Der Fotograf
Parkplatz einer großen Shopping Mall. Anne Hampton sah ihn an.
»Wieso machen wir halt?«
Mit einer blitzschnellen Bewegung beugte er sich zu ihr herüber und packte ihr Gesicht, indem er Zeigefinger und Daumen in ihre Wangen bohrte.
»Bleib einfach dicht bei mir, sag nichts und lerne dazu.«
Sie nickte, und er ließ sie los.
»Beobachte, höre zu und versuch zu begreifen«, schärfte er ihr noch einmal ein.
Er lief zügig durch die immer dichter werdende Menschenmenge, die in das Einkaufszentrum strömte, und sie musste sich beeilen, um Schritt zu halten. Die Läden flogen an ihr vorüber, und sie sah sich im Spiegel einer Boutique. Ringsum stürmte Stimmengewirr auf sie ein – schreiende Kinder, die mit einem Schlachtruf von ihren Eltern davonliefen, und Eltern, die Jennifer, Joseph oder Joshua ermahnten, augenblicklich mit dem Blödsinn aufzuhören. Was sie nie taten. Sie hörtePaare, die sich über Einkäufe unterhielten, und Teenager, die über Jungen, Mädchen und Musiktitel sprachen. Die Fetzen von normalem Leben, die sie aufschnappte, schienen seltsam fremd, als gehörten sie in eine andere Zeit. Sie beschleunigte ihre Schritte an Douglas Jeffers’ Seite. Er schien die Menge nicht wahrzunehmen, sondern zielstrebig geradeaus zu laufen.
Schließlich betrat er mit ihr ein Sportgeschäft, wo er ein Paar rote St.-Louis-Cardinals-Baseballmützen herauspickte. Er zeigte auf ein schnauzenhaftes, hutartiges Gebilde und lachte spöttisch. »Diese Schweinskappen tragen sie bei den Spielen der University of Arkansas. Wildschweine. Da kann ich nur sagen, seht zu, dass ihr gewinnt, wenn eure Fans die Dinger für euch tragen.«
Er bezahlte die beiden Kappen bar und kehrte in die Mall zurück. »Noch eine Station«, sagte er.
In dem großen Sears-Kaufhaus steuerte er die Abteilung für Büroartikel an. An der Theke kaufte er einen kleinen Stapel Schreibmaschinenpapier und ein Päckchen Briefumschläge. Damit ging er zu einer Reihe Vorführ-Schreibmaschinen. Er drehte sich zu ihr um und sagte: »Sieh genau hin. Bleib dicht an mir dran.«
Mit einer schnellen Bewegung zog er ein Paar OP-Handschuhe aus der Tasche. Er schlüpfte hinein und öffnete den Pappkarton des Schreibmaschinenpapiers. Ohne zu zögern, reichte er Anne Hampton die Verpackung und legte ein Blatt in eine der Vorführmaschinen ein.
Er zögerte einen Moment und vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war oder auf sie achtete. Dann beugte er sich vor und tippte:
Ihr seit ja so dämlig, pakt ein, gute Nacht,
hab nämmich grad nochn Schwuln alle gemacht.
Hertsliche Grüse,
ir wist schon wer
Er zog das Blatt aus der Maschine, faltete es dreimal und steckte es in einen Umschlag. Immer noch mit Handschuhen schob er das Kuvert in die Tasche. Dann zog er die Handschuhe aus, sah sich um, prüfte noch einmal, dass niemand sie beachtet hatte, und begab sich zügig Richtung Ausgang.
Ihr gingen tausend Gedanken durch den Kopf, während sie keuchend Schritt zu halten versuchte.
Als sie wieder im Wagen saßen, sagte er nichts, sondern forderte sie nur stumm auf, sich anzuschnallen. Sie gehorchte und schwieg.
Er fuhr den ganzen Tag und bis in den Abend hinein, indem er sich stur ans Tempolimit oder die Durchschnittsgeschwindigkeit hielt, so dass sie von ebenso vielen Autos überholt wurden, wie sie selbst hinter sich ließen. Sie fragte sich, wieso Jeffers immer genau zu wissen schien, wohin sie fuhren und wie lange sie brauchen würden. Er schätzte: »Bis zum Ende des zweiten Innings müssten wir es schaffen«, doch sie mussten ein wenig weiter vom Stadion entfernt parken als geplant, so dass sie erst mitten im dritten Inning am Eingangstor standen. Sie trugen beide die roten Mützen, die er am Vormittag gekauft hatte. Am Drehkreuz zog Jeffers mit einer schwungvollen Handbewegung zwei Eintrittskarten aus der Brieftasche.
Sie zuckte zusammen angesichts der Geste, vor allem aber wegen der Erkenntnis, dass er die Karten lange im Voraus gekauft haben musste.
»Sicher ’n gutes Spiel«, meinte er zum Kontrolleur.
»Kann man wohl sagen, nur dass sie zwei Punkte zurückliegen und offenbar keiner weiß, wie sie das noch packen sollen.« Der Mann war alt; ihm wuchsen weiße Haare an den Ohrläppchen, und er trug ein Hörgerät. Anne Hampton sah, dass er sich in das andere Ohr den Kopfhörer eines billigen Transistorradios eingestöpselt hatte. Er achtete nicht weiter auf sie und griff nach den Tickets der nächsten Spätankömmlinge.
Sie huschten
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