag oder einem Küsschen auf die Wange bewenden.«
    Jeffers lachte.
    »Nein, Mr. Stano brachte seine Damenbekanntschaften um.«
    Er warf Anne Hampton einen Blick zu und versuchte, den schmerzlichen Ausdruck in ihrem Gesicht zu taxieren.
    »Indem er sie zerstückelte …«
    Wieder eine Pause.
    »Könnten so um die vierzig gewesen sein.«
    Und noch einmal pausierte Jeffers, bevor er fortfuhr.
    »Man kann ihn nur für seine Konsequenz bewundern, wenn auch vielleicht für nichts sonst. Er behandelte alle gleich, das heißt, alle Frauen …«
    Anne Hampton schwieg beharrlich und wartete, dass Jeffers weitersprach. Sie sah, wie er tief Luft holte.
    »Du siehst also, was aus mir geworden ist.« Jeffers senkte die Stimme. »Ich wurde zum Experten.
    Und dann«, sagte er, nachdem er noch einmal Luft geholt hatte, »war ich so weit, ein Mörder zu werden. Nicht so ein Volltrottel, der wahllos eine Prostituierte umbringt und einfach nur Schwein gehabt hat, dass er davongekommen ist. Nein, ich wurde zu einer perfekt geölten, gut austarierten, mörderischen Präzisionsmaschine. Kein Auftragskiller, der sich von einem Gangster aus der Gosse oder einem kolumbianischen Drogendealer bezahlen lässt. Sondern freischaffend, ganz und gar mein eigener Herr.
    Und damit weißt du, was ich bin.«
    Mehrere Stunden lang fuhr er ohne ein weiteres Wort.
    Jeffers ließ es bei diesen Auskünften bewenden. Er dachte: Das muss sie erst mal verdauen.
    Außerdem würde das, was er als Nächstes plante, die Schraube noch einmal anziehen.
    Anne Hampton war dankbar für die Stille. Sie versuchte nach Kräften, an einfache Dinge zu denken – an den Geruch von Apfelkuchen im Ofen oder das wohlige Gefühl, wenn man in eine Seidenbluse schlüpft –, doch es funktionierte nicht.
    Als sie in Memphis den Fluss überquerten, war es tiefe Nacht. Sie sah, wie sich die Lichter im stillen schwarzen Wasser spiegelten, während Jeffers ihr erzählte, wie der Cuyahoga in Cleveland einmal gebrannt hatte. Der Giftmüll, den man einfach ins Wasser geworfen hatten, fing Feuer, erzählte er. Wie aber löscht man brennendes Wasser? Er beschrieb, wie er mitten in der Nacht die Feuerwehrleute vor den hochaufragenden Flam men fotografierte. Sie kamen an einem Schild vorbei, dessen heiterer Gruß zu den Geschehnissen in Widerspruch stand: SIE VERLASSEN MEMPHIS – KOMMEN SIE BALD WIEDER!
    Jeffers stimmte einen Bob-Dylan-Song an: »Ohhh, momma, can this really be the end? To be stuck inside of Mobile with the Memphis Blues again …«
    Er sah zur Seite und merkte, dass sie die Melodie nicht erkannte. Er zuckte die Achseln. »Meine Generation«, meinte er und lachte. »Erinnere mich nicht daran, wie alt ich bin.«
    Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    In Arkansas blieben sie auf der Interstate. Es war schon weit nach Mitternacht, als sie an einem Howard Johnson’s anhielten. Ihr erschien der scharfe Kontrast zwischen Orange und Aquamarin so spät in der Nacht zu schrill, sie hätte es angemessener gefunden, wenn man die Dekoration jeden Abendmit dem Aufziehen der Dunkelheit gegen ein gedämpfteres Farbschema hätte tauschen können.
    Am nächsten Tag waren sie wieder mit dem Morgengrauen auf der Straße, und als sie zum Frühstück anhielten, hatten sie bereits zwei Stunden Fahrt hinter sich. Jeffers langte ordentlich zu und zwang sie, ebenfalls reichlich zu essen: Eier, Pfannkuchen, Toast, Würstchen, mehrere Tassen Kaffee und Saft.
    »Warum so viel?«, fragte sie ihn.
    »Großer Tag«, antwortete er zwischen zwei Happen. »Und großer Abend. Baseballspiel in St. Louis. Fängt um acht an. Danach gibt’s ein paar Überraschungen. Iss auf.«
    Sie gehorchte.
    Nach der Mahlzeit fuhr er allerdings nicht gleich wieder auf die Interstate zurück, sondern hielt auf dem

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